"Charleys Tante" - wer kennt nicht den Klassiker unter den Verkleidungskomödien und erinnert sich dabei an Heinz Rühmann oder Peter Alexander . Die Theatergruppe Katzenbach hat aus dem über 100 Jahre alten Travestie-Stück des Briten Brandon Thomas eine moderne Slapstick-Komödie inszeniert, in der die Akteurinnen und Akteure auf unterhaltsame Art das klassische Lügen-Konstrukt mit Influencerinnen und Influencern, veganem Essen, Datenschutz-Fetisch oder queere Transgenderinnen und Transgendern aufgepeppt haben.
Nach zweijähriger Corona-Pause wurde des Katzenbacher Vereinsheim wieder einmal zum Theater umfunktioniert, denn die Theatergruppe startete in ihre "40+1-ste Saison". Auf "Charleys Tante" fiel die Wahl und in dem, von Winnie Abel überarbeiteten, Stück wurde die humorvolle Verwechslungskomödie in die World-Wide-Web-Zeit übertragen. Auch wenn die Rahmenbedingungen den 2022er Jahren angepasst wurden, so wird das Stück immer noch getragen von den klassischen Rollenbildern, deren Verirrungen und Verwirrungen zuverlässig die Lachmuskeln der Besucher aktivieren.
Acht Schauspieler proben zwei Monate
Zwei Monate probten die acht Lokal-Schauspieler und folgten dabei den Anweisungen von Ewald Metz, der die dramaturgischen Fäden in der Hand hielt und den Ablauf auf der kleinen Bühne im Blick hatte. Verantwortlich für das Bühnenbild, das den Wohnraum einer "Männer-WG" als das Epi-Zentrum aller unterhaltsamen Entwicklungen darstellt, waren Peter Wehner, Norbert Halbig und Robert Kirchner. Dem Klischee einer Männer-WG wurde man gerecht mit kleinen Accessoires wie frivolem Pinup-Foto an der Wand oder leeren Pizzakartons unter dem Tisch.
Witzige Dialoge und amüsante Szenen
In diese Rahmenbedingungen hinein wurden mit Jack ( Peter Hartmann ) und Charley (Florian Baier) zwei Scheidungsopfer gestellt, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Jack als schludriger, ungepflegter Computer-Nerd, dem Tageslicht und Bewegung fremd sind, aber die holde Weiblichkeit nahe ist, und Charley als stocksteifer, pedantischer Sauberkeitsfanatiker, der sein Leben nach dem Zollstock ausrichtet. Allein schon aus dieser Konstellation ergeben sich witzige Dialoge und amüsante Szenen, die dank der trinkfreudigen Nelly (Evi Kaiser) und ihrer Gender-fixierten Schwester Tabea (Kathrin Kirchner) um einige Nuancen erweitert, aber auch durch Amors Pfeile verursachte Verwicklungen unterhaltsam ausgebaut werden.
Blockwart, "Wut-Tanz" und Follower
Auch hier zeigt sich die Unterschiedlichkeit des Männer-Duos: Während Jack auf den schnellen Erfolg bei Nelly setzt, wird Tabea für Charley zur Herzensangelegenheit. Gewürzt wird die Humoreske durch Blockwart Erik Pfeifer (Norbert Halbig), der nicht nur als unnachsichtiger Hausmeister für ordentliche Mülltrennung steht, sondern auch ein Auge auf Charleys "unechter" Tante - alias Jack in Frauenkleidern - geworfen hat. Humorvolle Dynamik bekommt das Stück auch durch Jacks Ex-Frau Maike, die mit "Wut-Tanz" ihre Aggressionen abbaut, und seine Tochter Maja (Leonie Kaiser in ihrer Premiere), die mittels Smartphone ihre Follower über das chaotische Familiengeschehen auf dem Laufenden hält. Charleys echte Tante Liz (Angela Geis) vervollständigt das achtköpfige Ensemble und verkörpert als NewYorker Stilikone in der muffigen Männer-WG die weite Welt.
Ansonsten enthält das Drehbuch von Winnie Abel die treffsicheren Bestandteile einer Komödie: liebevoll überzeichnete Charaktere mit hohem Wiedererkennungswert, Pointen sichere Dialoge mit hohem Lachfaktor, Slapstickeinlagen mit lässigem Hüftwackeln und amourösen Anspielungen. Dramaturgisch gekonnt wurde der bekannte Spannungsbogen umgesetzt, der sich über die drei Akte entwickelte - vom Kennenlernen der handelnden Personen, über den Aufbau der Verstrickungen bis hin zur Auflösung nach dem Motto: Lügen haben kurze Beine, aber am Ende ist alles gut und jeder bekommt das, was er erhofft bzw. verdient.
Drei weitere Vorstellungen
Den acht Akteuren der Theatergruppe Katzenbach gelang es vorzüglich, die bekannten und erwartbaren Verwirrungen in ein kurzweiliges und unterhaltsames Theaterstück umzusetzen, dessen komödiantischer Dreh- und Angelpunkt Peter Hartmann als Jack alias Charleys Tante ist. Dafür ernteten sie nicht nur das Gelächter der 120 Besucher an den passenden Stellen, sondern auch den verdienten Applaus. Wer sich vom schauspielerischen Lokalkolorit der Aufführung "Charleys Tante reloaded" überzeugen möchte, hat dazu am 19. November im Katzenbacher Vereinsheim und am 25./26. November in Bad Bocklet die Gelegenheit.