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Bad Kissingen
Bas Kissinger Brunnen: Blick in einen unsichtbaren Schatz
Zum Weltwassertag konnten Interessierte in die Betriebstechnik der Bad Kissinger Heilbrunnen eintauchen.
Über die Einlaufrinne im Dachgeschoss des Gradierbaus verteilt sich die Sole über das Schwarzdorn-Reisig.       -  Über die Einlaufrinne im Dachgeschoss des Gradierbaus verteilt sich die Sole über das Schwarzdorn-Reisig.
Foto: Sigismund von Dobschütz | Über die Einlaufrinne im Dachgeschoss des Gradierbaus verteilt sich die Sole über das Schwarzdorn-Reisig.
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 20.09.2022 17:22 Uhr

Seit 1993 wird alljährlich am 22. März der von der UN-Generalversammlung ausgerufene Weltwassertag mit wechselnden Themen durchgeführt. Der diesjährige 30. Welttag des Wassers stand unter dem Motto "Unser Grundwasser - der unsichtbare Schatz". Stadt und Staatsbad GmbH hatten aus diesem Anlass Einwohner und Gäste zu verschiedenen Aktionen und themenspezifischen Rundgängen eingeladen. Einer dieser Spaziergänge - " Wassertechnik im Wandel der Zeit" - wurde von Matthias Lotz geführt, der bei der Staatsbad GmbH als Leiter Gebäudemanagement auch für den Betrieb der Heilbrunnen und der zugehörigen Wassertechnik verantwortlich ist.

Leider nur wenige Interessierte fanden sich am 1788 entdeckten Runden Brunnen neben dem Gradierbau zum Rundgang ein, einer Kohlensäurequelle, die etwa im Minutentakt an die Oberfläche wallt. Hier zählte Matthias Lotz zur Einführung ins Thema die sieben Heilquellen auf, denen Bad Kissingen seinen weltweiten Ruhm verdankt und die das bayerische Staatsbad noch immer prägen. Er vergaß aber auch nicht, auf längst versiegte oder aus anderen Gründen aufgegebene Brunnen hinzuweisen. Hierzu gehörte vor Jahrhunderten der Reiche Brunnen , dessen Existenz bis in die karolingische Zeit hinein verbürgt ist und der bereits damals die Salzgewinnung in Bad Kissingen ermöglichte, deren erste urkundliche Erwähnung im Jahr 823 Bad Kissingen zum ältesten Gradierstandort Europas macht. "Die Salzgewinnung hat über Jahrhunderte den Bereich um die Untere und Obere Saline geprägt", schilderte Lotz den allmählichen Wandel von der Salzgewinnung mittels der einst 2,2 Kilometer langen und fast bis zum Kloster Hausen reichenden Kissinger Gradierwerke hin zu deren therapeutischer Nutzung nach Aufhebung des Salzmonopols (1867). Mit der geänderten Nutzung des Gradierbaus als Freiluft-Inhalatorium verlagerte sich der Schwerpunkt des Geschehens endgültig aus Hausen ins heutige Zentrum des Staatsbades, dessen Kurwesen bereits durch die Wiederentdeckung der Rakoczy- und Pandurbrunnen (1737) und Eröffnung des Arkadenbaues (1838) an Bedeutung gewonnen hatte.

Nächste Station des Rundgangs war die 1848 in Betrieb genommene, damals hypermoderne Sole-Hebepumpe mit ihren acht Kolben und einer 35 PS starken Schaufelradturbine, die ein bis dahin betriebenes riesiges hölzernes Mühlrad am Gradierbau ersetzte. Die neue Pumpe versorgte nicht nur den Gradierbau mit der Sole des Runden Brunnens , sondern auch das 1840 errichtete Salinenbad, in dem Jahrzehnte später Fürst Otto von Bismarck seine Heilbäder nahm.

Ein stehendes Denkmal

Trotz der kürzlich erfolgten Sanierung der Pumpenanlage ist diese wegen des zum Betrieb erforderlichen Personaleinsatzes "leider ein stehendes Denkmal ", wie es Lotz formulierte. Allerdings versprach er baldige Änderung: Gespräche mit dem Landesdenkmalamt und dem Freistaat Bayern als Eigentümer seien abgeschlossen. Im April sollen notwendige Arbeiten aufgenommen werden, um künftig den elektronisch gesteuerten Schaubetrieb der Solepumpe zu ermöglichen.

Ein weiterer Schritt in der Historie war für die Rundgangsteilnehmer der Besuch des heutigen Gradierbaus, der nach statisch notwendigem Abbruch des damals noch vorhandenen Altbestandes im Jahr 1995 vornehmlich zu touristischen Zwecken in heutiger Länge neu gebaut wurde. Schon 1867 war nach Aufhebung des Salzmonopols der größte Teil des zur Salzgewinnung genutzten Gradierbaus abgebrochen worden. Im Gegensatz zu frühesten Gradierbauten, die nur mit Stroh gefüllt waren, verwendete man später haltbareren Schwarzdornreisig, an dem sich die in der Sole enthaltenen Mineralstoffe ablagerten und allmählich verhärteten. Im Gradierbau wurde der nur dreiprozentige Salzgehalt der Sole aus dem Runden Brunnen durch Verdunstung auf 20 Prozent erhöht. Erst diese hochprozentige Sole wurde dann im Sudhaus der Unteren Saline zur Salzgewinnung aufgekocht.

Aktuelle Prüfungen haben ergeben, dass auch die Neukonstruktion des Gradierbaus inzwischen schadhaft ist, weshalb es sehr fraglich ist, ob eine Teilsanierung noch lohnt oder ein Neubau sinnvoller ist. Auf die Anregung eines Rundgängers, dann doch endlich den Bau wie früher bis in die Nähe des Bismarck-Denkmals zu verlängern, versicherte Lotz: "Alle Optionen werden geprüft. Ich kann Ihnen versprechen, dass wir als Staatsbad GmbH am verlängerten Ausbau des Gradierbaus sehr interessiert sind." Aktuell ist der Gradierbau wegen gültiger Corona-Vorschrift noch geschlossen, soll aber ab Anfang April zum Saisonbeginn für Besucher wieder freigegeben werden. Auch die weißen Salettchen werden bis Ostern wieder "aufgehübscht", versprach Lotz.

Nach einer Stunde endete der informative Rundgang wieder neben dem Runden Brunnen . Dort war der Einstieg in die zwei Geschosse des 2018 in Betrieb genommenen Technikgebäudes für die Teilnehmer gleichsam der Schritt aus vergangener in die heutige Wassertechnik . Mit dem modernen Betrieb des Runden Brunnens zeigt das Staatsbad, dass die Heilbrunnen nicht nur ein Teil ruhmreicher Geschichte sind, sondern noch heute ein wichtiger Baustein des Kurwesens sowie des Anspruchs, den Titel eines Unesco-Welterbes mit Leben zu füllen.

 
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