„Ich weiß von Anstrengungen vieler Bürger, die alles in Bewegung setzen, um Dmitry Romanetzkiy und seiner Familie zu helfen.“ So äußert sich Burkardroths Bürgermeister Waldemar Bug auf Anfrage der Main–Post zur Situation um den russischen Dirigenten des Folklorechors Nüdlingen-Bad Kissingen. Dem 50-Jährigen, der im Burkardrother Ortsteil Waldfenster wohnt, droht am 16. März die Ausweisung in sein Geburtsland.
Romanetzkiy, Sänger und Musiker aus Moskau, kam 2010 nach Deutschland, weil er hier arbeiten wollte. Bad Kissingen kannte er bereits persönlich von Auslandsauftritten. Ermöglicht wurde die Einreise durch ein Visum des Europäischen Zentrums (EZ) in Bad Kissingen, eines Vereins für Sprachen und Integrationskurse. Das EZ hatte Romanetzkiy eine auf fünf Jahre befristete Arbeit in Aussicht gestellt.
Doch Romanetzkiy wurde der Arbeitsvertrag lange vor Ablauf der Frist von der EZ wieder gekündigt. Darüber entbrannte ein Streit vor dem Arbeitsgericht, in dem Romanetzkiy und seine Frau aber unterlagen. Nun ist guter Rat teuer. Die Familie schaut in eine ungewisse Zukunft.
Denn: „Laut Gesetz darf Herr Romanetzkiy nur weiter in Deutschland bleiben, wenn er sich seinen Lebensunterhalt als Künstler verdient“, so Pressesprecher Stefan Seufert vom Landratsamt auf Anfrage der Main-Post. Dies schreibe die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) in München, die Künstlervermittlungen aus dem Ausland verwaltet, vor.
Und diese Vorgabe sei für die Ausländerbehörde des Kissinger Landratsamtes bindend, bekräftigt Seufert. Für Romanetzkiy geht es nach Seuferts Worten jetzt darum, möglichst schnell eine Anstellung in einer musikalischen Einrichtung zu finden, von der er sich und seine Familie ernähren kann.
Visum nur für Künstler
Doch das ist leichter gesagt als getan. „Ich weiß derzeit nicht, wie es weitergeht“, sagt Dmitry Romanetzkiy im Gespräch mit der Main-Post. „Die Situation ist schwierig, weil mein Visum nur für eine Arbeit als Künstler gilt.“ Vom EZ ist nichts mehr zu erwarten, die Einrichtung ist seit Jahresbeginn geschlossen. Um die Rückzahlung seiner ans EZ überwiesenen finanziellen Grundsicherung in Höhe von 10 000 Euro kämpft Romanetzkiy jetzt vor dem Zivilgericht. „Aber ich fürchte, das Geld verlieren wir.“
Der 50-Jährige hat sich mit seiner Frau und zwei Kindern sehr gut in Waldfenster integriert. „Die Gemeinde ist für uns wie eine große Familie geworden.“ Dankbar zeigt sich der studierte Chorleiter für viele praktische Hilfen wie Kinderkleidung und Lebensmittel, die Waldfensterer Mitbürger seiner Familie zukommen lassen.
Hoffnung setzt er außerdem auf eine Unterschriftenliste solidarischer Mitmenschen, die an das Landratsamt geschickt wurde. „Von dort müsste jetzt eine Initiative kommen“, sagt der 50-Jährige mit Nachdruck. Pressesprecher Seufert versichert gegenüber der Main-Post: „Niemand hier will die Ausweisung von Herrn Romanetzkiy.“ Man werde alle Möglichkeiten austarieren, die Familie sei auch entsprechend beraten worden, sagt Seufert.
Georg Schmitt, Vorsitzender des von Romanetzkiy seit vergangenen September geleiteten Folklorechores, hofft auf ein gutes Ende der Situation. „Anfangs konnte er nur ein paar Brocken Deutsch“, erinnert sich Schmitt. „Doch er hat mittlerweile sehr große Fortschritte gemacht.“ Man sei hochzufrieden mit der Arbeit des erfahrenen Moskauers und bemüht, ihn bei der Suche nach Arbeit zu unterstützen. „Aber der Zeitfaktor drängt“, weiß Schmitt.