zurück
Bad Kissingen
Winterzauber Bad Kissingen: Eine Collage der Zufälligkeiten
Beim Winterzauber hat die „Bayerische Rauhnacht – Ein Mystical mit Schariwari“ Einzug gehalten. Am meisten haben hierbei noch Beleuchtung und Bühnenbild überzeugt.
Die „Bayerische Rauhnacht – Ein Mystical mit Schariwari“ war im Bad Kissinger Kurtheater zu sehen.       -  Die „Bayerische Rauhnacht – Ein Mystical mit Schariwari“ war im Bad Kissinger Kurtheater zu sehen.
Foto: Gerhild Ahnert | Die „Bayerische Rauhnacht – Ein Mystical mit Schariwari“ war im Bad Kissinger Kurtheater zu sehen.
Thomas Ahnert
 |  aktualisiert: 13.03.2025 14:16 Uhr

Ja, was war jetzt des? Man hätte ja eigentlich vorgewarnt sein können, denn die Ankündigung für „Bayerische Rauhnacht – Ein Mystical mit Schariwari“, also für die vorletzte Vorstellung des Winterzaubers 2023/24 im Kurtheater, war verräterisch: „Freuen Sie sich auf die umjubelte Rückkehr des Originals mit Schariwari. Behutsam modernisiert, feiert das beeindruckende und berührende Musiktheater über alpenländische Mystik ein fulminantes Comeback. Der Geschmack des Publikums wurde damit offensichtlich genau getroffen!“

Bayerische Rauhnacht: Ein Mystical mit Schariwari       -  Bayerische Rauhnacht: Ein Mystical mit Schariwari
Foto: Gerhild Ahnert | Bayerische Rauhnacht: Ein Mystical mit Schariwari

Schon der Begriff „umjubelt“ ist ein bisschen albern. Aber „Rückkehr“ bedeutet doch, dass das Mystical schon mal weg war. In der Tat zog es nach der Uraufführung 1996 bis 2006 jeweils im November und Dezember über die Bühnen und war dann erst mal weg. Erst 2018 setzte sich Günther Lohmeier, der 1977 die Folk-Pop-Band „Schariwari in Kirchseeon bei München gegründet hatte, mit ein paar Leuten zusammen, holten das Stück aus der Versenkung und moderniserten es „behutsam“. Kann man Mythen überhaupt modernisieren? Und „fulminantes Comeback“? Von den fünf Auftrittsorten, die der Terminkalender der Gruppe nennt, liegen nur zwei nicht im Herzen von Oberbayern.

Die Welt der Sagen, Mythen und Legenden

Worum geht es in dem Stück? Die Homepage von „Schariwari“ gibt zumindest Hinweise: „Rauhnächte sind die Zeit um die Wintersonnwende. Die Nächte werden länger und dunkler – Mystik und Magie halten Einzug. Ein Zaubertroll aus dem hohen Norden besucht auf seinen Wanderungen durch die Welten das knorrige Holzmandl(!). Gemeinsam tauchen sie ein in die Welt der Sagen, Mythen und Legenden, in der Perchten, Hexen , Druden und Dämonen lebendig sind. Verzaubert durch die poetische Musik von Schariwari wird der Abend zu einem beeindruckenden Spektakel für die Sinne.“

Bühnenbild und Beleuchtung konnten überzeugen im Mystical.       -  Bühnenbild und Beleuchtung konnten überzeugen im Mystical.
Foto: Gerhild Ahnert | Bühnenbild und Beleuchtung konnten überzeugen im Mystical.

Und was kam dabei heraus? Was gut war, waren das Bühnenbild und die Kostüme, die die ganzen Klischees mit dem Streben nach Vollständigkeit transportierten. Da steckte wirklich viel Phantasie drin. Nur sah man das leider nur selten, weil eine Rauhnacht nicht ohne Grund Nacht heißt. Und do kann man der Beleuchtung durchaus ein Kompliment machen, die immer wieder für raffinierte Überraschungen sorgte. Die Musik von „Schariwari“ um den Sänger und Komponisten Günther Lohmeier war fast alpenländisch gemütlich, auch wenn es manchmal ungemütlich laut werden musste, um den Schrecken der mystischen Figuren hörbar zu machen. Sie suchte aber auch immer wieder mal den Absprung in die Ballade. Und in ihren Texten durchaus auch mal den – legitimen – Kitsch.

Text und Regie wurden zum Problem

Das große Problem des Stückes waren der Text und die Regie. Ein durchgehender roter Faden, der so etwas wie eine Entwicklung hätte erkennbar werden lassen, war nicht zu finden. Die Begegnung zwischen dem Holzmanndl und dem Zaubertroll wurde nicht handlungsbestimmend weitergeführt. Erst am Ende fanden sie abschließend wieder zusammen. Natürlich musste der Troll nicht aus Skandinavien, sondern aus Preußen kommen (gab es da jemals welche?), um die alte Feindschaft thematisch ausschlachten und das Stück etwas verlängern zu können mit Uraltwitzen wie „Über Bayern lacht die Sonne, über Preußen die ganze Welt.“ Früher hießen diese Witze „Rache für Königgrätz.“

Bayerische Rauhnacht: Ein Mystical mit Schariwari       -  Bayerische Rauhnacht: Ein Mystical mit Schariwari
Foto: Gerhild Ahnert | Bayerische Rauhnacht: Ein Mystical mit Schariwari

Ansonsten wurden Perchten, Hexen , Druden und Dämonen angesprochen, aber nicht weiter vertieft. Dabei hätte man allein schon mit den Perchten ein en ganzen Abend füllen können. So wirkte das Stück wie eine Collage der Zufälligkeiten.

Stimmen nicht optimal ausgesteuert

Das allgemeine Verständnis wurde aber auch dadurch erschwert, dass die Aussteuerung der Stimmen alles andere als optimal war, dass viel Text in der Musik unterging oder in einem elektronischen Genuschel. Es konnten einem vor allem die Besucher leidtun, die keine Erfahrung mit den oberbayerischen Dialekten haben. Bei einer größeren Klarheit hätten mehr Leute an den richtigen Stellen lachen können. Geradezu Erleichterung brandete auf, als der Troll 150 bayerische Schimpfwörter in alphabetischer Reihenfolge aufsagen musste.

Pausenverzicht ist kluge Entscheidung

Nix für ungut. Natürlich kann und darf einem so etwas gefallen. Jedem Menschen (ohne Ausnahme) gefällt irgendein Schmarrn, den alle anderen für abseitig oder schwer erträglich oder einfach nur misslungen und blöd halten. So durfte natürlich auch im Kurtheater immer wieder und am Ende ganz besonders geklatscht werden. Trotzdem war es eine kluge Entscheidung, ohne Pause durchzuspielen, und das nicht nur, weil das Mystical eine solche von der Länge her gar nicht hergegeben hätte. Sondern auch, weil nach einer Pause die Akteure auf der Bühne auf eine ganze Reihe von Rückenlehnen im anfangs vollen Haus geschaut hätten.

Zum ununterbrochenen Genuss gezwungen

So konnte oder musste man ununterbrochen genießen. Und „dahoam“, also da, wo „dahoam is“, warteten ungeduldig das Böfflamott in der Röhre und ein erfrischendes Helles im Kühlschrank. Do soi doch da Watschnbaam umfoin! (für Nicht-Oberbayern: Da soll doch der Ohrfeigenbaum umfallen!).

 

Mehr vom Winterzauber lesen Sie hier:

Bayerische Rauhnacht: Ein Mystical mit Schariwari       -  Bayerische Rauhnacht: Ein Mystical mit Schariwari
Foto: Gerhild Ahnert | Bayerische Rauhnacht: Ein Mystical mit Schariwari
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Kissingen
Hexen
Musiktheater
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top