zurück
Landkreis Bad Kissingen
Ladenschlussgesetz: Bürgermeister von Kommunen mit Enso-Laden äußern sich
Mit dem neuen Ladenschlussgesetz könnten die hiesigen Tante-Enso-Läden so nicht bestehen. Was die Bürgermeister der betroffenen Orte und Landtagsabgeordneter Sandro Kirchner davon halten.
Rund um die Uhr können die Menschen in 24/7-Läden ohne Personal einkaufen.       -  Rund um die Uhr können die Menschen in 24/7-Läden ohne Personal einkaufen.
Foto: Ellen Mützel | Rund um die Uhr können die Menschen in 24/7-Läden ohne Personal einkaufen.
Ellen Mützel
 |  aktualisiert: 22.11.2024 02:41 Uhr

Mit dem Ladenschlussgesetz will der Freistaat unter anderem den Betrieb von 24/7-Läden regulieren. Im Juli erschien ein Eckpunktepapier. Derzeit ist nur in einer Vollzugsverordnung Bayerns geregelt , dass ein digitaler Kleinstsupermarkt, der rund um die Uhr an sieben Tagen öffnen darf, nur eine Verkaufsfläche von bis zu 100 Quadratmetern hat. Das Eckpunktepapier für das Gesetz erlaubt digitalen Kleinstsupermärkten 150 Quadratmeter Verkaufsfläche. Wird dies überschritten, ist eine Öffnung nur an Werktagen von sechs bis 20 Uhr möglich. 

Jedoch überschreiten die bestehenden und geplanten 24/7-Läden (alle Tante Enso) im Landkreis Bad Kissingen die 150 Quadratmeter Verkaufsfläche. Hinter den Kulissen wird zwar über Lösungsmöglichkeiten spekuliert, doch ob diese eine weitere 24/7-Öffnung ermöglichen, steht in den Sternen. 

Was halten eigentlich die Bürgermeister der Kommunen, in denen es Tante Enso gibt (oder geben wird), von dem Gesetzentwurf – fast alle in der CSU, die in Bayern in der Regierung ist? 

Michael Kastl (CSU): "Neue Regelung wirft uns zurück"

In Münnerstadt sei es schon lange ein Anliegen, eine Einkaufsmöglichkeit in der Altstadt zu haben, sagt Bürgermeister Michael Kastl (CSU). Gespräche mit diversen Handelsketten scheiterten immer wieder. Dann stieß die Stadt auf Tante Enso. Einer der wenigen Forderungen sei die 24/7-Öffnung. "Nur hierdurch, und davon bin auch ich überzeugt, ist ein Bestehen eines solchen Markts in der Konkurrenz zu den Großen auf der grünen Wiese möglich", so Kastl.

Der Laden werde hervorragend angenommen und belebe die Altstadt . "Ist es nicht genau das, was Bund und Land möchten und fördern?" Das neue Gesetz würde das Konzept jedoch "zu Grabe tragen". Dass digitale Kleinstsupermärkte künftig mit Zustimmung der Gemeinde 24/7 betrieben werden können, sei richtig. "Warum die maximal zulässige Verkaufsfläche aber auf 150 Quadratmeter festgelegt wird, erschließt sich mir nicht und wirkt willkürlich." Kleinere Verkaufsfläche würde zu weniger Attraktivität und weniger Barrierefreiheit durch engere Gänge führen. 

Der Schutz des Personals sei wichtig. Aber: Vielen sei offenbar nicht bewusst, dass die Märkte außerhalb der regulären Öffnungszeiten ohne Personal funktionieren. Damit sei der 24/7 Betrieb mit seinem christlich-sozialen Weltbild gut vereinbar, so Kastl. "Bestandteil der Feierstunde zur Eröffnung unseres Tante Ensos war übrigens ein ökumenischer Segen. Ich sehe hier daher keinen Widerspruch, ganz im Gegenteil."

Kastl freut sich, dass sich der Freistaat um den ländlichen Raum kümmert. Mit der geplanten Regelung müssten aber viele ländliche Orte Attraktivitätseinbußen hinnehmen. Er appelliert daher an alle Verantwortlichen, eine andere Entscheidung zu treffen und bietet sich an, damit sich Entscheidungsträger ein Bild vor Ort machen können. 

Johannes Krumm (parteilos): "200 Quadratmeter für Grundversorgung nötig"

Bürgermeister von Elfershausen, Johannes Krumm (parteilos), blickt auf die Versuche, die Nahversorgung nach Schließen der Tante-Emma-Läden wieder herzustellen. Meist sei dies an geringen Verkaufszahlen, Personalkosten, Auflagen und der zu geringen Marge auf die Produkte gescheitert. In Elfershausen bekam Krumm zwei Absagen von Kleinstmärkten. Tante Enso biete ein Konzept, das auf dem Land funktioniere.

Tante Enso hat in Elfershausen 200 Quadratmeter. "Dies entspricht aus meiner Sicht der Mindestgröße, um eine angemessene Grundversorgung mit Bäcker und Metzger zu bieten", so Krumm. "In unserem Ort hat sich seit der Eröffnung die Lebensqualität für alle Generationen enorm verbessert." Die Älteren unternähmen mehrere kleinere Einkäufe in der Woche, haben Bewegung und soziale Kontakte.

Für die Jugend sei es "cool, stetig die Möglichkeit zum Einkaufen zu haben". Vom Schichtarbeiter bis zur Krankenpflegekraft biete das Konzept für alle Vorteile. "Die Zeiten ändern sich stetig und vielleicht ist es jetzt an der Zeit, im ländlichen Raum Anreize für mehr Attraktivität zu schaffen, um die Jugend zu halten und die Lebensbedingungen für die Landbevölkerung grundlegend zu verbessern."

Selbst beim Konzept von Tante Enso gebe es eine Schwelle bezüglich der Rentabilität. Heißt: Nicht überall sei es möglich, einen Laden wirtschaftlich zu betreiben. "Ich möchte an die Politik in München appellieren, diese Überlegungen mit einzubeziehen, mit Bedacht zu handeln und Neues zu wagen. Die ländliche Bevölkerung wird es Ihnen quer durch alle Alters- und sozialen Schichten danken."

Matthias Klement (CSU): "Sicher, dass Lösung gefunden wird"

In der Gemeinde Maßbach soll in Poppenlauer ein Tante-Enso-Laden entstehen. Bürgermeister Matthias Klement (CSU) betont, dass das neue Ladenschlussgesetz die digitalen Kleinstsupermärkte erstmals überhaupt gesetzlich regelt. "Aktuell werden sie als reine Warenautomaten gesehen, was sie definitiv nicht sind." Derzeit befänden sich alle bestehenden Märkte in einer rechtlichen Grauzone.

Das Gesetz ermögliche den Betrieb digitaler Kleinstsupermärkte 24/7, was auch so gewünscht sei. "Leider beschränkt man die Ladenfläche auf 150 Quadratmeter. Das führt bei Läden wie unserem zukünftigen Markt zu Problemen, weil die Verkaufsfläche deutlich größer geplant ist." 

Er erklärt: "Für mich persönlich ist entscheidend, dass außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten kein Personal vor Ort ist. Damit ist für mich unerheblich, ob der Laden 100 oder 300 Quadratmeter hat." Er ist sich sicher, mit dem Betreiber rechtskonforme Lösungen zu finden, die zu einer 24/7-Nutzung und auf der gesamten Ladenfläche führen werden. 

Sandro Kirchner (CSU): "Solchen Angeboten aufgeschlossen gegenüber"

Burkardroths Bürgermeister Daniel Wehner hat nicht auf die Anfrage reagiert. Dort soll in Premich ein Tante-Enso-Laden entstehen. Bayerns Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU), der aus diesem Ort kommt, ist als Mitglied des Landtags direkt an dem Gesetz beteiligt. 

Ihm sei wichtig, dass alle berechtigten Belange abgewogen und nach Möglichkeit berücksichtigt werden. "Die neuen Ladenschlussregelungen sollen auf der einen Seite den Arbeitnehmerschutz, die Wettbewerbsneutralität und den verfassungsrechtlich garantierten Sonn- und Feiertagsschutz gewährleisten."

Wenn Ausnahmen für digitale Kleinstsupermärkte zugelassen werden, soll dies den dringenden Bedarf der Nahversorgung abdecken. "Das ist mir gerade auch mit Blick auf meine Heimatregion Unterfranken mit vielen ländlichen Regionen ein wichtiges Anliegen." Deswegen stehe er solchen Angeboten sehr aufgeschlossen gegenüber.

Letztlich treffe der Landtag die Entscheidung über die Ausgestaltung.  Daher könne es im weiteren Gesetzgebungsverfahren durchaus noch zu Änderungen kommen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Münnerstadt
Poppenlauer
Elfershausen
Burkardroth
Altstädte
Bayerischer Landtag
Freie Wähler
Gesellschaftsschichten
Konkurrenz
Ladenschlussgesetz
Landbevölkerung
Sandro Kirchner
Weltbild-Verlag
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top