Bad Kissingen
Blick auf den Bayerischen Wald
Kritiker am vollständigen Schutz des Bayerischen Waldes sterben nach und nach aus. Für die junge Generation gehört der Urwald ganz selbstverständlich dazu.
Ein Eintrag ins Gästebuch des Hauses zur Wildnis fasst die Sichtweise gerade älterer Besucher gut zusammen: "Der Wald ist sehr schön, aber etwas unordentlich", schrieb ein Tourist aus Thüringen. In die gleiche Kerbe schlägt Gerhard Hopp von der Bürgerbewegung zum Schutz des Bayerischen Waldes: "Wenn der Waldler heute durch seinen Wald läuft, fängt er an zu heulen", wies er die Besucher aus dem Landkreis Bad Kissingen auf die emotionale Bindung der Menschen zum Wald hin: Sein Großvater habe früher den Hut vor einem gefällten Baum gezogen. Entsprechend schwer sei es zu verkraften, dass der Borkenkäfer nicht stärker bekämpft und Windwurf beseitigt wurde. "Die Hochwälder sind tot", polterte Hopp gegen die Nationalpark-Verwaltung, und: "Der Fehler war, dass man alles der Natur überlassen wollte."
Eine Wanderung zu einer Waldverjüngung am Berg Lusen zeigte dagegen ein ganz anderes Bild: Auf gut 1100 Metern Höhe hat sich der Wald wieder gut erholt. "Da standen damals nur noch die grauen Stangerl rum, das war ein Schock für die Bevölkerung", gestand Nationalpark-Leiter Franz Leibl ein. Unkenrufe, dass dort nie wieder Wald wachse, seien allerdings widerlegt. Einig waren sich Kritiker und Befürworter darin, dass gerade in den 1990er Jahren zu wenig für die Kommunikation im Umgang mit dem Borkenkäfer getan wurde. Damals habe es einen "radikalen Naturpark-Leiter" gegeben, erinnerte sich der Frauenauer Bürgermeister Herbert Schreiner.
Die ganze Stimmung sei vor der Erweiterung 1997 vergiftet gewesen: "Wer für den Nationalpark war, wurde beschimpft", berichtete er von der Kommunalwahl 1996. "Im Kreistag wurde solange abgestimmt, bis es 31:30 ausging." Auf der anderen Seite seien plötzlich jede Menge "Zuckerl" für die Kommunen aus München gekommen: hier ein Museum, dort ein Bauhof oder ein Info-Zentrum.
Im Nachhinein sind fast alle zufrieden: "Es gab zwar eine Betten-Bereinigung, aber wer investiert hat, hat ein gutes Einkommen", sagte Schreiner. "Vor allem kleine Familienbetriebe haben sich gut entwickelt", ergänzt der aus Nüdlingen stammende Ralph Kiesel, der mittlerweile als Wirtschaftsförderer des Landkreises Freyung-Grafenau arbeitet: "Ohne den Nationalpark hätten wir diese gute Entwicklung nicht genommen."
Durchschnittlich 1,3 Millionen Besucher lockt der Nationalpark im Jahr an. 350 Kilometer Wander- und 215 Kilometer Radwege sind ausgebaut, im Winter werden 85 Kilometer Loipen gespurt, 214 Info-Tafeln und 871 Wegweiser geben Orientierung. "Alles top in Schuss", betont Leibl. Dafür sorgen rund 200 Mitarbeiter.
Auch die Borkenkäfer-Situation habe sich entspannt: "Im Moment ist es so, dass wir nachweislich mehr Borkenkäfer von außerhalb abbekommen als umgekehrt", betont Leibl. Das liege am engen Kontrollnetz im Schutzgebiet. "Das Problem sind oft die kleinen Privatflächen", sagt auch Gerhard Wilhelm, der als Forstbetriebsleiter den rund 2300 Hektar großen Freiherr-von-Poschinger-Privatwald verwaltet. Der grenzt direkt an den Nationalpark an: "Das Verhältnis ist mittlerweile sehr gut", sagte Wilhelm.
Entstehung Der Nationalpark Bayerischer Wald wurde am 7. Oktober 1970 als erster Nationalpark Deutschlands gegründet. Seit der Erweiterung 1997 hat er eine Größe von 24.250 Hektar, aktuell sind zwei Drittel davon unberührte Naturzone, bis zum Jahr 2027 müssen es 75 Prozent sein. Zusammen mit dem angrenzenden tschechischen Böhmerwald bildet der Bayerische Wald die größte zusammenhängende Waldfläche Mitteleuropas.
Schutz Vor allem das Erweiterungsgebiet ist ein Entwicklungsnationalpark, das noch stark von der früheren forstwirtschaftlichen Nutzung geprägt ist, aber nach und nach zum Urwald umgebaut wird. Markant sind die fichtenreichen Hochlagenwälder, Bergmischwälder aus Tannen, Buchen und Fichten sowie Aufichtenwälder in den Tälern. Dazu kommen ökologisch wertvolle Hochmoore und ehemalige Hochweiden, die sogenannten Schachten. Die höchsten Gipfel des Nationalparks sind der Große Falkenstein (1315 Meter), der Lusen (1373) und der Große Rachel (1453).
Diskussionen In zwei Gesprächsrunden informierte sich die Delegation aus dem Landkreis Bad Kissingen neben Nationalpark-Leiter Franz Leibl mit Kommunalpolitikern und anderen Interessensvertretern der Region. Darunter waren die Bürgermeister der Gemeinden Neuschönau, Bayerisch Eisenstein und Frauenau, der Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung Freyung-Grafenau, der Forstbetriebsleiter des Freiherr von Poschinger-Privatwaldes, ein Vertreter der Grafenauer Jägerschaft, der Vorsitzende des Bauernverbandes Freyung-Grafenau und der Schriftführer der nationalpark-kritischen Bürgerbewegung zum Schutz des Nationalparks.
Programm Am ersten Tag standen der Besuch des Hans-Eisenmann-Hauses und des Baumwipfelpfades an, zudem führte eine Wanderung zu einer Borkenkäfer-Wiederaufforstung am Lusen. Am zweiten Tag ging es um das Wild-Management sowie den Besuch des Besucherzentrums "Haus zur Wildnis".
Verständnis für Befürchtung
Eine Wanderung zu einer Waldverjüngung am Berg Lusen zeigte dagegen ein ganz anderes Bild: Auf gut 1100 Metern Höhe hat sich der Wald wieder gut erholt. "Da standen damals nur noch die grauen Stangerl rum, das war ein Schock für die Bevölkerung", gestand Nationalpark-Leiter Franz Leibl ein. Unkenrufe, dass dort nie wieder Wald wachse, seien allerdings widerlegt. Einig waren sich Kritiker und Befürworter darin, dass gerade in den 1990er Jahren zu wenig für die Kommunikation im Umgang mit dem Borkenkäfer getan wurde. Damals habe es einen "radikalen Naturpark-Leiter" gegeben, erinnerte sich der Frauenauer Bürgermeister Herbert Schreiner.
Probleme vor der Erweiterung
Die ganze Stimmung sei vor der Erweiterung 1997 vergiftet gewesen: "Wer für den Nationalpark war, wurde beschimpft", berichtete er von der Kommunalwahl 1996. "Im Kreistag wurde solange abgestimmt, bis es 31:30 ausging." Auf der anderen Seite seien plötzlich jede Menge "Zuckerl" für die Kommunen aus München gekommen: hier ein Museum, dort ein Bauhof oder ein Info-Zentrum. Im Nachhinein sind fast alle zufrieden: "Es gab zwar eine Betten-Bereinigung, aber wer investiert hat, hat ein gutes Einkommen", sagte Schreiner. "Vor allem kleine Familienbetriebe haben sich gut entwickelt", ergänzt der aus Nüdlingen stammende Ralph Kiesel, der mittlerweile als Wirtschaftsförderer des Landkreises Freyung-Grafenau arbeitet: "Ohne den Nationalpark hätten wir diese gute Entwicklung nicht genommen."
1,3 Millionen Besucher im Jahr
Durchschnittlich 1,3 Millionen Besucher lockt der Nationalpark im Jahr an. 350 Kilometer Wander- und 215 Kilometer Radwege sind ausgebaut, im Winter werden 85 Kilometer Loipen gespurt, 214 Info-Tafeln und 871 Wegweiser geben Orientierung. "Alles top in Schuss", betont Leibl. Dafür sorgen rund 200 Mitarbeiter.Auch die Borkenkäfer-Situation habe sich entspannt: "Im Moment ist es so, dass wir nachweislich mehr Borkenkäfer von außerhalb abbekommen als umgekehrt", betont Leibl. Das liege am engen Kontrollnetz im Schutzgebiet. "Das Problem sind oft die kleinen Privatflächen", sagt auch Gerhard Wilhelm, der als Forstbetriebsleiter den rund 2300 Hektar großen Freiherr-von-Poschinger-Privatwald verwaltet. Der grenzt direkt an den Nationalpark an: "Das Verhältnis ist mittlerweile sehr gut", sagte Wilhelm.
Entstehung Der Nationalpark Bayerischer Wald wurde am 7. Oktober 1970 als erster Nationalpark Deutschlands gegründet. Seit der Erweiterung 1997 hat er eine Größe von 24.250 Hektar, aktuell sind zwei Drittel davon unberührte Naturzone, bis zum Jahr 2027 müssen es 75 Prozent sein. Zusammen mit dem angrenzenden tschechischen Böhmerwald bildet der Bayerische Wald die größte zusammenhängende Waldfläche Mitteleuropas.
Schutz Vor allem das Erweiterungsgebiet ist ein Entwicklungsnationalpark, das noch stark von der früheren forstwirtschaftlichen Nutzung geprägt ist, aber nach und nach zum Urwald umgebaut wird. Markant sind die fichtenreichen Hochlagenwälder, Bergmischwälder aus Tannen, Buchen und Fichten sowie Aufichtenwälder in den Tälern. Dazu kommen ökologisch wertvolle Hochmoore und ehemalige Hochweiden, die sogenannten Schachten. Die höchsten Gipfel des Nationalparks sind der Große Falkenstein (1315 Meter), der Lusen (1373) und der Große Rachel (1453).
Diskussionen In zwei Gesprächsrunden informierte sich die Delegation aus dem Landkreis Bad Kissingen neben Nationalpark-Leiter Franz Leibl mit Kommunalpolitikern und anderen Interessensvertretern der Region. Darunter waren die Bürgermeister der Gemeinden Neuschönau, Bayerisch Eisenstein und Frauenau, der Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung Freyung-Grafenau, der Forstbetriebsleiter des Freiherr von Poschinger-Privatwaldes, ein Vertreter der Grafenauer Jägerschaft, der Vorsitzende des Bauernverbandes Freyung-Grafenau und der Schriftführer der nationalpark-kritischen Bürgerbewegung zum Schutz des Nationalparks.
Programm Am ersten Tag standen der Besuch des Hans-Eisenmann-Hauses und des Baumwipfelpfades an, zudem führte eine Wanderung zu einer Borkenkäfer-Wiederaufforstung am Lusen. Am zweiten Tag ging es um das Wild-Management sowie den Besuch des Besucherzentrums "Haus zur Wildnis".
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