
Wie seltsam das Leben sich doch fügt: Hätte Angelo Valenzano das Bellevue im Staatsbad Brückenau nicht für ein kleines Schloss gehalten, er hätte es sich Anfang 2014 vielleicht gar nicht angeschaut. Nun betreibt der 62-jährige sein "Ristorante Castello Belvedere" genau zehn Jahre. Und bringt eine gastronomische Qualität und Beständigkeit ins historische Gebäude, die es dort in den Jahren zuvor nicht gab.
Als sich Valenzano am 14. Dezember 2014 erstmals der Öffentlichkeit präsentierte, war die Neugierde groß: 140 Gäste drängten sich um die zehn Stehtische im Bellevue; der zweite große Gastraum rechts neben dem Haupteingang war noch gar nicht fertig.
Vorher Restaurant und Hotel betrieben
Zuvor hatte der aus Bari stammende Italiener, der mit vier Jahren nach Deutschland kam, gemeinsam mit seinem Bruder in Augsburg 25 Jahre erfolgreich ein Restaurant betrieben. Danach leitete er ein Hotel in Passau. "Aber ich bin kein Hotelier, sondern Gastronom mit Leib und Seele. Ich wollte immer ein Restaurant haben."
Also schaute sich Valenzano um und fand im Internet Fotos vom Bellevue. Das habe "von außen wie ein Prachthaus" ausgesehen.
Name ans "Schlösschen" Bellevue angelehnt
Der Geschäftsmann schrieb eine Email an die Kurverwaltung; im April 2014 trafen er und sein Anwalt sich mit der Kurdirektion. Man verhandelte auf der Terrasse des Badhotels. "Ich habe mich sofort in das Haus verliebt", sagt der 62-Jährige heute übers Bellevue, obwohl drinnen nur ein roter Teppich gelegen und der Leuchter im Eingangsbereich gehangen hätten. "Der Name seines Ristorante "Castello Belvedere" (übersetzt: Schloss schöner Ausblick) ist ein Anklang an den Namen des Gebäudes, aber auch an seine Vorstellung von einem Schlösschen.
Gastronom und Kurverwaltung wurden sich schnell einig. Das Bellevue hatte zuvor eine grundlegende Sanierung erfahren; gesucht war ein Pächter, der auch selbst investiert, sich eine qualitativ hochwertige und gepflegte Einrichtung schafft, so der Stellvertretende Kurdirektor Titus Tesar. All dies schien Valenzano auf sich zu vereinen. In den Jahren zuvor hatten mehrere Pächterwechsel wenig Beständigkeit geboten. Das sollte Vergangenheit sein.
Nach mauem Start immer bekannter und beliebter
Doch wie das häufig so ist: Als die Neugier der Öffentlichkeit gestillt war, strömten nach der offiziellen Eröffnung im Januar 2015 die Besucher nicht gerade. Valenzano und sein Team mussten sich durchbeißen; die Zahl der Gäste stieg in den ersten Monaten nur langsam an. Doch das Castello Belvedere wurde bekannter und beliebter, auch über Stadt und Staatsbad Brückenau hinaus. "Viele Leute haben mir nur drei Monate gegeben. Jetzt bin ich schon zehn Jahre da und habe mir einen guten Namen gemacht."
Heute kann Angelo Valenzano auf Kundschaft bauen, die aus dem gesamtem Sinntal, dem Landkreis Bad Kissingen, aber auch dem Osthessischen anreist. Das benachbarte Dorint-Hotels spült ebenfalls Besucher ins Restaurant; Firmen aus der Umgebung buchen sein Lokal für Feiern.
Viel investiert, um attraktiv zu bleiben
Vom Selbstverständnis her sieht Valenzano sein Castello als "gehobenes italienisches Restaurant, das aber auch Pizza und Salate anbietet". Beliebteste Gerichte seien Tagliatelle mit Lachs oder auch Tagliolini-Bandnudeln mit Trüffeln. Bei den Pizzen gehen die mit Parma-Schinken und Lachs (Salmone) am besten.
Der Italiener war sich immer bewusst, dass er etwas tun muss, um sein Lokal attraktiv zu halten. 2018/19 richtete er im Kellergeschoss des Bellevue die Bar "Al Capone" ein. Auch investierte er in eine Pergola für den Außenbereich zum Kurpark hin. Erst dieses Jahr eröffnete er in einem Park-Pavillon seine "Caffetteria La Dolce Vita". Rund 700.000 habe er in den Standort investiert, schätzt der Gastronom.
Versuch in Stadt Bad Brückenau scheitert
Natürlich gab es Rückschläge. 2016 versuchte Valenzano, sich mit seiner "Osteria Pertutti" am Marktplatz in Bad Brückenau zu etablieren. Er investierte viel Geld in die Einrichtung. Anfangs lief es gut, bis zum verregneten Stadtfest Ende Juni. Gewisse Erlebnisse dort sorgten für Verärgerung beim Italiener - und für den festen Entschluss, sich nicht mehr in der Stadt zu engagieren.
Mehr will Valenzano nicht mehr über die Ereignisse vor acht Jahren sagen. Die Dinge seien geregelt. Die von ihm beschaffte Einrichtung nutzt sein Nachfolger noch immer. Auch die Corona-Pandemie war für den Geschäftsmann sehr belastend; das Castello Belvedere musste in den Jahren 2020 bis 2022 insgesamt elf Monate geschlossen bleiben.

Doch Valenzano und sein heute achtköpfiges Team schrieben auch Erfolgsgeschichten. Das Al Capone läuft; das Dolce Vita hat nach Angaben seines Betreibers eine erfolgreiche erste Sommersaison hinter sich. "Ich bin ein Stehaufmännchen und ein Arbeitstier. Wenn ich nicht Erfolg gehabt hätte, wäre ich nicht geblieben."
Soll man aufhören, wenn es am schönsten ist? Zwei Jahre möchte Angelo Valenzano das Castello Belvedere noch betreiben; dann will er den Ruhestand antreten. Oder besser: den Teilruhestand. Denn das Dolce Vita" möchte er weiterführen, "noch zehn Jahre". Wobei er noch täglich von 10 bis 12 Uhr im Café sein will; die restliche Zeit vertraut er auf sein Personal.
Hilfe bei Suche nach neuem Pächter
Der Kurverwaltung möchte er helfen, einen neuen Pächter fürs Bellevue zu finden. Und wenn sich kein geeigneter meldet? Dann will Valenzano dort solange bleiben, bis es mit einem Nachfolger passt. Kurdirektorin Andrea Schallenkammer bescheinigt er, "nicht als Beamtin, sondern als Geschäftsfrau" zu denken. Sie und ihr Stellvertreter Tesar kümmerten sich, dass Gastgeber und Wirte im Staatsbad ihr Auskommen hätten.
In wenigen Tagen heißt es zumindest geschäftlich Abschied nehmen von einem langjährigen Wegbegleiter. "Oberkellner" Angelo Parisi macht sich selbstständig, eröffnet am 31. Dezember 2024 seine "Spaghetteria da Angelo" im Sinntal-Square in Altengronau (Main-Kinzig-Kreis). "Angelo hat mir zehn Jahre lang die Treue gehalten. Egal was ist: Ich werde ihn unterstützen", sagt Valenzano.
Danke sagen mit Vier-Gänge-Menü
Mit einem gemütlichen Abend mit Vier-Gänge-Menü dankte er kürzlich seinen Gönnern und Finanziers für die Zusammenarbeit. "Es waren zehn wunderschöne Jahre im Staatsbad. Die werde ich nicht vergessen. Und ich würde es wieder machen", sagt er gegenüber dieser Redaktion. Schallenkammer sagte: "Wir sind froh, dass wir ihn hier haben."