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Bad Kissingen
Beliebter als je zuvor
Lammbraten zu Ostern hat Tradition. Doch bei den Züchtern herrscht inzwischen das ganze Jahr über Nachfrage. Ein Besuch bei Familie Alles in Frauenroth.
Lämmer im Stall bei Familie Alles in Frauenroth Foto: Kathrin Kupka-Hahn       -  Lämmer im Stall bei Familie Alles in Frauenroth Foto: Kathrin Kupka-Hahn
| Lämmer im Stall bei Familie Alles in Frauenroth Foto: Kathrin Kupka-Hahn
Kathrin Kupka-Hahn
 |  aktualisiert: 20.08.2022 02:41 Uhr
Dicht gedrängt stehen sie im Stall. Wollig, mollig eingehüllt in einem dicken, gelockten Pelz. Einige Tiere haben helle Köpfe, manche ganz Schwarze. Andere wiederum tragen schwarze Flecken in ihren Gesichtern. Die beiden Lämmer jedoch sind einfarbig, eierschalenfarben, fast weiß, wie einem Bilderbuch entsprungen. "Määhh", tönt es durch den Stall. Zwei, drei Mal. Es hört sich irgendwie klagend an. Ob es von der Mutter kommt, die ihre beiden Kleinen sucht? Noch ein letztes Foto, dann dürfen die Zwei wieder zurück zur Herde.
Etwa 60 Mutterschafe leben momentan bei Rainer Alles im Stall. Die mit den schwarzen Köpfen sind Rhönschafe, die anderen gehören zur Rasse der Merinos. "Und die Gefleckten sind eine Mischung aus beiden", erklärt er. Das Ergebnis einer natürlichen "Genmanipulation". Schließlich vereine ein solches Mischschaf die guten Eigenschaften beider Rassen.


Gute Mischung

"Das zarte Fleisch des Rhönschafes mit den wirtschaftlichen Proportionen des Merinos", fügt sein Sohn Markus hinzu. Seit 2011 betreibt der 30-Jährige Metzgermeister und Betriebswirt mit seinem Vater die Rhöner Spezialitätenmetzgerei Alles. Die Frauen der beiden unterstützen sie im Verkauf. Bruder Stefan kümmert sich überwiegend um den landwirtschaftlichen Betrieb und die Versorgung der Schafe.
Noch können diese nicht ins Freie auf die Weide nahe Frauenroth. Das wird erst Ende April, Anfang Mai möglich sein. "Wenn das Gras wieder richtig wächst", sagt Rainer Alles. So lange müssen die Tiere noch mit der Behausung auf dem Hof der Familie Vorlieb nehmen, dürfen nur ab und an auf die nahe gelegene Grünfläche, um sich "auszutoben". In ihrem Winterquartier werden sie täglich mit Silage und Heu gefüttert. Letzteres hüllt den Stall in eine nach Sommer riechende Duftwolke. Natur pur. Chemische Zusätze oder industriell hergestelltes Futter gibt es hier nicht.
"Unser Fleisch hat schon Bio-Qualität", ist Markus Alles überzeugt. Doch es fehlt die entsprechende Zertifizierung. Die ist für den kleinen Familienbetrieb einfach zu aufwendig. Schließlich investiert die Familie ihre Zeit lieber in die Aufzucht der Schafe. Dabei ist ihnen auch wichtig, dass die Muttertiere nicht zu oft Nachwuchs bekommen. "Unsere lammen nur einmal im Jahr, etwa ein Drittel im Herbst. Dann haben die Lämmer nach sechs Monaten die richtige Größe, um pünktlich fürs Osterfest geschlachtet zu werden", erklärt der Seniorchef und lässt seinen Blick zufrieden über die Herde schweifen.
Entspannt stehen die Mutterschafe an der Futterkrippe, zermahlen die getrockneten Halme zwischen ihren Kiefern. "Määhh!" Ob es ihnen schmeckt? Eine Frage, die sich Rainer Alles noch nie gestellt hat. Seit 1986 ist er Schäfer, kennt alle seiner wolligen Vierbeiner und ihre Eigenheiten. "Schon beim Füttern reicht ein Blick, um zu sehen, wie es ihnen geht, was los ist", sagt er. Namen haben die Tiere bei ihm nicht, nur ganz außergewöhnliche Exemplare, wie etwa die "Suggi". Die wurde mit der Flasche großgezogen. "Und darf eines Tages eines natürlichen Todes sterben", fügt er hinzu.
Alle anderen werden verarbeitet. Die älteren Schafe zu Wurst, das Fleisch der Lämmer hingegen wird portioniert, um als Haxen, Koteletts oder Lendchen verkauft zu werden. Besonders jetzt zur Osterzeit sind Nachfrage und Angebot an der Fleischtheke groß. Lammfleisch galt bis vor einigen Jahren noch als Delikatesse, die nur im Frühjahr gegessen wurde. Inzwischen hat sich das extrem gewandelt. "Lamm wird das ganze Jahr über gewünscht", so Metzgermeister Markus Alles. Ein Trend, der auch den Familienbetrieb beschäftigt. Denn nicht immer sind die Kunden bereit, für ein Kilo Lammfleisch zwischen zehn und 20 Euro zu bezahlen, weil man es beim Discounter deutlich billiger bekommt.


Vom Weidetier zum Broterwerb

Bei Familie Alles herrscht schon seit Wochen Hochbetrieb. Egal ob in der Rhöner Spezialitätenmetzgerei in Frauenroth oder am Verkaufswagen auf den Wochenmärkten in Burkardroth, Oberthulba, Bad Kissingen oder Hammelburg. Schließlich ist am kommenden Wochenende Ostern. Da will jedermann nicht nur genügend Vorräte im Kühlschrank haben, sondern auch die eine oder andere Festmahl zubereiten, beispielsweise vom Lamm.
"Heuer haben wir eine große Nachfrage", sagt Markus Alles, der die Spezialitätenmetzgerei gemeinsam mit seinem Vater Rainer betreibt. Der Großteil des momentan angebotenen Fleisches stammt aus dem eigenen Betrieb mit rund 60 Mutterschafen. In den vergangenen Wochen hatten der Metzgermeister und sein Vater gut zu tun, die Tiere zu schlachten und für den Verkauf vorzubereiten. "Wir mussten sogar einige Lämmer hinzukaufen", sagt Markus Alles. Entsprechend vielfältig ist nun das Angebot, das unter anderem aus Haxen, Keule, Koteletts oder Rollbraten besteht.


Zur Pflege der Weiden

Eigentlich hatte Rainer Alles andere Pläne. Als er 1982 der Liebe wegen nach Frauenroth zog, wollte er nur ein paar Schafe als Hobby halten. Schon sein Vater in Steinach hatte welche, aus einer Not heraus. "Uns gehörte Weideland, das regelmäßig gemäht und gepflegt werden musste", erinnert sich der 55-Jährige. Viele Jahre haben das Landwirte erledigt, weil sein Vater sie darum bat. Manchmal sei das Heu auch verbrannt worden, wenn es nicht gebraucht wurde, erinnert sich Rainer Alles. Um das Problem langfristig zu lösen, wurden damals Schafe angeschafft. Sie pflegten einen Teil der Weide, das Gras wurde zu Silo oder Heu verarbeitet, was die Tiere im Winter zu fressen bekamen.
In Frauenroth heimisch geworden, versuchte Rainer Alles 1986 sein Glück mit einer eigenen Schafhaltung. Der dafür notwendige Stall wurde dorthin gebaut, wo die Familie heute wohnt, auf einem Grundstück in der Straße An der Klostermauer, nicht weit von der Hutbuche entfernt. "Früher war hier alles Wiese", so der Seniorchef, die Fläche zählte damals zum Außenbereich Frauenroths.


Die richtige Entscheidung

Doch der gelernte Metzger hatte ein richtig gutes Händchen, die Herde vergrößerte sich. Schließlich entschloss sich die Familie, in unmittelbarer Nähe zum Stall ihr Wohnhaus zu errichten. Das Gebäudeensemble galt damals noch als Aussiedlerhof. "Ein Neubaugebiet wäre nie infrage gekommen. Dort hätte ich schließlich keine Schafe halten dürfen", erinnert sich Rainer Alles.
Heute sind deutlich mehr Bauwerke auf dem Hof zu finden, unter anderem die Spezialitätenmetzgerei. Seit fünf Jahren bietet die Familie hier nicht nur Lamm- und Schafprodukte an, sondern auch Wurst und Fleisch von Rind und Schwein sowie einige Produkte regionaler Vertriebspartner vom Bauernladenverein. "Dem gehören wir seit 1992 an", erzählt Rainer Alles. Damit begann für den gelernten Metzger auch die Vermarktung seiner Hofprodukte rund ums Schaf. Anfangs produzierte er Wurst, die er auch auf den Wochen- und Bauernmärkten der Region verkaufte, Lammfleisch gab es nur direkt ab Hof im "Kleinen Lammlädchen", das 1994 eröffnet wurde. Später ergänzte auch Schafskäse die Angebotspalette.


Bis zu 100 Muttertiere

Schließlich zählte Alles Schafherde zu Spitzenzeiten 100 Muttertiere. Heute sind es deutlich weniger, was aber kein Nachteil ist. Schließlich hat der Familienbetrieb in dem auch Sohn Stefan mitarbeitet, inzwischen mehrere Standbeine neben der Schafhaltung - die Spezialitätenmetzgerei mit eigenem Schlachtbetrieb und einen Cateringservice. Die Geschäfte gehen gut, momentan herrscht Hochbetrieb.

 
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