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Bad Kissingen
Chaos im Wald für die Seele: Streit zwischen Stadt und Stiftung geht in nächste Runde
Die Stadt Bad Kissingen fällt im Wald der Seele 48 Bäume. Notwendige Maßnahme oder private Fehde mit Joachim Galuska? Der will gegen die Aktion vorgehen.
Baumfällarbeiten im Wald für die Seele sorgen für Streit zwischen der Stadt Bad Kissingen und der Stiftung für Bewusstseinswissenschaften. Foto: Teresa Hirschberg       -  Baumfällarbeiten im Wald für die Seele sorgen für Streit zwischen der Stadt Bad Kissingen und der Stiftung für Bewusstseinswissenschaften. Foto: Teresa Hirschberg
| Baumfällarbeiten im Wald für die Seele sorgen für Streit zwischen der Stadt Bad Kissingen und der Stiftung für Bewusstseinswissenschaften. Foto: Teresa Hirschberg
Teresa Hirschberg
 |  aktualisiert: 18.08.2022 20:00 Uhr
"Mein Herz blutet." Dr. Joachim Galuska ist außer sich. Denn im Wald für die Seele herrscht Chaos. Das Projekt der Stiftung Bewusstseinswissenschaften , das erst im April eingeweiht wurde, sei Opfer eines "brutalen Eingriffes" und "Kahlschlages" von Seiten der Stadt geworden. Dabei wurde der Wald für die Seele geschaffen, um Menschen einen Ort der Erholung zu bieten.

48 gefällte Bäume , aufgetürmte abgeschlagene Äste und tiefe Furchen in den Pfaden sind das Ergebnis. Die Stadt sagt: Eine routinemäßige Verkehrssicherheitsmaßnahme, die regelmäßig anstehe und zudem in einem Vertrag mit der Stiftung festgelegt sei. "Je mehr Menschen dort unterwegs sind, desto größer ist das Gefahrenpotenzial", sagt Thomas Hack , Pressesprecher der Stadt. "Der Sicherheitsaspekt ist etwas, was Besucher von einer solchen Einrichtung erwarten können und auch im Interesse der Stiftung ist."

Also kein Grund zum Drama? Die Stiftung Bewusstseinswissenschaften , deren Gründer Joachim Galuska ist, beschuldigt die Stadt jedoch, absichtlich falsche Angaben zum Termin der Abholzung weitergeleitet zu haben. Zudem seien etliche Bäume gefällt worden, die weder morsch noch von Borkenkäfern befallen gewesen seien. "Es kann doch gar nicht sein, dass dieser Bereich so massiv gefährdet war", bemängelt Galuska.


Hat Stadt zu spät informiert?

Eigentümer des Areals ist die Stadt, die Stiftung Pächter und Nutzer des Waldes. Ende Mai hatte die städtische Liegenschaftsverwaltung in einer Mail an die Stiftung mitgeteilt, dass entsprechende Verkehrssicherheitsmaßnahmen anstehen würden. Der dafür in der Mail genannte Termin lag zu diesem Zeitpunkt aber bereits in der Vergangenheit. Am 7. Juni habe Joachim Galuska eine Richtigstellung des Termins sowie eine Plausibilisierung der Arbeiten verlangt, darauf aber keine Antwort von der Stadt erhalten.

Am 20. Juni seien sie von Kollegen über die Abholzung informiert worden, erzählt Stiftungsmitarbeiter Toni Hauck. Doch da war es bereits zu spät: Die Arbeiten wurden schon in der Woche zuvor, vom 11. bis 13. Juni, abgeschlossen. Laut Galuska, ohne die Stiftung zuvor darüber in Kenntnis zu setzen: "So hatten wir keine Möglichkeit mehr, dagegen vorzugehen."

Vergangene Woche traf sich Toni Hauck mit Stadtförster Axel Maunz im Wald für die Seele : "Bei diesem Besuch war ich schon erschüttert. Das ganze Ausmaß ist mir aber erst später bewusst geworden", klagt Hauck. Besonders die Installationen Lebenslauf und Heiliger Hain seien in Mitleidenschaft gezogen worden, ein morscher Baum an der Waldbühne stehe dagegen immer noch.


Erhebliche Schäden an den Wegen

"Es wäre doch das normalste der Welt gewesen, sich mit uns abzusprechen und die Belange des Nutzers zu berücksichtigen", sagt er. "Es hätte wahrscheinlich trotzdem Streit gegeben, aber wir hätten wenigstens einen Kompromiss aushandeln können." Die Wege seien zwar nicht durchgängig, aber teilweise erheblich beschädigt: "Jetzt ist es erst recht ein Verkehrssicherheitsthema."

Von einem "ganz perfiden Plan" der Stadt spricht Joachim Galuska . "Wir können ja nicht überprüfen, ob es vielleicht mehr als 48 Bäume waren. Es liegen so viele im Gelände herum - für den Laien sieht es nach 100 Bäumen aus." Sein Vorwurf: Die Stadt habe aus Ärger über einen Antrag der Stiftung auf Befriedung des Waldstückes und die Berichterstattung darüber so gehandelt. "Das wäre ja doppelt schlimm, auf die Weise auch noch die Meinungsfreiheit zu sanktionieren", echauffiert sich Galuska. Der Streit um zwei Jagdhochsitze innerhalb des Gebietes beschäftigt Stadt und Stiftung schon seit Monaten. Außerdem wirft Galuska der Stadt vor, die Verkehrssicherheitsmaßnahme nur als Vorwand genutzt zu haben, um Wertholz aus dem Wald der Seele zu gewinnen. Mitarbeiter der Stiftung hätten entsprechende Markierungen auf den gefällten Stämmen entdeckt.

Kann ein Teil der gefällten Bäume wiederverwendet werden? Soll ein einzelner Baum als Mahnmal bleiben? Und macht es überhaupt noch Sinn, sich im Arbeitskreis zu engagieren? Das seien Fragen, mit denen sich die Stiftung nun auseinandersetze. "Aber tote Bäume sind nun einmal tote Bäume ", sagt Galuska lakonisch. Dass das Thema auch die Kissinger Bürger bewegt, zeigen Anrufe und Briefe, die die Stiftung, aber auch unsere Zeitung erreicht haben. "Die spinnen doch, die Kissinger! Der Wald sieht aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen", empört sich ein Anrufer. Regelrechte Verschwörungstheorien entstehen bereits. Ob die Abholzung mit dem Scheitern des Nationalparks zu tun habe, fragte eine Bürgerin bei der Stiftung nach.


Protestschreiben an Stadt

Doch wie soll es nun weitergehen? "Die restlichen gefällten Bäume werden bei geeigneter Gelegenheit herausgenommen", erklärt Thomas Hack . Aufgrund der großen Baumkronen sei dies momentan aber zu gefährlich für die umstehenden Bäume . Alles weitere sei ein "natürlicher Prozess im Wald".

Am Donnerstag hat die Stiftung ein Schreiben an die Stadt geschickt, um gegen die "brutalen Eingriffe" zu protestieren und eine Frist bis zum 6. Juli gesetzt, um die noch im Gelände liegenden Bäume zu beseitigen. Ansonsten werde die Stiftung eine offizielle Schadenersatzforderung stellen. Da es sich außerdem um eine verkehrssichernde Maßnahme handeln soll, stehe der Stiftung der Holzeinschlag zu. Die Stadt wolle sich zu diesem laufenden Verfahren nicht äußern, lässt Thomas Hack ausrichten. Für das kommende Wochenende plant Joachim Galuska eine Demo im Wald für die Seele : "Wir werden nicht aufgeben. Wir werden uns den Wald nicht zerstören lassen."
 
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