Am 26. April 2021 hat der Hammelburger Stadtrat beschlossen, nach 678 Jahren den Pflegebetrieb im Seniorenheim der Bürgerspital-Stiftung zum Jahresende zu beenden. Viele Hammelburger hadern bis heute mit der Entscheidung, zumal viele Rahmenbedingungen unklar waren: Wie steht die von der Stadt verwaltete Stiftung wirtschaftlich da? Was sagen die beauftragten Architekten und die Caritas zur Zukunft der Einrichtung? Wie soll es weitergehen? Diese Fragen haben wir an die Stadtverwaltung weitergegeben. Jetzt kamen Antworten.
Laut Bürgermeister Armin Warmuth ( CSU ) wurde das Grundstock-Vermögen der Stiftung zuletzt 2014 mit rund 275 000 Euro bewertet. Es handle sich vorwiegend um Äcker, kleinere Flächen seien auch über Erbbaurecht belegt, etwa an der Bayerischen Musikakademie. Aber: "Daraus ergeben sich keine nennenswerten Einnahmen", bremst Warmuth übertriebene Erwartungen.
Im Kern über Jahrhunderte unverändert
Im Kern handle es sich bei der Bürgerspital-Stiftung um die Stiftung, die der Fuldaer Fürstabt Heinrich VI. von Hohenberg im Jahr 1343 ins Leben gerufen hat. "Es wurde lediglich immer mal wieder die Satzung angepasst", berichtet Silke Preyer von der Stadtverwaltung zur Geschichte. In den vergangenen Jahren habe es auch keine größeren Zustiftungen ans Bürgerspital gegeben.
Beim Guthaben der Stiftung stammen die jüngsten Zahlen aus dem Jahr 2019: Damals hatte die Stiftung zwar rund 183 000 Euro Guthaben, allerdings auch rund 103 000 Euro Verbindlichkeiten, weil die Generalsanierung aus den Jahren 1996/97 und 2003/04 bis heute noch nicht vollständig abgezahlt ist. "Es ergibt sich also ein Saldo von rund 80 000 Euro", rechnet Warmuth vor. Dem stehe gegenüber, dass das Pflegeheim seit dem Jahr 2015 durchweg defizitär arbeite, rund 40 000 Euro habe das Minus aus dem Betrieb pro Jahr betragen. Immerhin: Bis heute musste die Stadt Hammelburg noch nie einen Euro beim Bürgerspital zuschießen, die Kommune habe lediglich die Kredite für die Sanierung mit einer Bürgschaft abgesichert.
Einen Jahresabschluss für das Jahr 2020 gibt es laut Heimleiter Guido Gombarek noch nicht. Immerhin rechnet er aber wegen der hohen Auslastung zum Jahresbeginn 2020 und der darauf basierenden Corona-Ausgleichszahlung mit einem leichten Plus. Das sei allerdings eine Ausnahme, die nur wegen der staatlichen Zuschüsse zustande gekommen sei. Mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Bürgerspitals, konkret mit dem Wirtschaftsplan 2021 beschäftigt sich auch der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung (siehe Info unten).
Zwei Büros sollten Alternativen suchen
Bereits vor einem Jahr, im Juli 2020, hatte der Hauptausschuss die Architektur-Büros Kraus aus Gemünden und "Planwerk" in Würzburg damit beauftragt, den Gebäudebestand zu bewerten und Vorschläge zu machen, wie das Heim die gesetzlichen Bestimmungen erfüllen kann. Zudem sollten Kosten zum Umbau von Bürgerspital und Waisenhaus errechnet und ein Konzept für den Betrieb auf Grundlage der künftigen Bettenzahl ermittelt werden.
Der Planungsauftrag war zwar öffentlich, sämtliche Ergebnisse wurden zum Ärger vieler Bürger jedoch nicht-öffentlich vorgestellt. "Wir wollten nicht zusätzlich für Unruhe bei Bewohnern und Mitarbeitern sorgen", verteidigt Bürgermeister Warmuth dieses Vorgehen bis heute. "Die erste Idee war, die Mängel ohne große Investitionen zu beseitigen", fasst Andreas Reuter von der Bauabteilung der Stadt die Gespräche zusammen. Es habe sich allerdings schnell gezeigt, dass das vor allem wegen der fehlenden Nasszellen nicht möglich sei. Das habe auch die Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Würzburg bestätigt. Die genaue Untersuchung habe sogar ergeben, dass formal wegen der Waschmöglichkeiten in den Zimmern ein kleiner Teil der Grundfläche von der Zimmergröße abgezogen werden muss, weil dieser Platz dem Bewohner nicht zur individuellen Nutzung zur Verfügung stehe.
Beide Büros hätten Verhandlungen mit Behörden geführt. Zudem habe die Stadt die Caritas eingeschaltet. "Die Caritas handelt die Vergütungsverträge für uns aus", erläutert Heimleiter Guido Gombarek die Zusammenarbeit. Das Büro "Planwerk" habe ausschließlich die Möglichkeit einer stationären Pflege untersucht, einbezogen wurde in die Überlegungen auch das Waisenhaus . 35 Pflegeplätze wären nach Umbauten insgesamt möglich gewesen, aber: "Wir hätten keine Zulassung für beide Häuser zusammen bekommen, weil ja eine Straße dazwischen liegt", sagt Gombarek. Es wären zwei getrennte Versorgungsverträge notwendig gewesen.
Großteil will ins Probstheim
Das Büro Kraus habe zusätzlich Alternativen untersucht: zum einen betreutes Wohnen, zum anderen zwei ambulant betreute Wohngemeinschaften mit höchstens je zwölf Bewohnern. Laut Gombarek buchen beim betreuten Wohnen die Bewohner Leistungen wie Wäscherei, Mittagessen, Reinigung und eben einen ambulanten Pflegedienst dazu. Bei den Wohngemeinschaften gebe es fest angestellte Präsenzkräfte, die sich um Einkauf, Kochen und vieles mehr im Alltag kümmern. Gombarek betont jedoch, dass die Bewohner immer das Recht hätten, sich die ambulanten Pflegekräfte selbst auszuwählen.
Unabhängig von der Zukunft des Bürgerspitals, ob stationär oder ambulant , rechnen die Architekten mit notwendigen Investitionen von mindestens 3,5 Millionen Euro. Und: "Wir müssen mit einer Umbauzeit von eineinhalb bis zwei Jahren rechnen, in der das Gebäude auf alle Fälle ungenutzt bleiben muss", ergänzt Reuter. Sämtliche Lösungen seien also keine Perspektive für das Personal des Pflegeheims .
Die Rückmeldung aller Experten sei eindeutig gewesen, betont Warmuth: Das Bürgerspital sei auf Grund der gesetzlichen Auflagen nicht mehr wirtschaftlich als stationäre Pflegeeinrichtung zu halten: "Alleine der Standort in der Innenstadt ist niemandem so viel wert, dass er mehrere hundert Euro mehr pro Platz im Monat zahlt."
Wie geht es jetzt konkret weiter? Laut Heimleiter Gombarek sind zwei Bewohner bereits umgezogen, einmal nach Oberthulba, einmal nach Arnstein. 24 Bewohner habe das Bürgerspital aktuell noch. "Der Großteil der Bewohner will in Hammelburg bleiben", berichtet Gombarek von Anfragen im Dr.-Maria-Probstheim. Die Carl-von-Heß'sche Stiftung habe auch bereits eine Info-Veranstaltung für die Mitarbeiter angeboten. "Wir versuchen, einen guten Übergang hinzubekommen", betont Warmuth, und: "Wir stehen in einem konstruktiven Dialog mit dem Personalrat." Angesichts des Stiftungsvermögens gebe es allerdings wenig Spielraum. Über die Zukunft des Gebäudes sei dagegen bislang noch gar nicht verhandelt worden. Nur eines sei klar: "Im Gebäude soll weiter eine Altenhilfe-Einrichtung sein."
Info: Sitzung des Stadtrates
Ortstermin
Sitzung Im Speisesaal der Bayerischen Musikakademie beginnt die eigentlich Sitzung gegen 18.15 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen die Vorstellung der Planung der Bushaltestelle für Grund - und Mittelschule, Bauanträge sowie der Wirtschaftsplan des Bürgerspitals für das laufende Jahr. Zudem geht es im Stadtrat um eine mittelfristige Finanzplanung 2024, wie auch immer diese ohne die stationäre Pflege aussehen soll.