Michael Roesnick, Vorsitzender der Geschäftsführung von Preh, hatte es am Freitag eilig. Nur Stunden, nachdem er von Verhandlungen aus China zurück war, verkündete er Mitarbeitern und der Öffentlichkeit: Die Joyson Investment Holding aus Ningbo in China wird neuer Mehrheitsgesellschafter bei Preh. Joyson, ein privater Anbieter von Automobilelektronik, hält künftig 74,9 Prozent der Anteile; die bisherigen Mehrheitsgesellschafter, die Deutsche Beteiligungs AG (DBAG), und das Management bleiben mit 25,1 Prozent beteiligt.
Wie Roesnick erläuterte, sieht er den privaten chinesischen Auto-Zulieferer als idealen Partner. Es entstehe ein Technologieunternehmen mit über 500 Millionen Euro Umsatz, das als Automotive-Spezialist über beste Marktzugänge in Europa, den USA und China verfügt: „Wir sind nicht überall auf dem globalen Markt vertreten, aber an den wichtigsten Orten.“
Kontinuität für Kunden und Mitarbeiter sei auch dadurch gewährleistet, dass die Preh-Geschäftsführung mit Roesnick, Ernst-Rudolf Bauer und Christoph Hummel alle Aktivitäten von Joyson und Preh in der Automobilelektronik von Bad Neustadt aus führen und ausbauen werde.
Es gelte, was schon beim Einstieg der Deutschen Beteiligungs AG gesagt worden sei. „Preh bleibt Preh!“, hob Roesnick hervor. Das Unternehmen lebe von seiner Innovationskraft und der Identifikation der Mitarbeiter: „Wir wollen gemeinsam mit Joyson für den langfristigen Unternehmenserfolg ein Höchstmaß an Kontinuität und Eigenständigkeit sicherstellen.“
So bleibe die Eigenständigkeit von Preh bestehen, Bad Neustadt werde weiter als Innovationsstandort ausgebaut. Auch der Name Preh bleibe erhalten. Die Standortsicherungsvereinbarung für Bad Neustadt gelte unverändert. Die Zahl der Mitarbeiter solle 2011 um mehr als 200 auf 2655 steigen, in Bad Neustadt von 1167 auf 1219. Für Ernst-Rudolf Bauer ist das ein klares Bekenntnis zur Region. Davon, dass sich Mitarbeiter um ihre berufliche Existenz sorgen, geht Bauer nicht aus. Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass die Arbeit durch neue Standorte nicht weniger werde.
Die DBAG-Gruppe hatte Preh 2003 gemeinsam mit dem Preh-Management in einem Management-Buy-out erworben. In den siebeneinhalb Jahren entwickelte sich Preh, so Roesnick, zu einem reinen Automobilzulieferer mit internationaler Ausrichtung durch Investitionen in Nordamerika und Osteuropa. 2003 lag der Preh-Automotive-Umsatz bei 169 Millionen Euro – bis zum Jahr 2010 verdoppelte er sich trotz der zwischenzeitlichen Branchenkrise auf mehr als 343 Millionen Euro. Im ersten Quartal 2011 sei bereits wieder ein Wachstum von mehr 30 Prozent zu verzeichnen.
Für Roesnick wird China „immer mehr zum entscheidenden Motor für die globale Automobilbranche“. Die Verbindung mit einem chinesischen Unternehmen sieht er daher als konsequenten und notwendigen Schritt, um das Unternehmen global aufzustellen. Die Mehrheitsbeteiligung folgt auf ein Joint-Venture, das Joyson und Preh 2010 für den chinesischen Markt gestartet hatten. Nun wollen beide Unternehmen die Marktpotenziale in Europa, Nordamerika und Asien konsequenter nutzen.
Die Eigenkapitalquote von Preh steige damit auf mehr als 40 Prozent, so Roesnick. Dies erlaube es, Wachstumsmöglichkeiten in wichtigen Absatzmärkten wahrzunehmen. Über die Modalitäten der Transaktion sei Stillschweigen vereinbart worden.
Neuer Preh-Gesellschafter
Joyson Automotive ist Teil der Joyson Unternehmensgruppe mit Sitz in Ningbo, 250 Kilometer südlich von Shanghai. Die Gruppe erwirtschaftete 2010 mit 1800 Mitarbeitern einen Umsatz von 198 Millionen Euro. Joysons Automotive-Sparte hat vier Standorte: Joyson Automotive Ningbo, Changchun Joyson, Bosen Corporation Ningbo und Huade Plastics Shanghai; 2010 erreichte sie einen Umsatz von 125 Millionen Euro. Hauptprodukte sind Belüftungssysteme, Scheibenwischanlagen und DVD–Systeme. Inhaber ist Jeff Wang. Preh ist eine weltweit tätige Unternehmensgruppe mit mehr als 2500 Mitarbeitern in Deutschland, Portugal, Frankreich, Mexiko, USA, China und Rumänien. Stammsitz ist Bad Neustadt. Das Unternehmen wurde 1919 gegründet und erwirtschaftete 2010 einen Umsatz von 351 Millionen Euro. Die Entwicklungs- und Fertigungskompetenzen von Preh konzentrieren sich auf Klima- und Fahrerbediensysteme, Sensoren, Steuergeräte und Montageanlagen für renommierte Automobilhersteller.