Kanuverleiher Matthias Rödamer kann es sich nicht erklären. Plötzlich gilt etwas als riskant, was über Jahre gefahrlos klappte. Seit Wochen raten Landrats- und Wasserwirtschaftsamt vom Befahren der Saale mit Booten ab. Diese Gründe stecken dahinter.
Wenn Kunden ihm einen umgestürzten oder ins Wasser gefallenen Baum melden, reagiert der Volkershausener, der Kanutouren auf der Saale zwischen Bad Neustadt und Gemünden anbietet, immer gleich: Er informiert das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen. Dann kam jemand, räumte den Baum weg. Wenn der länger lag, lag er eben länger.
Mangel an Personal und Verantwortung?
Die ständigen Gefahrenmeldungen der Ämter seit Saisonbeginn wundern Rödamer. Er vermutet, „dass dort eventuell das Personal gewechselt hat und niemand verantwortlich sein will“.
Ähnlich äußert sich ein weiterer Bootsverleiher, der namentlich nicht erscheinen will. Was ihn wundert: Im Wasser liegende Bäume würden viel später geräumt als früher. Und ausgerechnet der Abschnitt „Saline“ bis „Lindesmühle“ in Bad Kissingen, wo die Saale-Dampferle fahren, sei freigegeben.
Landratsamt: Risiko sind tote Stämme und Äste
In seiner bisher letzten Warnung von Anfang Juni wies das Sachgebiet Umweltschutz/Wasserrecht am Landratsamt darauf hin, dass weniger im Gewässer treibende Bäume das Problem seien; diese entferne das Wasserwirtschaftsamt zeitnah. „Das eigentliche Risiko geht von den Bäumen aus, die noch stehen, aber bereits tot sind und jederzeit umfallen können.“ Matthias Rödamer könnte sich vorstellen, dass der überalterte Baumbestand als Grund eher vorgeschoben ist.
Dem ist nicht so, legt eine (neuerliche) Stellungnahme des Landratsamtes in Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt nahe. Bereits in den vergangenen Jahren sei im Rahmen des Unterhalts vermehrt aufgefallen, dass „ein sehr hoher Anteil des Baumbestandes überaltert“ sei; „demzufolge besteht eine hohe Bruchgefahr.“
An vielen Stellen brüchige Bäume
An vielen Stellen der Saale seien überhängende Bäume vorhanden. Auch hier bestehe erhöhte Bruch- beziehungsweise Ausbruchgefahr von Ästen. Die Standfestigkeit einiger Bäume sei aufgrund unterspülter Wurzelteller stark vermindert. „Viele Bäume weisen starke bis mittlere Fraßspuren des Bibers auf, welche den Baum schwächen, sodass dieser abstirbt und die Bruchgefahr erhöht.“
Laut Mitteilung stellen die warmen und niederschlagsarmen Jahre für den Uferbewuchs an der Saale unstrittig einen Stressfaktor dar. Diese nachteiligen Einflüsse auf den Baumbewuchs würden durch häufigen Pilzbefall und die zunehmende Verbreitung des Biber verschärft.
Flussmeister für 400 Kilometer zuständig
Die Frage, ob es unter Umständen an Personal mangelt, das die Saale für Bootstouristen sicherer macht, wird nicht direkt beantwortet. Die Stellungnahme lässt aber vermuten, dass es so ist. „Das Wasserwirtschaftsamt ist für die Unterhaltung von nahezu 400 Kilometern Gewässer zuständig.
Diese Arbeiten werden von zwei Flussmeisterstellen, in Salz und Schweinfurt gelegen, erledigt. Dies fordert einen sehr hohen und zeitintensiven Einsatz von den Kollegen.“
Bootsfahrer unterschreiben für eigene Verantwortung
Matthias Rödamer lässt seine Kanumieter immer unterschreiben, dass sie auf eigene Gefahr fahren. Einbußen bei der Nachfrage verzeichnen er und andere Anbieter wegen der offiziellen Warnungen nicht. Nach Jahren der Pandemie wollen die Menschen wieder unbeschwert Boot fahren. Hoffentlich ohne dass ihnen ein Baum auf den Kopf fällt.
Mehr zur Fränkischen Saale und der dortigen Gefährdung lesen Sie hier: