Manchmal braucht es einen Wasserrohrbruch, damit große Dinge zutage kommen. In der Kirche von Sennfeld bei Schweinfurt kam so ein ganzes Konvolut von Kompositionen ans Licht, das der Dorfschullehrer Johann Leonhardt Ludwig im 18. Jahrhundert zusammenstellte und mit Mitgliedern seiner Dorfgemeinde aufführte und das die Finder dem für Sennfeld zuständigen Dekanatskantor Jörg Wöltche in Bad Kissingen zukommen ließen. Der sah nicht nur die Einmaligkeit des Fundes, sondern erkannte auch die Relevanz der Kompositionen gerade für unsere heutige Zeit. Denn die alten Texte verbindet ein wesentlicher Inhalt mit uns: Die Kantaten zu den Sennfelder Friedensfesten von 1795 und 1797 konnten preisen, worauf wir heutzutage noch verzweifelt hoffen. Denn auch wir leben wieder in einer Kriegszeit , mit der wir bis vor kurzer Zeit nicht gerechnet hatten, und können den Lobpreis der Kantaten auf den Frieden nur allzu gut verstehen.
Frisch oder auch feierlich
Die Zelebrantin des Gottesdienstes, der im Rahmen des Festivals „ Kissinger Sommer “ stattfand, Pfarrerin Jacqueline Barraud-Volk, stellte diesen unter das Motto des Friedenspsalms „Ich liege und schlafe im Frieden“ und des Liedes „Gib Frieden, Herr, gib Frieden“ (EG 430). Hieran schloss sich nahtlos die Sennfelder Kantate von 1795 an, die durch das Tutti „Nun singen dem Herren zu Ehren/ dein Friedensfest in vollem Dank“ eingeleitet wird. Die Solisten Andreas Kalmbach (Tenor), Ilse Berner (Sopran) und der für die zweite Kantate hinzukommende Bassist Joachim Herrmann hatten es auf sich genommen, die beiden völlig unbekannten Kantatenkompositionen einzustudieren.
Die erste von 1795, „Auf preiset mit Danken dem Herrn“ („Textus von Herrn Pf. Walther allhier“) sangen sie vor der Predigt sehr frisch und mit sichtbarem Vergnügen. Die zweite, umfangreichere „Jauchz, jauchz, ihr Völker, die durch die Bläser einen sehr feierlichen Charakter bekam, folgte auf die Predigt. Zu dieser Predigt anlässlich der 375-jährigen Wiederkehr des Westfälischen Friedens, der den 30-jährigen Krieg beendete, in diesem Jahr war der scheidende bayerische Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm in die Erlöserkirche gekommen. Mit dem Motto „Dass Friede werde“ bezog er sich auf die Kantate aus dem Jahr 1797 „Jauchz, jauchz ihr Völker“. Sie feierte knapp 150 Jahre nach dem 30-jährigen Krieg dessen Ende mit Freude und Erleichterung.
Immer wieder gab es Kämpfe
Bedford-Strohm erinnerte aber auch daran, dass die Christen trotz der Bergpredigt immer wieder gegeneinander gekämpft haben, dass Christen auf beiden Seiten der Front im 2. Weltkrieg im Namen Jesu unendliche Zerstörung über Europa gebracht haben. Ein Gottesdienst könne lediglich einen Keim pflanzen für eine friedlichere Welt. Als Fortschritt im Sinne des Christentums hin zu einer gerechteren Welt sah er, dass trotz der auch heute stattfindenden Kriege die internationale Rechtskultur Fortschritte gemacht habe, was ein großes Gut sei, da Kriegsverbrecher heutzutage verklagt werden können. Frieden zu schaffen sei aber sehr anstrengend, doch müssten die Christen daran denken, dass es in der Bibel heißt: „Ihr seid das Salz der Erde, das Licht der Welt“.
Zeitreise
Nach der Predigt führte Jörg Wöltche die Zuhörer auf eine Zeitreise ins Jahr 1788, als der 20-jährige Dorfschullehrer Leonhard Ludwig als Krankheitsvertretung nach Sennfeld kam und bei seinen Dorfbewohnern „das wilde Schreien entfernt(e)“. Mit allen zur Verfügung stehenden Stimmen ließ er in seinem Dorf die Kompositionen singen. KMD Wöltche erinnerte daran, dass damals der Krieg weit weg war, aber dass wir ihn jetzt beim gerade stattfindenden Manöver der Luftstreitkräfte hören können. Allerdings kam er auch nach Sennfeld, sodass nach dem Durchzug eines Soldatenhaufens im 30-jährigen Krieg kein Bewohner mehr am Leben war.
Gute Zusammenarbeit
Bischof Bedford-Strohm lobte die gute Zusammenarbeit zwischen den Kissinger und den Sennfelder Christen und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich diese auch in Zukunft weiterführen lässt. Schon bei diesem Konzert war eine Delegation aus Sennfeld angereist, die am Gottesdienst teilnahm, zwei Blechbläser aus Sennfeld unterstützten das von Jörg Wöltche geleitete Kammerorchester der Erlöserkirche und den Würzburger Madrigalchor, mit denen er die Sennfelder Kantaten einstudiert hatte.
Zum Schluss sprach die Sennfelder Pfarrerin Nadine Jung-Gleichmann noch ein Grußwort, bevor der Bischof die Gemeinde mit seinem Segen entließ.
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