zurück
STAATSBAD
Bayerisches Kammerorchester Bad Brückenau: Ein Klassiker zum Jahreswechsel
DSC01795       -  Es geht auch mal in „Zivilkleidung“: Sebastian Tewinkel, Dirigent des Bayerischen Kammerorchesters,  feilt mit seinen Musikern an den Stücken für das Dreikönigskonzert.
Foto: Steffen Standke | Es geht auch mal in „Zivilkleidung“: Sebastian Tewinkel, Dirigent des Bayerischen Kammerorchesters, feilt mit seinen Musikern an den Stücken für das Dreikönigskonzert.
Von Steffen standke
 |  aktualisiert: 29.01.2023 03:02 Uhr

Was war das für ein Dreijahreskonzert 2022? Weil wegen Corona-Ansteckungsgefahr nur wenig Publikum in den Saal durfte, musste das Bayerische Kammerorchester (BKO) das Programm kürzen – spielte es dafür zweimal. Dieses Jahr – da sind Dirigent Sebastian Tewinkel und Geschäftsführer Pavol Tkac überzeugt – wird alles anders. Normaler. Gewagt kommt aber das Motto des Winterkonzerts am 18. November daher.

War es eine Vorahnung? Oder purer Zufall? Als Tkac und Tewinkel vor mehr als einem Jahr nach einem roten Faden für die Jahreszeitenkonzerte 2023 suchten, verfestigte sich schnell ein Gedanke: „Länderporträt“ sollte das übergeordnete Motto lauten.

Die BKO-Verantwortlichen sammelten Nationen, ordneten ihnen gedanklich Komponisten und Musikstücken zu. Am Ende standen: Österreich, England, Skandinavien und – Russland. Da konnten Tewinkel und Tkac nicht ahnen, dass ausgerechnet dieses Land bald einen Krieg vom Zaun brechen würde.

Doch laut dem Dirigenten war auch schnell klar: „Wir wollten russische Komponisten vergangener Zeiten, die mit der aktuellen Situation nichts zu tun haben oder gar solche, die unter ihrem damaligen Regime gelitten haben, nicht außen vor lassen.“ Auf explizit nationalistische Werke wird aber verzichtet.

Und so schmücken mit Anton Arensky, Alexander Glasunow und Peter Tschaikowsky drei Meister des 19. Jahrhunderts das Winterkonzert. Mit Dmitri Schostakowitsch schlagen die Veranstalter durchaus den Bogen in die heutige Zeit. Auch er lebte in der Stalin-Ära in einem unterdrückerischen, von Willkür geprägten System. Obwohl staatlich gefördert, lebte er auf gepackten Koffern, in steter Angst, vom Geheimdienst abgeholt zu werden.

Der „Klassiker zum Jahreswechsel“

Der nächste Winter ist weit weg; zunächst steht das Dreikönigskonzert an. Mit seinem Motto-Land Österreich kann es als „Klassiker zum Jahreswechsel“ gelten. Die Komponisten Franz Schubert, Anton Bruckner und Wolfgang Amadeus Mozart sind gemeinhin bekannt – was auch und besonders für die Sinfonie g-Moll KV 550 des Letzteren gilt.

Was das Dreikönigskonzert noch auszeichnet ist, dass es ohne Solisten auskommt. Laut Programm ist es „als reines Orchesterkonzert konzipiert, um besondere Qualitäten und das Selbstbewusstsein des BKO zu demonstrieren“.

Eine ungewöhnliche, aber auch spannende Wahl stellt das Land für das Frühlingskonzert am 25. März dar. In Renaissance und Frühbarock erlebten englische Kompositionen – darunter die von Henry Purcell – eine Blüte. Danach kam nicht mehr viel. Erst 200 Jahre später drängte Musik von der Insel wieder stärker ins internationale Bewusstsein. Um 1900 erlebte Edward Elgar seinen Durchbruch.

Dieser fehlt zwar im Programm des Frühlingskonzertes. Doch dessen Macher ziehen die Linie von Purcell und Georg Friedrich Händel über Gustav Holst und Ralph Vaghan Williams zu Benjamin Britten, dem größten englischen Komponisten der Moderne.

Der „eingeenglischte“ Hallenser Händel kommt laut Tkac auch deswegen zum Zug, weil sowhl bei ihm als auch bei Purcell ein Cembalo benötigt wird. Tewinkel weist auf den „tollen Solisten Kai Frömbgen“ hin, der sich seine Meriten bei den Bamberger Sinfonikern erwarb und an der Musikhochschule Hannover lehrt. Insbesondere Brittens Variationen über ein Thema von Frank Bridge seien „für das Orchester sehr herausfordernd, das Programm aber sehr vielfältig“.

Ausgesprochen kühl trafen die Programmmacher ihre Wahl für die Region des Sommerkonzertes am 22. Juli: Skandinavien. Sie schafften es tatsächlich, aus Dänemark, Norwegen, Finnland und Schweden je einen Komponisten zu finden. Und das sind keine Unbekannten, wie die Namen Jean Sibelius und Edvard Grieg zeigen. Dessen Suite im alten Stil G-Dur „Aus Holbergs Zeit“ dürfte vielen ein Begriff sein.

Dass auch hier der „Österreicher“ Mozart auftaucht, geschieht auf Wunsch der Solistin Tianwa Yang. Sie übernimmt auch die Leitung des Sommerkonzerts.

Das Herbstkonzert entführt am 23. September nach Polen, wo Frederic Chopin gesetzt ist. Die weiteren Namen Mieczyslaw Karlowicz und Wojciech Kilar sagen vielleicht nicht jedem etwas. Doch lieferte zumindest Letzterer die Soundtracks zu Filmen wie „Dracula“ und Roman Polanskis „Der Pianist“.

Laut Geschäftsführer Pavol Tkac trat die Normalität beim BKO zumindest bei den Heimkonzerten früh im vergangenen Jahr ein. Beschränkungen fielen; die Zuschauer kehrten zurück. Von einer „Publikumsdelle“ war nichts zu merken.

Anders lief es bei den Gastspielen. 2022 habe man 19 nicht immer gut besuchte Konzerte auswärts gegeben, teils in großer Besetzung. Manche Termine seien für die freiberuflichen Musiker auch wegen größerer Pausen dazwischen „teilweise problematisch“ gewesen.

Dieses Jahr sind „zwölf oder 13 Gastspiele“ geplant. Dazu zwei kleine Busreisen, zum Mozartfest nach Würzburg und am 13. Mai nach Bad Homburg.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Brückenau
Anton Bruckner
Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch
Dracula
Edvard Grieg
Edward William Elgar
Franz Schubert
Georg Friedrich Händel
Henry Purcell
Jahreswechsel
Kammerorchester
Kommende Jahre
Orchesterkonzerte
Peter Tschaikowski
Pianisten
Roman Polański
Wojciech Kilar
Wolfgang Amadeus Mozart
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top