
Zu einer öffentlichen Grenzbegehung hatte Walter Vorndran, der Obmann der Wildfleckener Feldgeschworenen, eingeladen. Eine Besonderheit diesmal: Während der Veranstaltung gab es ein stilles Gebet an historisch bedeutsamer Stelle. Unterstützt wurden die Feldgeschworenen von der Jagdgenossenschaft und dem Jagdpächter.
Begangen wurden Grenzteile der Gemarkung Wildflecken , Oberweißenbrunn , Frankenheim und Haselbach. Die öffentlichen Grenzbegehungen werden vom Bürgermeister der Gemeinde Wildflecken zusammen mit den Feldgeschworenen angesetzt und erfreuen sich in der Marktgemeinde sehr großer Beliebtheit.
Das machen die „Siebener“
Walter Vorndran hatte zum nunmehr fünften Mal die Organisation und Leitung übernommen. Startpunkt war an der Umgehungsstraße an der östlichen Einfahrt der Florian-Geyer-Straße.
Der Obmann Vorndran und Bürgermeister Gerd Kleinhenz konnten bei sehr guten Wetterverhältnissen insgesamt 35 „Grenzgängerinnen und Grenzgänger“ begrüßen.
Besonders erfreut zeigten sich die Organisatoren über die Teilnahme der Feldgeschworenen aus Oberweißenbrunn mit ihrem neugewählten Obmann Markus Benkert.
Zunächst klärte Walter Vorndran die Teilnehmer über die Bedeutung und die Aufgaben der Feldgeschworenen auf. Die „Siebener“, der alte Begriff für Feldgeschworene, haben die Aufgabe, die Grenzen von Grundstücken durch sogenannte Abmarkungen eindeutig kenntlich zu machen und ihre korrekte Einhaltung zu überwachen.
Vom Startpunkt aus ging es zunächst in Richtung „alte Gärtnerei“. Sie wurde von der Reichsverwaltung (Heeres Standortverwaltung) verwaltet, später von der Standortverwaltung, heute vom Bundeswehrdienstleistungszentrum.
Dreimal auf den Stein gesetzt
Auf dem Weg dorthin traf man auf den ersten Dreimärker. An diesem Grenzstein stoßen die Gemarkungsgrenzen Wildflecken , Neuwildflecken und Oberweißenbrunn direkt aufeinander.
Der stellvertretende Obmann der Feldgeschworenen, Paul Gundelach, der das Amt neu inne hat, musste an diesem markanten Punkt ein altes Feldgeschworenen-Ritual mitmachen.
Gemäß der Tradition wurde Paul Gundelach von zwei Feldgeschworenen hochgehoben und dreimal auf den Stein niedergelassen. Dieser Vorgang wird „Stauchen“ genannt.
Weiter ging es dann zum „Polenfriedhof“. Dort trug Vorndran Wissenswertes über die Entstehung dieser Gedenkstätte vor. So lebten bis zu 20.000 Polen in einem IRO-Lager (Internationale Flüchtlingsorganisation) auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken . Auf dem Friedhof wurden 428 Kinder und 116 Erwachsene beigesetzt.
Am „Kreuzweg der Nationen“
In den 1970er Jahren erneuerte der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge den Friedhof, der zunehmend verfiel, und baute diesen um. Eine Friedhofkapelle wurde errichtet, deren Inneres ein Wandgemälde ziert, das von Professor Wejmann von der Universität Krakau entworfen und mit Hilfe seines Sohnes umgesetzt wurde.
Weiter führte der Weg vorbei an der letzten der zehn Stelen, die zum bestehenden „Kreuzweg der Nationen“ gehören. „Die sich des Vergangenen nicht erinnern, sind dazu verurteilt, es noch einmal zu erleben“, steht auf der zehnten Stele. „Warum findet dieser so wichtige Satz nicht von allen autoritären Herrschern in der heutigen Zeit Beachtung“, stellte der Obmann als Frage und Mahnung in den Raum.
Andächtige Stille
Vorndran verwies an dieser Gedenkstätte auf den Krieg in der Ukraine mit 200.000 russischen und 160.000 ukrainischen Soldaten. Außerdem ging er auf den Aufstand im Sudan ein mit über 200 Toten und 3000 Verletzten. Der Obmann rief zu einem stillen Gebet auf, um den Toten aller Kriege zu gedenken . Die Teilnehmer folgten diesem Aufruf mit andächtiger Stille.
Kurz vor der Osteinfahrt zum Truppenübungsplatz ging es weiter über einen Wiesenweg zur Oberweißenbrunner Kapelle. Walter Vorndran verstand es, an verschiedenen Haltepunkten sein Wissen über Grenzsteine, Bildstöcke, Bachläufe, Quellen und Brunnenanlagen, welche 1936/37 beim Bau des Truppenlagers errichtet wurden, an die Teilnehmer weiterzugeben.
Historisches am Schwedenwall
Vom Oberweißenbrunner Kapellchen ging es auf den letzten Abschnitt in Richtung Schwedenschanze. Dort bewies Walter Kömpel sein großes historisches Wissen und berichtete den aufmerksamen Zuhörern über einige historische Begebenheiten rund um den Schwedenwall und über die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) auf die Rhön.
Am Schlusspunkt der Grenzbegehung traf man an der Landesgrenze zwischen Bayern und Hessen auf den letzten Dreimärker: Neuwildflecken, Oberweißenbrunn , Hessen. Dort war es selbstverständlich, dass der neu gewählte Obmann aus Oberweißenbrunn gestaucht wurde.
Zum Abschluss bedankte sich Bürgermeister Gerd Kleinhenz bei Walter Vorndran für die hervorragende Grenzbegehung und wünschte sich, dass dies nicht das letzte Mal gewesen sein soll. Der Ausklang fand mit einem Erbseneintopf und guten Gesprächen am Schützenhaus in Oberwildflecken statt.
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