
Es ist kühl im zweiten Stock des Rathauses in Geroda. Der große Raum riecht nach altem Papier; Kartons voller Unterlagen stehen herum. In den alten Schränken biegen sich die Böden unter der Last uralter Bücher.

Inmitten des Raumes sitzt Susanne Karges an einem kleinen Tisch. Um sie herum Ordner mit Unterlagen aus der Gemeinde - und ein sogenanntes Findbuch. „Das ist ein schriftliches Verzeichnis, das mir Hinweise gibt, was in den Kartons wo zu finden ist“, erklärt Karges.
Archivierung ist Pflichtaufgabe der Kommunen
Seit September ist sie als Vollzeitkraft für die Archive der acht Gemeinden in der Rhönallianz zuständig. „Archivierung ist eine Pflichtaufgabe jeder Kommune, aber eine Vollzeitstelle lohnt sich für eine einzelne Gemeinde nicht“, erklärt Uwe Schmidt, Umsetzungsbegleiter der Brückenauer Rhönallianz.

Die Rhönallianz macht es mit Hilfe einer Förderung der Regierung von Unterfranken möglich, allen acht Kommunen eine Archivkraft anteilig bereitzustellen. Die Arbeit verteilt sich nach Bedarf und Größe des jeweiligen Archives.
Fester Arbeitsplatz in Bad Brückenau
In Geroda, der kleinsten der acht Rhönallianz-Gemeinden, ist Karges nur einige Tage im Jahr, genau wie in Oberleichtersbach. Einige Stunden mehr verbringt sie in Riedenberg und Schondra und noch mehr in Wildflecken, Zeitlofs und Motten. Den größten Teil ihrer Arbeitszeit beansprucht die Stadt Bad Brückenau. Dort hat sie ihren festen Arbeitsplatz.

Sie betont: „In keinem Archiv, das ich bisher gesehen habe, herrscht Chaos. Es ist alles in den Findbüchern verzeichnet. Die Dokumente sind allerdings nicht nach dem neusten Standard archiviert.“ Dazu gehöre es beispielsweise, dass die Dokumente und Unterlagen in säurefreie Kartons gelagert werden. Das bereite sie gerade in Geroda vor. Einiges muss zudem aussortiert und entsorgt werden.
Geschichtlich relevante Unterlagen archivieren
Mit Hilfe des bayerischen Einheitsaktenplanes weiß sie, wie lange Pläne und Dokumente in der Registratur aufgehoben werden müssen. Im Archiv landen Baupläne beispielsweise nach 30 Jahren in der Registratur. Dort müssen dann die Heft- oder Tackerklammern entfernt werden, damit nicht die Gefahr besteht, dass etwas rostet. Danach werden sie sicher verpackt und für die Ewigkeit archiviert.
Insbesondere solche Unterlagen, die ganz speziell gemeindliche Entscheidungen, geschichtliche Hergänge, Fotografien oder handschriftliche Beschreibungen wiedergeben, werden ebenfalls für die Ewigkeit aufgehoben. „Weg können beispielsweise Amtsblätter oder ähnliches, da diese in den staatlichen Archiven aufbewahrt werden“, erklärt Karges. Oftmals sei es auch ein Bauchgefühl, was „kassiert“ werden kann und was nicht.
Archive zugänglich für Bürgerinnen und Bürger
Besondere Schätze hält Karges regelmäßig in den Händen. Alte Landkarten, Wählerlisten aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges, ein Gefallenenbuch aus dem Ersten Weltkrieg, alte Gesangsbücher. Was viele Bürgerinnen und Bürger nicht wissen: Nachlässe, Stiftungen und Schenkungen sind ebenfalls in den kommunalen Archiven zu finden.

Das Archiv dürfe auch von den Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden, zur eigenen Recherche beispielsweise der Familiengeschichte oder ähnliches, macht Karges deutlich. „Da geht es zum Beispiel um private, aber geschichtlich relevante Aufzeichnungen oder Fotoalben“, sagt Karges über die Zeitzeugenberichte. Eine besondere Spürnase ist deshalb für diese Arbeit wichtig.
Praktikum im Hammelburger Archiv
Für ihre Arbeit in den Gemeindearchiven hat Karges, die vorher im Gesundheitswesen tätig war, eine einwöchige Weiterbildung als Archivierkraft und ein Praktikum im Hammelburger Archiv absolviert. Dennoch: Viel Eigeninitiative und Eigenrecherche sind gefragt. „Es gibt zum Glück Ansprechpartner in den Gemeindeverwaltungen.“ Bisher wurde die Arbeit im Archiv oftmals von den Mitarbeitern nebenher mitgemacht.
Im Keller des Bad Brückenauer Rathauses sieht es geordneter aus. Hinter einer Brandschutztüre stehen ordentlich aufgereiht Aktenschränke, säuberlich gefüllt mit einheitlichen Kartons – eben diesen säurefreien – und mit kurzen Zahlenfolgen beschriftet.
Digitalisierung noch Zukunftsmusik
Hier haben in der kürzeren Vergangenheit Kreisarchivpfleger Roland Heinlein und Dieter Sternecker, sowie nachfolgend Jan Marberg, damals Leiter des Kulturbüros, bereits „aufgeräumt“ und archiviert. Zudem haben die Bad Brückenauer bereits mit dem Einscannen alter Dokumente begonnen.
Die Digitalisierung der Archive soll kommen; doch steht das aktuell nicht an erster Stelle von Karges' Arbeit. Dazu besucht sie in der Zukunft noch eine Weiterbildung. Wildflecken und Bad Brückenau haben die ersten Schritte dazu schon genommen. „Die Verwaltung in Wildflecken erhält die Baupläne beispielsweise nur noch digital.“
Trotz anstehender Digitalisierung behalten die Gemeinden die analogen Dokumentenarchive. „Papier ist geduldig und kann, richtig aufbewahrt, nach vielen hundert Jahren zur nachvollziehbaren Geschichte beitragen“.
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