Der Blick in die Landschaft zeigt es - vielerorts wird gebaut. Kaum eine Gemeinderatssitzung vergeht ohne Bauanträge . Mancherorts - wie etwa in Burkardroth - besteht die Tagesordnung zum Großteil aus den Anträgen der Bauwilligen. Das Ergebnis zeigt sich vor allem in der Vogelperspektive. Manche Orte sind im Lauf der Jahre mittlerweile beinahe zusammengewachsen. So haben sich Burkardroth, Nüdlingen, Oerlenbach und Bad Bocklet in den vergangen Jahrzehnten entwickelt.
Ein Großteil des Wachstums der Rhöndörfer kam im vergangenen Jahrhundert zustande. "In Aschach wurden seitdem mehrere Wohnbaugebiete ausgewiesen", sagt Thomas Beck , der geschäftsleitende Beamte in Bad Bocklet. "Die Ortsentwicklung von Aschach und Bad Bocklet in den letzten 70 Jahre mit einigen Sätzen zu beschreiben ist nicht einfach", meint er. In Aschach entstanden zwischen den 70er und 90er Jahren einige Neubaugebiete im Norden. In Bad Bocklet tat sich in den 70er Jahren ebenfalls einiges. Das Gros der dortigen Bebauungspläne fußt in dieser Ägide.
Im Lauf der Jahrzehnte gab es immer wieder Anpassungen. Zu den Meilensteinen der Ortsentwicklung zählt er die Zehnthalle, das Feuerwehrhaus, den Schloßparkplatz, den Gemeindebauhof, eine Freiflächenfotovoltaikanlage, den neuen REWE Markt oder die Sportplätze. Ein markantes Gebäude, das verloren ging war beispielsweise die Brauerei in Aschach. Mittlerweile trennen lediglich die Saale und einige hundert Meter Aschach und Bad Bocklet voneinander.
Beck wagt eine Prognose: "Wir erwarten für beide Orte weiterhin ein gesundes Wachstum und hoffen dass die Infrastruktur für die Bürger und die Gäste von Bad Bocklet weiterhin auf diesem Stand gehalten beziehungsweise ausgebaut werden kann"
In der Gemeinde Nüdlingen tat sich seit den 1970er Jahren einiges. Seitdem seien zwölf Baugebiete ausgewiesen worden, heißt es von Bürgermeister Harald Hofmann ( CSU ) ." Drei Gewerbegebiete kamen in Nüdlingen hinzu. In Haard entstanden seit den 1970er Jahren vier Baugebiete .
Von den 1970er Jahren an wuchs die Zahl der Bürger (etwa 3600) mit Erstwohnsitz, bis in den 90ern die 4000er Marke geknackt wurde. Die Baugebiete aus den 90er Jahren zeigen - die Orte nähern sich einander an.
Noch deutlicher wird der Bauboom und das Zusammenwachsen der Orte im Markt Burkardroth. Die Ortsteile Zahlbach, Burkardroth, Wollbach und Stangenroth bilden fast eine Einheit. Der Blick auf altes Kartenmaterial zeigt deutlich: Das war nicht immer so. Die Orte am Fuß der Schwarzen Berge erlebten später als Bad Bocklet ihren Boom.
Erst ab den späten 70er Jahren kam es zum Ausweisen mehrerer Baugebiete in ihrer Urform. Das Ortsbild, wie es heute bekannt ist, entstand vornehmlich in den 80er bis 90er Jahren. Eine Kuriosität, die zeigt, wie Orte zusammenwachsen, gibt es in Lauter. Die Parkmöglichkeiten für den neuen Hort befinden sich auf Katzenbacher, der Hort dagegen auf Lauterer Gemarkung. Und: In dessen Umfeld entsteht ein neues Baugebiet . 14 Bauplätze soll es dort geben - und damit wachsen die beiden Orte noch näher zusammen. Ein zukünftiges dörfliches Rhönstädtchen um Burkardroth ist aber in der näheren Zukunft nicht angedacht. "Von der Topographie her würde es sich anbieten. Das Gelände ist ja eben. Aber: Bauleitplanerisch ist noch nichts angestoßen", sagt Daniel Wehner ( CSU ), der Bürgermeister von Burkardroth.
Rechtlich gibt es dabei keine Hürden. Nathalie Bachmann, Pressesprecherin des Bad Kissinger Landratsamtes, verweist darauf, dass eine Gemeinde selbst dafür verantwortlich ist, in welche Richtung sie sich entwickeln möchte. Grundlage dafür ist die Planungshoheit. Aber: Das Spannungsfeld zwischen Flächenverbrauch und dem Flächensparen setze Grenzen.
"Aus bauaufsichtlicher Sicht gibt es keine Vorgaben, dass einzelne Orte voneinander getrennt gehalten werden müssten."
Dass noch Luft zwischen einzelnen Ortsteilen besteht, darauf achtet dagegen die Gemeinde Oerlenbach. Und das, obwohl die Situation in einem Punkt bereits mit Katzenbach und Lauter vergleichbar ist. Oerlenbacher Gebäude stehen teils auf der Eltingshäuser Gemarkung. Jochen Geisel, vom Oerlenbacher Bauamt, sagt: "Oerlenbach und Eltingshausen werden nicht zusammenwachsen." Auch das neu entstehende Baugebiet am südlichen Rand Eltingshausens tut dem keinen Abbruch.
Das Beispiel zeigt, dass die Ortsentwicklung nicht still steht. "Vor Jahren haben Kommunen oft Baugebiete ausgewiesen, ohne dass die Fläche der Gemeinde gehört", erklärt er. Das hat zu Baulücken im Ortsbild geführt, weil mancher Eigentümer das Grundstück nicht verkaufen möchte. Die Gründe dafür sind laut Geisel vielfältig: Sei es das Bewahren des Grundstücks für ein Enkelkind, oder aber die Wertkonstanz der Fläche verglichen mit Geld. Mittlerweile werden Baugebiete nur dann ausgewiesen, wenn das gesamte Areal im Eigentum der Gemeinde ist.
Baulücken und Leerstände bekämpfen die Kommunen mit Programmen zur Revitalisierung. "So soll es nicht dazu kommen, dass Donut-Siedlungen - also innen leer und außen voll - entstehen." Allerdings: Hier braucht es stets geeignete Objekte. "Viele wollen zudem auf die grüne Wiese bauen", sagt Geisel.
Im Landkreis Bad Kissingen liegt der Anteil der Flächen für Siedlungen und Verkehr laut den letzten Zahlen des Bayerischen Landesamt für Statistik unter dem bayernweiten Durchschnitt. Der aktuell größte Zuwachs im Bereich der Siedlungs- und Verkehrsfläche entfällt im Landkreis auf die Gemeinde Oerlenbach.
Ein Artikel von Johannes Schlereth und Charlotte Wittnebel-Schmitz.