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Wollbach bei Bad Kissingen
Beim Rind zählt Klasse statt Masse
Aus unserer Serie "Woher kommt unser Essen?" Noch immer entscheiden sich Leute dafür, einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb zu betreiben.
Sandra Groten aus Wollbach hat sich für die Haltung von Wasserbüffeln entschieden. Hier füttert sie ihre Tiere mit Äpfeln. Foto: Kathrin Kupka-Hahn       -  Sandra Groten aus Wollbach hat sich für die Haltung von Wasserbüffeln entschieden. Hier füttert sie ihre Tiere mit Äpfeln. Foto: Kathrin Kupka-Hahn
| Sandra Groten aus Wollbach hat sich für die Haltung von Wasserbüffeln entschieden. Hier füttert sie ihre Tiere mit Äpfeln. Foto: Kathrin Kupka-Hahn
Kathrin Kupka-Hahn
 |  aktualisiert: 19.08.2022 18:20 Uhr
Viel Zeit hat Sandra Groten heute nicht. Dennoch verteilt sie die Äpfel per Hand an ihre Wasserbüffel. Giovanni, der Bulle, bekommt den Größten, das Kälbchen Bruno den Kleinsten. Die restlichen Früchte steckt sie den beiden Damen zu. So geht das eine ganze Weile bis der Korb mit den Äpfeln leer ist. Von Hektik oder Eile ist nichts zu spüren. Obwohl die Zeit knapp bemessen ist und der nächste Termin wartet. Die Tiere strahlen Ruhe und Gelassenheit aus, die auf Sandra Groten überzugehen scheint. Liebevoll streicht sie über deren Flanken. Die Sonne scheint. Das Kauen der Tiere ist zu hören.
Seit August 2014 hält die Wollbacherin gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten die Wasserbüffel. "Uns haben die Tiere fasziniert", erklärt sie. Als weiteren Vorteil des kleinen landwirtschaftlichen Nebenerwerbs sieht sie den Ausgleich in der Freizeit. Sie und ihr Lebensgefährte arbeiten im Büro, genießen es, täglich draußen bei den Tieren zu sein und körperlich zu arbeiten. Bereut haben die beiden den Schritt nicht. Im Gegenteil. "Wenn ich unter Stress stehe, erreiche ich bei den Tieren gar nichts. Da stellen sie sich erst mal quer und fordern Streicheleinheiten ein, bis ich wieder runtergekommen bin", erzählt die 44-Jährige.
Zwei Jahre haben sich Groten und ihr Lebensgefährte auf die Tierhaltung vorbereitet und in ihrer Freizeit die Landwirtschaftsschule besucht. "Am schwierigsten ist es jedoch gewesen, Land für die Tiere zu finden", erzählt die Direktionsassistentin. Zwar stehen sie im Winter in der Wollbacher Flur, auf einem Grundstück, dass der Familie bereits gehörte. Doch wohin mit den Tieren im Sommer? Schließlich fanden sie Weideflächen in Katzenbach und Lauter. "Unser Kälbchen, der Bruno, ist sogar in Katzenbach geboren", fügt Groten hinzu.
Zwei Stunden verbringen sie und ihr Lebensgefährte täglich damit, sich um die Tiere zu kümmern. Unterstützung bekommen sie von der Familie, die auch gerne mal die Versorgung übernimmt, wenn sie verreist sind. Das Futter kaufen die Hobbylandwirte vor Ort. In dieser Hinsicht sind Wasserbüffel aber relativ anspruchslos. "Sie ernähren sich von minderwertigem Gras", so Groten.
Doch nur zum Streicheln und Stressabbauen sind die Tiere nicht da. "Nächstes Jahr wird der erste Büffel zur Selbstversorgung der Familie geschlachtet", erzählt die Wollbacherin. Langfristig plant sie mit ihrem Lebensgefährten jedoch eine Direktvermarktung aufzubauen um das Fleisch der Wasserbüffel zu verkaufen. "Schließlich ist es sehr hochwertig und für Allergiker geeignet", erklärt sie. Zudem sei der Geschmack außergewöhnlich. "Der liegt irgendwo zwischen Rind und Wild", fügt sie hinzu. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg, sind sich die beiden bewusst.


Keine rießigen Herden

Mit ihrem Ziel stehen Sandra Groten und ihr Lebensgefährte nicht alleine da. Etliche Landwirte in der Region halten Rinder im Nebenerwerb, viele vermarkten das Fleisch selbst, wie etwa Egon Zehe in Premich, der Angus-Rinder hält. "Um davon leben zu können brauchst du eine riesige Herde", weiß Georg Scheuring vom Bayerischen Bauernverband. Doch die Bauern mit riesigen Herden, sucht man in unserer Region vergeblich. Massentierhaltung gibt es nicht. Das belegen auch die Zahlen aus der jüngsten Viehzählung vom Mai 2016.
Demnach gibt es im Landkreis Bad Kissingen 321 Betriebe, die insgesamt 17.252 Rinder halten. 136 Landwirte davon betreiben Milchviehhaltung mit rund 5500 Milchkühen. Die restlichen rund 185 landwirtschaftlichen Betriebe halten Kälber und Rinder. Die Anzahl dieser Halter ist seit 1999 zwar zurückgegangen. Damals hat es noch 290 Rinderhaltungen im Landkreis gegeben. Jedoch ist die Zahl der Tiere relativ gleich geblieben. Gab es 1999 noch 14 500 Rinder und Kälber, waren es 2016 rund 12 000. Somit hält jeder der 185 Betriebe heute 65 Rinder und Kälber. Nicht alle werden geschlachtet, bei der Viehzählung wurden auch Mutterkühe erfasst, die für den Fortbestand der Herden sorgen.
Auch Jan Katzenberger hält Rinder als Nebenerwerbslandwirt. Auf seiner Weide in Frauenroth stehen "Charolais", nur die Kälber sind momentan im Stall auf dem Hof. Die Rinder haben ein weißes Fell und dienen wie die Wollbacher Wasserbüffel zur Fleischgewinnung. Elf Tiere umfasst Katzenbergers Herde. "Ich halte sie ausschließlich zur Selbstversorgung", sagt der 20-Jährige. Warum, das weiß er selbst nicht genau. "Ich wollte schon immer welche haben. Die erste Kuh wünschte ich mir zur Kommunion und bekam sie auch", erzählt der Zimmermann. Er ist mit der Landwirtschaft aufgewachsen. Auf dem Hof der Familie gibt es Pferde, Geflügel, Schweine und Kaninchen. Zudem werden Felder und Wiesen bewirtschaftet. Die Familie lebt und arbeitet so, wie es früher in der Rhön üblich war, nur nicht mit klassischem Fränkischen Gelbvieh, sondern mit den weißen Franzosen.
"Es gibt viele Wege, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu entwickeln. Da ist viel Kreativität drin", weiß Scheuring. Aber die brauche es auch, um am Markt zu bestehen. "Viele setzen deshalb auf Qualität statt auf Masse", fügt er hinzu.


Info: Zahlen rund ums Rindfleisch
Jeder Deutsche verzehrte laut Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie 2014 rund 60,3 Kilogramm Fleisch pro Jahr. Davon waren nur 8,9 Kilogramm Rind- und Kalbfleisch. Das entspricht einem Anteil von 15 Prozent. Den größten Anteil am Fleischkonsum nahm Schweinefleisch mit 38,2 Kilogramm ein (63 Prozent), gefolgt von Geflügelfleisch mit 11,5 Kilogramm.
Der Bio-Anteil bei Rindfleisch betrug 2015 nur 2,4 Prozent. Das schreibt foodwatch, ein Verein, der sich mit Rechten von Verbrauchern und der Qualität von Lebensmittel auseinandersetzt, auf seiner Internetseite mit Zahlen und Fakten zur Bio-Branche.
 
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