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Bad Kissingen
Mohammad Shadab und der Traum von Olympia
Ein Bad Kissinger Boxer bei den Olympischen Spielen? Warum der 25-Jährige sogar zwei Chancen für Paris 2024 sieht.
Mohammad Shadab hat in Bad Kissingen eine zweite Heimat gefunden.       -  Mohammad Shadab hat in Bad Kissingen eine zweite Heimat gefunden.
Foto: Jürgen Schmitt | Mohammad Shadab hat in Bad Kissingen eine zweite Heimat gefunden.
Jürgen Schmitt
 |  aktualisiert: 03.06.2024 12:50 Uhr

Binnen weniger Jahre wurde aus dem afghanischen Flüchtling Mohammad Shadab ein nicht nur in Bad Kissingen hoch angesehener Sportler, der es sogar zu einem nationalen Box-Titel im Mittelgewicht gebracht hat. Dass der 25-Jährige aus dem Stadtteil Hausen unlängst seine Ausbildung zum Altenpfleger bestanden hat, rundet diese Erfolgsgeschichte ab. Es fehlte nur noch die „Einladung“ zum Steilpass.

Wer hat Sie angespielt?

Mohammad Shadab: Der Pass kam von Justin Haag, einem Sambo-Kämpfer vom TSV Bad Kissingen . Wir kennen uns vom gemeinsamen Training. Ab und zu fragt deren Trainer Albert Köpplin mich, ob ich mit den Jungs mal Sparring machen kann.

Wie sieht Ihr Laufweg aus?

Ich boxe seit 2017 für den TSV Bad Kissingen . In meiner Heimat Afghanistan habe ich auch kurz geboxt, aber nur, um mich auf der Straße verteidigen zu können. Das Leben dort war und ist gefährlich. Dann war ich sehr, sehr lange unterwegs, im Iran und der Türkei. Für Sport hatte ich keine Zeit, ich musste schauen, wie ich überlebe.

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Zuletzt haben Sie nur durch ein umstrittenes Urteil die Titelverteidigung bei den Deutschen Meisterschaften verpasst. Sind Sie mit etwas Abstand stolz auf Ihre Leistung oder verärgert über das Urteil?

Ja, auf der einen Seite bin ich stolz. Aber ich ärgere mich immer noch, denn bei zwei der drei Runden lag ich klar vorne. Aber der Heimvorteil hat wohl den Ausschlag zu Gunsten meines Gegners gegeben. Natürlich ist eine deutsche Vizemeisterschaft super, aber es schaffen halt nur sehr wenige, ihren nationalen Titel zu verteidigen.

Wie oft werden Sie in Bad Kissingen eigentlich auf Ihre Erfolge angesprochen?

Das kommt schon mal vor. Auf der Arbeit sowieso, aber auch im Bekanntenkreis. Vor allem dann, wenn wieder was in der Zeitung gestanden hat. Ebenso im Fitness-Studio, wo ich mehrmals in der Woche bin, um meine Kraft und Fitness zu verbessern. Der Chef ist übrigens auch ein Sponsor, sodass ich dort nichts zahlen muss. Darauf bin ich auch ein bisschen stolz – und dem Inhaber sehr dankbar für die Unterstützung.

Zuletzt hieß es, Sie könnten demnächst auch in der Bundesliga boxen. Wie schaut es diesbezüglich aus und was sind Ihre Ziele für 2023?

Einige Landesverbände haben mich tatsächlich angeschrieben und Interesse gezeigt. Unterschrieben ist da allerdings noch nichts. Ich muss für mich schauen, wo der Aufwand noch machbar ist. Vor allem sollen die Fahrstrecken nicht zu lange sein. Gut möglich, dass noch im Januar oder Februar diesbezüglich eine Entscheidung fällt.

Ihr Trainer Edgar Feuchter hat mal gesagt, dass für Sie sogar eine Teilnahme bei den Olympischen Spielen 2024 möglich wäre. Teilen Sie diesen Optimismus?

Das wäre natürlich ein Traum. Ob der mal in Erfüllung geht, ist sehr schwierig zu sagen. Erst einmal ist es so, dass ich keine deutsche Staatsbürgerschaft besitze. Diese ist Voraussetzung, um für Deutschland bei Olympia starten zu können. Aber es gibt ein Team bei Olympia , für das Flüchtlinge starten. Mein Landesverband prüft gerade, ob ich auf diesem Weg zu Olympia kommen könnte. Als Deutscher Staatsbürger starten zu dürfen, wäre natürlich noch besser.

Gibt es einen Sport, den Sie gerne mal ausprobieren würden?

Ja, auf Wintersport wäre ich neugierig. Ich habe zum Beispiel noch nie auf Skiern gestanden. Das wäre sicher interessant. Und schon länger wünsche ich mir, Schwimmen zu lernen. Vielleicht unternehme ich mal einen Versuch im Hammelburger oder Bad Neustädter Hallenbad. Hier in Bad Kissingen ist das ja aktuell nicht so einfach.

Sind Sie auch mal auf dem Fußballplatz oder in irgendeiner Halle bei Spielen als Zuschauer zu sehen?

Klar kommt das mal vor, auch wenn ich selbst eher kein Talent für Fußball habe, wie ich feststellen musste. Bei Fußballspielen war ich schon in Hausen oder beim FC 06 Bad Kissingen , wenn Kumpels gekickt haben. Und wenn eine Welt- oder Europameisterschaft ansteht, läuft auch der Fernseher.

Sie sind vor einigen Jahren aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Was ist an Ihnen typisch afghanisch und wo sind Sie schon mehr Deutscher als Afghane?

Da fällt mir spontan ein, dass es beim Bezahlen Unterschiede gibt. Ist man mit afghanischen Kumpels unterwegs, zahlt immer einer für alle. Das kann schnell mal teuer werden. Wenn ich mit meinen deutschen Kumpels unterwegs bin, zahlt jeder für sich. Das finde ich eigentlich besser.

Und hat sich Ihr Speiseplan geändert, stehen da jetzt auch typisch deutsche Gerichte?

Ich könnte gar nicht sagen, was typisch deutsch ist. Ich weiß, dass relativ viel Fleisch gegessen wird. Ich esse selbst aber sehr selten Fleisch , dafür mehr Fisch. Aber an dieser Stelle empfehle ich gerne ein schmackhaftes afghanisches Essen: Kabuli Palau. Das wird mit Reis oder Nudeln, Fleisch und speziellen Gewürzen zubereitet und ist sehr gesund. Das koche ich mir auch mal selber.

An wen spielen Sie weiter?

Der Pass geht zu Luca Hofmann, einem jungen Fußballer vom FC 06 Bad Kissingen . Ich kenne seine Familie sehr gut und motiviere Luca hin und wieder für den Sport, wenn es mal nötig ist.

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