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Staatsbad Brückenau
BKO musiziert schwungvoll und kontrastreich
Das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau nahm die Zuhörerinnen und Zuhörer an Dreikönig mit auf eine musikalische Reise nach Italien, Griechenland und Palästina.
Das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau begeisterte beim Dreikönigskonzert.       -  Das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau begeisterte beim Dreikönigskonzert.
Foto: Gerhild Ahnert | Das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau begeisterte beim Dreikönigskonzert.
Thomas Ahnert
 |  aktualisiert: 20.01.2024 02:57 Uhr

Es war ein durchaus heiterer Einstieg, mit dem das Bayerische Kammerorchester (BKO) Bad Brückenau unter Leitung seines Chefdirigenten Sebastian Tewinkel und der Klarinettist Sebastian Manz das Konzertjahr 2024 mit seinem Dreikönigskonzert startete. Das konnte man bei dem Thema auch erwarten: „Mittelmeer“ oder auch „Rund ums Mittelmeer“.

Aber das traf die Sache nicht ganz. Denn es ließen sich zwar die vier Werke des Abends in Italien, Griechenland und Palästina verorten, aber für „rund um“ fehlte Spanien, einer der großen Musiklieferanten. Sei’s drum. Einigen wir uns auf „rund um das östliche Mittelmeer“.

Haydn und das Mittelmeer

Wobei natürlich gleich zu Beginn die Frage auftauchte, was Joseph Haydn , dessen Sinfonie G-dur Hob.I:8 mit dem Beinamen „Le soir“ zu Beginn erklang, mit dem Mittelmeer zu tun hatte, an dem er nie war. Man muss gar nicht mit mediterranen Stimmungen der Sinfonie argumentieren. Als Haydn das Werk schrieb, war Österreich ein Mittelmeer-Anrainerstaat, der über die Hafenstadt Triest und Umgebung einen eigenen Zugang zur Adria hatte.

Das konnte dem damals 29-Jährigen ziemlich egal sein, der gerade seine Stelle als Vizekapellmeister des Fürsten Esterházy fernab von jeglichem Meer angetreten hatte, und der von seinem neuen Dienstherrn den Kompositionsauftrag zu den drei Tageszeiten-Sinfonien erhalten hatte.

Die Brückenauer machten mit ihrer Interpretation wunderbar deutlich, dass es sich hier um eine Antrittskomposition handelte, dass der Komponist sich mit seinen neuen Kollegen des höfischen Eliteorchesters gutstellen wollte und ihnen viele Gelegenheiten zum solistischen Bemerkt-Werden bot. Denn das Vergnügen, das die Hofkapelle damals (vermutlich) hatte, hatten jetzt auf jeden Fall die Brückenauer, die nicht nur tänzerisch schwungvoll und kontrastreich musizierten, sondern die auch sehr betont bei ihren Solopassagen aus dem Tutti heraustraten.

Kontrabass heimlicher Herrscher

Auffallend war das im Menuett, das Haydn einem Instrument gegönnt hat, das selten Beachtung findet, obwohl es der heimliche Herrscher des Orchesters ist: der Kontrabass. Fatima Agüero Vacas nutzte die Gelegenheit mit köstlichem Engagement und trieb mit kräftigen Strichen das ganze Orchester vor sich her. Das konnte so gleich Anlauf nehmen für den letzten Satz: „La tempestà“. Und der tobte wirklich.

Und dann kam Sebastian Manz mit seiner Klarinette. Es lockerte die ganze Sache sehr auf, dass er mit Sebastian Tewinkel erst einmal ein bisschen über das Instrument plauderte, über echte Schwierigkeiten und vermeintliche Schwierigkeiten, die nur so aussehen und klingen, als ob.

Aber man hätte auch so erkennen können, dass Gioachino Rossini in seinem „Introduktion, Thema und Variationen“ in die fünf Variationen Schwierigkeiten hineingepackt hat, als wollte er sich an den Klarinettisten für irgendetwas rächen. Aber sowohl der Solist als auch das Orchester blieben locker und entspannt, gestalteten die Variationen sehr differenziert mit den typischen Rossinischen Zutaten wie federnden Rhythmen und mitreißenden Beschleunigungen.

Mit unglaublichem Tempo

Und Sebastian Manz legte blitzsauber geblasene Läufe in zum Teil unglaublichen Tempo hin, dass man mit dem Hinterherhören Schwierigkeiten hatte. Darüber lachten allerdings alle, als er plötzlich eine typische „reiterliche“ Phrase auf der Ouvertüre zu „Guillaume Tell“ in sein Spiel hineinkadenzierte.

Werke des Griechen Nikos Skalkottas hört man hierzulande nur selten. Deshalb ist man auch immer wieder überrascht, was für schöne Musik er schreiben konnte wie in seinen „Fünf griechischen Tänzen“ – einer Gattung, die er immer wieder bedient hat: folkloristisch gegründet, aber in eine moderne Klangsprache gewendet. Das Zuhören machte ganz einfach Spaß, weil die Streicher diese Klangsprache sehr gut herausarbeiteten mit präsenten, aber nie penetranten Grundrhythmen und mit spannenden harmonischen Gestaltungen wie bei dem leisen, federnden Marschieren in „Kretikos“, oder mit den harmonischen Reibungen in „Tsamikos“, die fast ein bisschen betrunken wirken.

Das enorm sangliche“ „Arkadikos“ mit seiner steigenden Spannung hätte ruhig länger dauern können. Aber das geradezu brutale „Kleftikos“ drängelte – erstaunlich, welche beklemmenden Kräfte ein aggressives Streichorchester freisetzen kann. Am Ende stand die „Hebrew Fantasy“ für Klarinette und Streicher, die der in der Ukraine geborene Amerikaner Samuel Gardner 1921 geschrieben hat. Auch in dieser von der Klezmermusik geprägten Fantasie zeigte sich wieder einmal, wie sehr Sebastian Tewinkel und seine Leute rhythmisch komplizierte Sätze zu schätzen wissen.

Klangfarben und Verläufe gezaubert

Die eigentliche Überraschung bot aber wieder Sebastian Manz, der das Werk anging wie Gershwins „Rhapsody in Blue“, also mit den Glissandi der „lachenden Klarinette“. Nein , es war schon toll, was er da an Klangfarben und Verläufen zauberte, wie er sie zum Teil sogar durch Mitsingen beeinflusste und veränderte.

Ein toller Schluss. Als Zugabe gab’s das wunderbare Adagio aus Mozarts Klarinettenkonzert, wunderbar schwerelos gespielt und ansatzlos weich geblasen. Vielleicht hätte das Tempo ein bisschen schneller sein können, um die große Emotionalität noch ein bisschen zu verdichten und dem Zuhörer die Möglichkeit zu nehmen, sich an die einzelnen Klänge zu gewöhnen, und so trotz des langsamen Tempos so etwas wie Vortrieb zu erzeugen.

 

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