
Garstig kalt war es auf der Steige geworden. Dass Stella Schmitt beim letzten Tageslicht ausgerechnet dann ein Bad im Freien nahm, und zwar voll bekleidet, mutete äußerst skurril an. Die „Taufe“ im Wasser-Hindernis ist aber Tradition und trifft stets jene Vielseitigkeits-Reiter, die bei einer Meisterschaft erstmals auf dem Podest stehen. Ein Brauch, den die 15-Jährige gerne über sich ergehen ließ. Die zwei dritten Plätze in den Wertungen zur Bayerischen und Fränkischen Meisterschaft bei den Junioren der Altersklasse 2006 und jünger waren schließlich der Karriere-Höhepunkt der jungen Ebenhäuserin.
Nach einer ordentlichen Leistung in der Dressur ging es für Stella Schmitt mit ihrer Trakehner-Stute „Hot Polar Sunshine“ auf ihre 2,5 Kilometer lange und mit 21 Hindernissen gespickte Geländestrecke mit einer sehr fordernden Zeitvorgabe, ehe am zweiten Wettkampftag das finale Springen über elf Hindernisse wartete. „Stella war vor dem Turnier sehr angespannt, aber der Heimvorteil hat schon ein bisschen geholfen. Dass dann Reiterin und Pferd so gut harmoniert haben, ist ein Geschenk. Auch das Pferd braucht schließlich einen guten Tag“, weiß mit Matthias Schmitt der Vater der 15-Jährigen, die Teil des Franken-Kaders ist und im bayerischen Perspektiv-Kader steht.
Eine Titel-Premiere für Emely Behr
Unvergessen wird das Heimturnier auch für Emely Behr bleiben, die bei den jungen Reitern (Jahrgänge 2003 und jünger) auf „Ferrero“ Dritte der Bayerischen Meisterschaft wurde und nach diversen Podestplätzen erstmals überhaupt die Frankenmeisterschaft gewann. „Es lief besser als erwartet. Schon in der Dressur, die nicht unsere Lieblingsdisziplin ist“, erinnert sich die 21-Jährige. Umso größer war die Vorfreude auf den Geländeritt („Unser Steckenpferd“) über drei Kilometer und 32 Hindernissen mit einer Höhe bis zu 1,15 Metern sowie einer Zeitvorgabe von sechs Minuten. Den Traum vom Sieg erfüllte sich die Rothhäuserin auf ihrem braunen Wallach im Feld der 19 Starter mit einer starken Leistung im Spring-Parcours.
Die anspruchsvollste Prüfung wartete auf die Reiterinnen und Reiter der Jahrgänge 2002 und älter, die „nur“ die Fränkische Meisterschaft unter sich ausmachten. Ihr dritter Platz auf "Fortuna Royal" war für Kristina Ehrlich eine faustdicke Überraschung . Als nicht ganz einfach bezeichnet die 32-Jährige ihre siebenjährige Hannoveraner Stute, die ihre Grenzen zwischen „Genie und Wahnsinn“ auslotet. „Wir wollten das Genie auf unsere Seite ziehen und freuen uns beide, dass das so gut geklappt hat“, sagt Ehrlich, die mit ihrer Familie in Eisfeld bei Coburg lebt.

Nach einem starken Auftritt in der Dressur („Ihre momentan stärkste Disziplin“) folgte eine beachtliche Leistung im Gelände, wo über die 32 Hindernisse nur eine Verweigerung am Wassergraben zu bemängeln war. „Es hat sich so angefühlt, als ob mein Pferd mit den Aufgaben spielen würde. Und das, obwohl so junge Pferde länger brauchen, um mit all den Eindrücken fertig zu werden.“ Noch besser lief es tags darauf mit der Nullrunde im abschließenden Springen über die elf Hindernisse.
Einen weiteren Podestplatz gab es für den Ausrichter mit dem zweiten Platz in der Teamwertung, in der Anouk Wächter und Ronja Schmittfull in der Dressur antraten, Kristina Ehrlich und Sophia Frank im Gelände sowie Isabell Frinker und die erstmals in der Mannschaft eingesetzte Anna Laura Herzog im Spring-Parcours. Für den Reiterverein Bad Kissingen wurde Lavinia Seufert auf „Immentals Chocolate Girl“ Dritte der Fränkische Meisterschaft „Pony“ und Sechste in der bayerischen Wertung. In dieser Altersklasse der unter 16-Jährigen waren die Hindernisse auf der 1700 Meter langen Geländestrecke bis zu 90 Zentimeter hoch.
Der Adel gibt sich auf der Steige die Ehre
Unter den vielen Gästen auf der Steige war, und das zum ersten Mal überhaupt, Fürst Ferdinand zu Castell-Castell, dessen Vater vor Jahrzehnten den Wanderpokal für den besten Reiter stiftete, der in diesem Jahr an Hanna Brendler (LRFV Dettelbach) ging. „Früher wurden dort sogar Vielseitigkeits-Wettbewerbe ausgetragen, daher rührt die Verbindung der Familie zum Reitsport“, so RFV-Vorstandsmitglied Maria Schmittfull. Ebenfalls vor Ort: Landrat Thomas Bold , Staatssekretär a.D. Gerhard Eck , Sulzthals Bürgermeister August Weingart und mit Volker Seifert (Euerbach) ein weiterer Wanderpokal-Stifter.
Für den viel gelobten Hindernis-Schmuck sorgte einmal mehr RFV-Mitglied Ulrike Gross. Für das Wohl der Vierbeiner kümmerte sich der Tierarzt, der am zweiten Wettkampftag beim Fitness-Check Grünes Licht für das finale Springen geben musste. Geländeparcourschef Bernd Petruschke sowie viele RFV-Helfer hatten die Strecken vorbildlich präpariert.

Insgesamt 15 Prüfungen hatte der RFV Sulzthal für 140 Reiterinnen und Reiter, darunter knapp 30 (!) vom gastgebenden Reit- und Fahrverein , im Angebot. Bei den zahlreichen Podestplätzen gingen Siege an Anouk Wächter (Dressur-Prüfung Klasse L*), Anna-Laura Herzog (Springprüfung Klasse L), Rabea Schnabl Stilspringprüfung Klasse A*) sowie Kristina Ehrlich (Kombinierte Prüfung Klasse A*).
Schon im Jahr 2020 hatte der Reit- und Fahrverein die Bayerischen Meisterschaften ausgetragen und nicht zuletzt durch das so erlangte Vertrauen den Zuschlag für das fränkische und weiß-blaue Championat bekommen.