Politiker brauchen manchmal einen langen Atem. Leser, die sich für Kommunalpolitik interessieren auch. Zum 60. Geburtstag von Bad Kissingens Oberbürgermeister Kay Blankenburg haben wir mit ihm ein Interview geführt. Mit 60 Fragen. Und 60 Antworten. Das Lesen dauert bestimmt mehr als 60 Sekunden.
Herr Blankenburg, Sie gehören zum selben Jahrgang wie Falco und Sid Vicious von den Sex Pistols. Fühlen Sie sich da eher alt oder eher jung?
Kay Blankenburg: Da fühle ich mich schon deswegen eher jung, weil die, glaube ich, beide inzwischen tot sind.
Genau, musikalisch gesehen mögen Sie ältere Leute wie Bob Dylan aber ja ohnehin lieber als Punk und Pop.
Blankenburg: Ja, wobei ich mir 'mal eine Platte von den Pistols gekauft habe. Mir ist der Punk nie unsympathisch gewesen. Ich mag den Garagenklang und das Schrubben der Gitarren. Aber im Gegensatz zur Musik von Bob Dylan kann ich Punk nur in kleinen Dosen genießen.
So ein runder Geburtstag, ist das ein besonderer Tag oder einer wie jeder andere?
Blankenburg: Ich versuche so zu tun, als sei's ein Tag wie jeder andere, aber die 60 beschäftigt mich schon.
Was beschäftigt Sie daran?
Blankenburg: 60 ist eine Hausnummer, die man sich selbst nicht mehr als jung verkaufen kann. Alt fühle ich mich aber auch noch nicht. Als ich 50 wurde, war das schon mal so. Aber ich werde auch mit dieser neuen Zahl meinen Frieden machen.
Was ist für Sie, nach Bad Kissingen, die zweitschönste Stadt?
Blankenburg: Es gibt einige Städte, zu denen ich eine innige Beziehung habe. Trotz meines Berufes, muss ich gestehen, ist Bamberg für mich nicht nur die zweitschönste Stadt, sondern mit Bad Kissingen gleichauf. Ich bin aber auch sehr gern an der Ostsee. Leipzig, das habe ich kürzlich gesehen, ist sehr schön, auch Berlin mag ich sehr.
Ihre Verbindung nach Oberfranken pflegen Sie ja regelmäßig. Was bedeutet Ihnen Heimat?
Blankenburg: Heimat ist ein Ort, an dem ich mich geborgen fühle, wo ich ein überdurchschnittliches Maß an Vertrautheit empfinde und wo ich mich lange aufhalten möchte, so wie eben in den beiden Städten, die mir Heimat geworden sind: Bamberg und Bad Kissingen.
Sie sind in Bamberg geboren und in Oberfranken aufgewachsen. In welchem Jahr kamen Sie nach Kissingen?
Blankenburg: 1989.
Wo glaubten Sie damals anzukommen, in einem ehemaligen Weltbad oder einem Provinznest?
Blankenburg: Eigentlich weder noch. Sondern in einer Kleinstadt, die, was mich sehr gestört hat, keine Brauerei hatte. Ich bin damals im Sommer hergekommen. Da habe ich schmerzlich das Fehlen der Bamberger Bierkellerkultur bemerkt. Auf der anderen Seite ist mir sofort aufgefallen, wie sensationell dieses Grün unmittelbar an der Stadt ist.
Hatten Sie damals einen Lieblingsplatz in der Stadt?
Blankenburg: Ich hatte ganz schnell eine Stammkneipe. Und die Liebe zum Luitpoldpark hat sich auch schnell herauskristallisiert.
Was ist heute Ihr Lieblingsplatz in der Stadt?
Blankenburg: Immer noch der Luitpoldpark.
Was, meinen Sie, sind ihre Stärken als Mensch?
Blankenburg: Ich bin nicht nachtragend. Ich versuche zu verstehen, was mein Gegenüber bewegt. Und ich habe die Fähigkeit zur Selbstironie.
Wo liegen Ihre Schwächen?
Blankenburg: Ich bin ungeduldig, rege mich zu schnell auf und setze mich oft selbst unter Druck. Es muss alles perfekt sein und alles schnell gehen. Abzuschalten fällt mir auch schwer.
In einer Kleinstadt spielen persönliche Sympathien und Antipathien eine größere Rolle als Parteien. Stimmt das?
Blankenburg: Ich habe die Hoffnung, und Wahlergebnisse zeigen das, dass persönliche Bekanntheit in der Kommunalpolitik mehr Bedeutung hat und die Parteien größere Bedeutung haben, je höher die Ebene wird, um die es geht.
Woran merkt man, dass Sie ein SPD-OB sind?
Blankenburg: Hoffentlich merkt man das zu 95 Prozent nicht, weil ich glaube, dass man die allermeisten kommunalen Fragen nicht aus Bundesparteidenken heraus beantworten kann. Natürlich spielen Grundwerte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität für mich eine große Rolle. Aber das will ich auch anderen nicht absprechen. Bei ein paar Fragen der Kommunalpolitik haben Grundeinstellungen schon eine Bedeutung. Manche, die dem Wirtschaftsliberalismus zuneigen, meinen zum Beispiel, Private machen immer alles besser als die öffentliche Hand. Ich finde, dass muss man am Einzelfall prüfen.
Und da kann man schon mal zu dem Ergebnis kommen, dass die öffentliche Hand besser ist. Themen wie die offene städtische Jugendarbeit sind, anders als vor 20 Jahren, heute keine genuin sozialdemokratischen Themen mehr. Das haben alle gelernt.
Wem fühlen Sie sich in der SPD enger verbunden, Willy Brandt oder Helmut Schmidt? Oder doch Gerhard Schröder und Rudolf Scharping?
Blankenburg: Ich bin unter Helmut Schmidt wegen Willy Brandt in die SPD eingetreten. Scharping habe ich als extrem sympathisch erlebt, ganz anders als er im Fernsehen rüberkam, sehr menschlich und zugänglich. Und Schröder war nach meiner Überzeugung der richtige Mann zur richtigen Zeit für die SPD. Er hat mit seinen Sozialreformen sehr viel Richtiges gemacht. Leider hat er durch handwerkliche Fehler auch soziale Ungerechtigkeiten eingebaut, für die die SPD heute noch blutet.
Haben Sie ein politisches Vorbild?
Blankenburg: Ja, meine Vorbilder sind schon Brandt und Schmitt. Wenn ich mich für einen entscheiden müsste, wärs Willy.
Haben Sie jemand schon mal politisch unrecht getan?
Blankenburg: Ganz bestimmt, aber ohne dass ich jetzt ein konkretes Beispiel parat hätte.
Gibt es umgekehrt jemand, der an Ihnen etwas gutzumachen hätte?
Blankenburg: Ja und der wohnt nicht in Bad Kissingen. Das ist aber die einzige Antwort, die Sie dazu kriegen.
Sie sind über 20 Jahre im Stadtrat. Wenn Sie den Blick noch etwas darüber hinaus weiten, welche Zeit war dann nach dem Zweiten Weltkrieg die beste für Bad Kissingen?
Blankenburg: Einmal die späten 50-er und die frühen 60-er Jahre. Mit dem Wirtschaftswunder konnte man sich wieder etwas leisten und es sich gutgehen lassen. Das ist für einen Fremdenverkehrsort wichtig. Dann sicher auch das Ende des letzten Jahrhunderts, wo Bad Kissingen in ganz hervorragender Weise die tief greifenden gesetzlichen Änderungen im Gesundheitswesen gemeistert hat. Im Vergleich mit anderen Bädern hat Bad Kissingen das sehr gut überstanden, was der Arbeit geschuldet ist, die hier geleistet worden ist.
Hat diese Einordnung der Zeiten mit dem jeweils zu der Zeit amtierenden OB zu tun?
Blankenburg: Nein, das ist für mich jeweils eine Gemeinschaftsleistung gewesen. In den Neunzigern hat Bad Kissingen erkannt, dass man gemeinsam arbeiten und sich um ein besseres Gesamtangebot bemühen muss. Vorher musste man sich nicht so um einander kümmern. Als es nötig war, hat man es aber getan.
Versuchen Sie doch ihre unmittelbaren Vorgänger zu qualifizieren. Nur jeweils in einem Satz.
Blankenburg: Ich habe Dr. Weiß nie kennengelernt. Er muss aber mutig gewesen wein, denn Bad Kissingen hatte damals eine der ersten Fußgängerzonen in Bayern und es ist schwer einem Autofahrer eine Straße wegzunehmen, auf der er mal fuhr. Straus habe ich ebenfalls politisch nicht mehr erlebt. Ihn habe ich danach aber als Mann mit sehr großem Interessenspektrum und einer enormen Bildung erlebt. Er war vielfältig interessiert und belesen. Christian Zoll war der große Mann der Kissinger SPD, für den ich sehr viel Sympathie empfinde. Es gab keinen in der SPD, mit dem ich so schön streiten konnte und es ist nie 'was hängen geblieben.
Sagen Sie auch etwas zu Laudenbach?
Blankenburg: Laudenbach halte ich zugute, dass er das, was er gemacht hat, auch das, was falsch war, mit Überzeugung gemacht hat. Ich habe von ihm auch gelernt, wie das Verhältnis Oberbürgermeister-Stadtrat nicht sein sollte.
Was sehen Sie als Ihren größten Erfolg als Politiker?
Blankenburg: Der steht noch bevor.
Was war der schlimmste Misserfolg?
Blankenburg: Das sind leider zwei: Dass es bis jetzt nicht gelungen ist, eine Neuansiedlung für das Kurhaushotel zu finden, und dass es leider noch nicht möglich war, die neue Altstadt baulich so voranzutreiben, dass man was sieht.
Hier ist eine Liste mit Attributen für Politiker: visionär, ausgleichend, polarisierend, streitbar, integrativ, tatkräftig, ehrgeizig,, moderat, ideologisch, sparsam, mit Augenmaß agierend, prinzipientreu, pragmatisch. Welche drei davon passen am besten zu Ihnen?
Blankenburg: Tatkräftig, ehrgeizig, ausgleichend.
Wenn Sie könnten, welche wichtige Entscheidung Ihres Lebens würden Sie heute anders treffen?
Blankenburg: Das kann ich aus dem Stegreif nicht beantworten. Ich kann nicht ausschließen, dass ich wieder Jura studieren würde.
Wann war Ihnen erstmals klar, dass sie OB werden wollten?
Blankenburg: Nicht lange vor meiner Nominierung, wenn ich ganz ehrlich bin. Ich hatte ja seit 1994 erfolglos für den Landtag kandidiert und wäre eigentlich dran gewesen, einen sicheren Listenplatz zu bekommen, so dass ich eigentlich in eine andere Richtung orientiert war. Als ich dann für die OB-Wahl nominiert wurde, wollte ich es natürlich auch werden.
Waren Sie überrascht, als Sie 2008 im konservativen Bad Kissingen knapp zum OB gewählt wurden?
Blankenburg: Ich hatte die Möglichkeit, dass ich gewinnen könnte, erstmals nach einer Veranstaltung im Tattersall in Erwägung gezogen. Der Eindruck hat sich dann im ersten Wahlgang bestätigt. Fest kalkuliert, dass ich OB werde, hatte ich aber nicht.
War ja auch knapp. In Bad Kissingen kann die SPD nur stark sein, wenn die CSU gerade schwach ist, stimmt das?
Blankenburg: Ja, die CSU muss helfen, sonst wird es für die SPD schwierig.
Was wollen Sie unbedingt noch erreichen als Politiker?
Blankenburg: Wenn ich aus dem Amt ausscheide, möchte ich Bad Kissingen besser übegeben als ich es übernommen habe. Ich denke da an eine Nachfolge für das Steigenberger. Ich möchte noch ein Thermenhotel, ein neues Hallenbad, einen neuen Wohnmobilstellplatz. Und natürlich möchte ich unbedingt, dass Bad Kissingen Weltkulturerbestadt wird.
Gibt es ein privates Projekt, von dem Sie für den Ruhestand träumen?
Blankenburg: Das Wort Projekt ist zu groß. Ich möchte noch viel Zeit mit meiner Frau genießen dürfen und meine Sprachkenntnisse verbessern.
Was war das größte Manko der Stadt als Sie OB wurden?
Blankenburg: Ich glaube, es waren zu viele Luftschlösser gebaut worden. Es waren auch zu viele unüberlegte Entscheidungen getroffen worden, die von jetzt auf dann umgesetzt werden mussten. Das hat intern und extern viel Vertrauen gekostet.
Gibt es jetzt etwas, was unbedingt abgestellt werden muss?
Blankenburg: Wir müssen ganz bestimmt mit der Fußgängerzone vorankommen.
Was war die wichtigste Entscheidung des Stadtrats in Ihrer bisherigen Amtszeit als OB?
Blankenburg: Man könnte da jetzt Lieblingsprojekte aufzählen. Ich glaube aber, von der Wirkung her, ist es die Novelle des Bebauungsplans Sondergebiet Kurgebiet. Wir merken an den Anfragen, dass das wirklich etwas bewegen wird.
Was war das größte Versäumnis?
Blankenburg: Wenn ich vorher gewusst hätte, wie lange die Fußgängerzone dauert, dann hätten wir den Berliner Platz doch vorher gemacht. Ich persönlich jedenfalls würde heute in der Frage anders stimmen.
Mussten Sie bei einer Entscheidung auch mal über Ihren Schatten springen?
Blankenburg: Gefühlt bestimmt. Im Grunde macht man das bei jedem Haushalt. Da stimmt man, um eine tragfähige Mehrheit zu bekommen, Dingen zu, die man selber in der Priorität anders eingeordnet hätte.
Wenn Sie in politischen Fragen zweifeln, wen fragen Sie dann um Rat?
Blankenburg: Das hängt von der Fragestellung ab. Meine Frau. Je nach Fachgebiet, das entsprechende Fachgebiet im Rathaus. Meinen Freund Bernd Czelustek.
Der städtische Anteil an der Staatsbad GmbH wird demnächst zur Mehrheit. Gibt es aus Ihrer Sicht eine absolute Untergrenze für die Beteiligung des Freistaats am Kurbetrieb?
Blankenburg: Der Freistaat hat für sich eine Untergrenze definiert und anderswo bereits durchgesetzt, die liegt bei Null. Wichtiger als die Beteiligung ist mir aber, inhaltlich muss klar sein, dass die Verantwortung für Grundstücke und Gebäude beim Freistaat liegt. Das ist für mich die Untergrenze. Es wäre unredlich zu sagen, wir hätten in der Hand, dass der Freistaat auch in 50 Jahren noch an der Staatsbad GmbH beteiligt sein wird. Es gibt aber keinen Plan und keine aktuelle Überlegung, irgendwelche weiter Anteile zu übernehmen. Am Ende ist es aber bei einer rein finanziellen Beteiligung, die auch noch gedeckelt ist, nur eine Frage des Preises.
Von der Weltkulturerbebewerbung ist kaum etwas zu hören. Wie weit ist die Entscheidung noch entfernt?
Blankenburg: Ich hoffe nicht mehr weit. Die Vorstufe der Bewerbung war jetzt erfolgreich. Der endgültige Antrag wird wohl im Frühjahr 2019 eingereicht werden. Das war früher geplant. Aber es ist besser, etwas später eine sehr gute Bewerbung abzugeben als eine schnelle. Ich gehe davon aus, dass im Jahr 2020 entschieden wird.
Was wird sich durch die Aufnahme in die Unesco-Liste für Bad Kissingen ändern?
Blankenburg: Wenn ich die Frage korrigieren darf: Was würde sich ändern? Es würde sich in zwei Richtungen entwickeln. Nach innen wäre da der Stolz der Bürger und die Identifikation mit dem Projekt. Von außen würde es die Aufmerksamkeit von Kulturinteressierten erhöhen und auch deutliche Mehreinnahmen bringen. Kulturtourismus ist ein echter Wirtschaftsfaktor. Ich verspreche mir auch etwas vom Austausch der an der Bewerbung beteiligten Kommunen. Wer sich für den einen interessiert, schaut sich auch den anderen an.
In der Vergangenheit war Kissingen seiner Zeit oft voraus. Aber jetzt? Fehlt es an Geld oder an Ideen?
Blankenburg: Abgesehen von der Plattitüde, dass am Geld immer etwas scheitert, neige ich zu Widerspruch. So wie wir den Rosengarten angelegt haben, ist er die einzige Anlage dieser Art in Deutschland. Wir sind gerade dabei, eine wirklich zukunftsweisende Tourist-Info zu schaffen. Wir entwickeln unsere Therme ständig weiter. Wir wollen dem Trend zu E-Bike und Wohnmobilen Rechnung tragen und auch da unserer Zeit voraus sein.
Ihnen wird immer wieder mal vorgeworfen, im Bad Kissingen des Oberbürgermeisters Kay Blankenburg bewege sich zu wenig. Trifft Sie das?
Blankenburg: Nicht mehr. Ob das jetzt daran liegt, dass man es kaum noch hört, oder daran, dass es ein so evidenter Schwachsinn ist. Gehen Sie offenen Auges durch die Stadt, wann haben Sie das letzte Mal so viele Baustellen gesehen.
Warum kommt die Behauptung trotzdem immer wieder?
Blankenburg: Weil es Leute gibt, die Interesse dran haben, das zu verbreiten.
Können Sie aus der Erinnerung sagen, wie lange sich die Kaugummidiskussion über die Neugestaltung der Fußgängerzone schon zieht?
Blankenburg: Ich habe ja schon gesagt, viel zu lange. Wir haben mit den ersten Überlegungen 2009/2010 begonnen. Einerseits leide ich wirklich darunter, dass es so lange dauert. Ich kann aber angesichts der damit einher gehenden Risiken nicht sagen, dass man Bedenken zur Seite wischen sollte. Was ich mir anlaste, ist, dass ich zu früh einen Termin für den Beginn der Bauarbeiten genannt habe. Das habe ich zwar nach bestem Wissen und Gewissen getan, aber er ist nicht möglich, jetzt einen festen Termin zu nennen. Ich halte mir aber zu Gute, dass ich das Thema angenommen habe. Die Aufforderung des Wasserwirtschaftsamts dazu gab es schon deutlich vor meiner Amtszeit.
Die städtischen Finanzen lassen seit Jahren aber auch wenig Gestaltungsspielraum.
Blankenburg: Ja, das ist eine traurige Tatsache. Wir müssen uns immer nach der Decke strecken. Die Schwerpunkte, wie etwa die Schulen, haben wir in großer Übereinstimmung gemacht. Ich würde gerne noch mehr tun, man könnte da auf attraktive Förderung setzen, aber was sollen die Beschäftigten im Tiefbaureferat noch alles machen.
Natürlich wäre es leichter, wenn wir statt 27 Millionen Euro Schulden, 27 Millionen Guthaben hätten.
Mit Verweis auf die Finanzlage behaupte ich, die Entscheidung für die teure Lösung im Rosengarten hat viele Kissinger verärgert.
Blankenburg: Das ist so. Ich würde diese Entscheidung aber wieder so treffen, weil ich einen Vergleich aufmache: Wir hatten einen Brunnen, der war kaputt. Der war ein Wahrzeichen Bad Kissingens, das alle wiederhaben wollten. Das hätten wir für 900 000 Euro bekommen. Der städtische Anteil an der großen Lösung liegt bei 1,25 Millionen Euro. Wir haben für diese 350 000 Euro, die diese Stadt mehr ausgegeben hat, einen Brunnen, wie ihn keine andere Stadt in Deutschland hat. Dazu einen Rosengarten, der neu gestaltet ist, ohne seinen alten Charme zu verlieren. Er ist barrierefrei und hat eine Beregnungsanlage, die uns viel Geld sparen wird. Wenn einer sagt, ich brauche gar keinen Brunnen oder einen für 200 000 Euro ist das eine andere Diskussion.
Wenn das so einfach ist, wäre es aber nicht nötig gewesen, darüber nichtöffentlich zu befinden.
Blankenburg: Es steht außer Frage, dass wir bei der Kommunikation Fehler gemacht haben.
Das Problem ist doch außerdem, dass parallel zur Rosengartenentscheidung ein paar kleine Bürgeranliegen auf der Kippe standen oder gekappt wurden. Die Reiterstege sind Beispiele dafür oder auch die zeitweiligen Pläne, an Reparaturen bei den Quellsteinen zu sparen.
Blankenburg: Ja, man muss immer zusammen sehen, dass jeder seine Lieblingsprojekte für wichtiger hält als die anderen. Die Quellsteine sind ein besonders schönes Beispiel, weil ich mich erinnern kann, dass viele gemeckert haben, als sie aufgestellt wurden.
Ich habe die damals auch langweilig gefunden. Aber das ist doch kein Grund, für Wasser angelegte Steine 20 Jahre später trocken dastehen zu lassen, bloß weil man einen niedrigen fünfstelligen Betrag für Reparaturen an der Technik einsparen will.
Blankenburg: Für mich ist auch entscheidend, ob eine Investition dazu beiträgt, dass sie Geld nach Bad Kissingen bringt. Mir ist aber bewusst, dass man das nicht nur auf den touristischen Bereich beziehen darf. Ich habe mir auf die Fahne geschrieben, dass wir nicht nur auf die Kernstadt schauen, sondern auch auf die Stadtteile.
Im Prinzip haben Sie Glück, dass der Freistaat zurzeit in Bad Kissingen dicke Bretter bohrt. Was machen Sie denn aus der großen Chance, die der Innenhof des Luitpoldbads darstellt?
Blankenburg: Unser erstes Anliegen war, das Gebäude öffentlich zugänglich zu kriegen. Das ist der östliche Eckrisalit der für Trauungen genutzt werden kann. Den Innenhof werden wir konkret zweimal im nächsten Kissinger Sommer mit Konzerten bespielen. Darüber hinaus sind wir noch ein bisschen vorsichtig, konkrete Dinge abzuschließen.
Mehr wollen Sie nicht damit anfangen?
Blankenburg: Wir wollen da jetzt nichts übers Knie brechen. Aber der Innenhof wird nicht brach liegen.
Was wäre Bad Kissingen heute, wenn es den Kissinger Sommer nicht gäbe?
Blankenburg: Diese Frage ist nur scheinbar einfach zu beantworten. Ohne ihn wäre Bad Kissingen provinzieller und weniger bekannt und auch für die eigenen Bürger weniger attraktiv. Ich kann aber nicht beantworten, was geschehen wäre, wenn man sich vor 30 Jahren entscheiden hätte, etwas anderes als Klassik als Werbeträger zu wählen. Heute ist der Kissinger Sommer nicht wegzudenken und alle Diskussionen darum ranken sich ausschließlich um das Wie und nicht das Ob.
Sie haben den Intendantenwechsel konsequent betrieben. Warum war der notwendig?
Blankenburg: Die Verdienste von Frau Dr. Wolfsjäger sind absolut unbestritten, aber irgendwann ist es notwendig, dass ein Festival neue Einflüsse bekommt. Anderswo ist der Wechsel das Normale. Andererseits sind wir mit Kontinuität gut gefahren. Also, man kann sicher über den Zeitpunkt diskutieren, aber der Vertrag war abgelaufen und wir hatten lange vorher vereinbart, dass dies die letzte Vertragsverlängerung sein sollte.
Was wird eigentlich bei realistischer Einschätzung aus der Brachfläche, auf der einst das Steigenberger stand?
Blankenburg: Die Position der Stadt ist klar. Wir wollen da ein Hotel der gehobenen Kategorie haben. Es gab viele Überlegungen von andere Seite, was man stattdessen dort machen könnte. Ich habe aber nichts in Erinnerung, was ich annähernd als akzeptabel einstufen würde. Diese Stelle ist das Scharnier zwischen Stadt und Kurviertel.
Gutes Auskommen mit dem Finanzministerium in München gehört quasi zu den Amtspflichten eines Kissinger Oberbürgermeistes. Sehen Sie das auch so?
Blankenburg: Die Amtspflicht ist, sich so zu verhalten, dass es einerseits ein gutes Verhältnis gibt, andererseits aber die eigenen Interessen nicht dem guten Verhältnis zu opfern. Es ist sicher wichtig, dieses Verhältnis nicht unnötig zu belasten. Das kann aber nicht bedeuten, dass man die Interessen der Stadt nicht betont. Dieses Betonen muss man aber auch nicht immer öffentlich tun.
Ihr Verhältnis zu Markus Söder scheint besonders gut zu sein. Hätten Sie sich das als Juso träumen lassen?
Blankenburg: In meinen politischen Flegeljahren hätte ich mir das sicher nicht vorstellen können. Man lernt irgendwann zu akzeptieren, dass jemand in einer anderen Partei auch eine gute Idee haben kann. Was nichts daran ändert, dass wir die Guten sind.
Was ist der Ursprung der guten Zusammenarbeit? Gegenseitiges Vertrauen oder der Umstand, dass der Staat zurzeit in Steuer-Geld schwimmt?
Blankenburg: Dass beide sich bemühen, mit der anderen Seite wirklich fair und ehrlich umzugehen. Dass das in einem reichen Land wie Bayern einfacher ist, steht außer Frage.
Ich habe den Eindruck, dass Sie sich mit Terminen, vielleicht sogar insgesamt bei der Präsenz im Amt, etwas zurückgenommen haben.
Blankenburg: Ich würde nicht ausschließen, dass ich etwas kritischer auswähle als in der Euphorie der Anfangszeit.
Bedeutet das etwas für die Zukunft?
Blankenburg: Wenn ich bei der Terminauswahl etwas genauer bin, dann bedeutet das wirklich nur, dass ich versuche, die Dinge zu tun, die notwendig sind. Dahinter steht eine klare Gewichtung in Bezug auf inhaltliche Arbeit. Was in keiner Weise dahinter steht, ist Amtsmüdigkeit. Ich gehe an den meisten Tagen sehr gerne zur Arbeit.
Bei der Kommunalwahl 2020 sind sie 62 Jahre und vier Monate alt. Sie dürfen also erneut antreten. Werden Sie es auch tun?
Blankenburg: Es gibt Einflussfaktoren, die nicht in meiner Macht liegen. Solche Unsicherheiten unterstellt, sage ich ja. Aber ich strebe keine vierte Amtszeit an.
Kay Blankenburg
Oberbürgermeister von Bad Kissingen ist der SPD-Politiker seit 2008. Damals wurde er mit weniger als 100 Stimmen Vorsprung vor dem CSU-Kandidaten Alexander Zöller in der Stichwahl zum ersten Mal in sein Amt gewählt. 2014 bestätigten ihn die Kissinger mit deutlichem Vorsprung vor Michael Heppes (CSU) als Stadtoberhaupt.
Geboren wurde Blankenburg am 2. Dezember 1957 in Bamberg Er wuchs in Oberfranken auf, legte in Bamberg das Abitur ab und absolvierte nach dem Grundwehrdienst ein Studium der Rechtswissenschaften an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg. Das anschließende Referendariat führte in zunächst wieder in den Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg. 1989 ließ sich Blankenburg als 1989 Rechtsanwalt in Bad Kissingen nieder und war nebenberuflich zeitweise Dozent in der Erwachsenenbildung. Stadtrat und Kreisrat ist er seit 1996. far
Er ist in der Lage entweder selbst zu kandidieren oder einen fähigen Kandidaten zu präsentieren. Es wird Zeit, dass die CSU aus Ihrem Dornröschenschlaf wieder erwacht und zeigt, dass es im Gegensatz zur Bundespolitik durchaus eine starke CSU gibt. Vor allem müssen im Stadtrat der CSU die Schläfer durch wache, neue Räte dringend ersetzt werden.