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Bad Kissingen
Bad Kissinger Solereservoir wird zum Traumhaus
Einst tankten hier Kutschen Sole für Kurhäuser in der Stadt, lange wurde das 170 Jahre alte Kurdenkmal als Scheune genutzt. Simone und Raymund Müller wollen dem Gebäude nun endlich wieder Leben einhauchen.
Raymund Müller dämmt die Zwischendecke.       -  Raymund Müller dämmt die Zwischendecke.
Foto: Simone Müller | Raymund Müller dämmt die Zwischendecke.
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 17.08.2022 04:20 Uhr

Die alte Scheunenverbretterung ist entfernt, darunter kam die die ursprüngliche, 170 Jahre alte Holzbalkenkonstruktion wieder zum Vorschein. Viel Arbeit zwar für Simone und Raymund Müller, aber eben eine Herzensangelegenheit. "Vergangenen Herbst haben wir angefangen, die Balken zu reinigen und sind dabei sie einzuölen", sagt die 44-jährige Bankangestellte.

Die Balken sind massiv und befinden sich noch in einem guten Zustand. Im Dachbereich mussten zwar einzelne Stellen im Gebälk erneuert werden, aber im Großen und Ganzen steht das rund 30 Meter lange Gebäude ordentlich da. Das Paar hat das ehemalige Solereservoir in der Salinenstraße gegenüber vom Tattersall-Parkplatz vor drei Jahren vom Freistaat erworben. "Wir hatten es besichtigt und ich habe direkt gewusst: Das ist es", sagt die Bad Kissingerin.

Lange Zeit als Lagerhalle genutzt

Das Solereservoir versorgte Mitte des 19. Jahrhunderts die Kurhäuser und Unterkünfte in der Stadt mit Sole von der Unteren Saline. Als "Soletankstelle" war das Gebäude jedoch nicht lange in Betrieb. Die meiste Zeit bis zum Verkauf nutzte oder vermietete der Freistaat es als Lagerhalle und Abstellfläche. Jetzt wollen die Müllers es für sich zum Wohnhaus umbauen.

Das Dach ist neu gedeckt, außerdem wurden erstmals Strom-, Gas-, Telekommunikations- Wasser- und Abwasserleitungen auf das Grundstück gelegt. All das gab es bislang nicht. "Außer mit den alten Soleleitungen war es nicht erschlossen", sagt Raymund Müller (62). Die Kopfenden des Gebäudes sind aus Sandstein gemauert, ansonsten besteht es aus der hölzernen Ständerkonstruktion. Die Stützbalken stehen dabei so weit auseinander, dass ein Pferdefuhrwerk hindurchfahren konnte.

Historische Holzkonstruktion bleibt von innen sichtbar

Der Umbau ist mit der Stadt und dem Denkmalschutz abgestimmt. Zwei Drittel des Gebäudes richten sich für sich als Wohnbereich her, ergänzt durch einen modernen, kleinen Anbau. Daneben ist eine Einliegerwohnung vorgesehen. Das Gebäude wird sozusagen in Dämmung und Außenwände eingepackt, so dass die historische Holzkonstruktion innen offen zu sehen bleibt.

Im vordersten Gebäudeabschnitt zur Salinenstraße wollen sie sie in Zusammenarbeit mit Stadt und Regierungsbezirk einen "musealen Bereich" einrichten. Raymund Müller: "Das ist die Verneigung vor dem Denkmal . Uns war wichtig, dass man den ursprünglichen Zustand, die Verwendung und die damalige Zeit soweit möglich erlebbar machen kann."

Denkbar ist grundsätzlich, diesen auch öffentlich zugänglich zu machen - festgelegt haben sich die Eigentümer da aber noch nicht. Das Solereservoir liege in der Unesco-Welterbezone und könne "in modernen Tourismuskonzepten der Stadt eine Rolle spielen".

Recherchen zum Erbauer Joseph Knorr

Seit dem Kauf 2018 hat Raymund Müllers intensiv zur Geschichte des Solereservoirs und dessen Erbauer, Salineninspektor Joseph Knorr (1809 - 1890), recherchiert. Knorr wurde 1843 Salineninspektor in Kissingen. "Er wohnte in der Unteren Saline und war dort für die Salzproduktion zuständig", berichtet Müller.

Knorr war wesentlich am Ausbau des Salinenbades beteiligt und trieb die Bohrungen am Schönbornsprudel voran. Er plante und errichtete die Soletankstelle in der Salinenstraße. Damaliger Baupreis: 6348 Gulden und zwei Kreuzer. Die Dokumentation zu Leben und Wirken von Knorr in Bad Kissingen soll im Herbst veröffentlicht werden

Damailge Soletankstelle ab 1851 in Betrieb

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts begann Bad Kissingens Aufstieg zum Weltbad. Der Platz an der Salinenstraße lag damals laut Müller außerhalb der Stadt , auf grüner Wiese. Große, zentrale Badehäuser gab es noch keine, Moor- und Solebäder wurden in den Hotels und Kurhäusern in Wannen auf den Zimmern genommen.

"Knechte und Mägde schöpften das Wasser direkt aus Quellen und Reservoirs, während Kurgäste sich dort zur Trinkkur angestellt haben", berichtet Müller. Das Pferdegetrappel und die eisenbeschlagenen Räder verursachten einen ziemlichen Lärm. "Diesen Lärm wollte man aus der Stadt heraus haben", sagt er. Also wurde der Salineninspektor 1850 mit dem Bau der Soletankstelle beauftragt, ab 1851 war sie in Betrieb.

Aufstieg machte Solelager überflüssig

Über den Durchfahrten für die Pferdefuhrwerke waren laut Müller zwei große Tanks angebracht, die zusammen 150 Kubikmeter Sole fassten. Gespeist wurden sie aus Soleleitungen von der Unteren Saline, die Friedrich von Gärtner 1837 hatte anlegen lassen. "Über Nacht sind die Tanks vollgelaufen, so dass die Kutschen morgens die Sole wieder abholen konnten." Die Sole wurde über Schläuche mit Zapfvorrichtungen in die darunter stehenden Fasswagen abgelassen.

"Das Solereservoir war 20 Jahre in Betrieb", sagt der jetzige Eigentümer. Ab Ende der 1860er Jahre begann die Glanzzeit der Stadt . Das Salinenbad und vor allem das Luitpoldbad boten im Vergleich zu den Kurhäusern mit den schlichten Wannen und der kalt gewordenen Sole den deutlich größeren Badekomfort. Nach und nach gaben die Kurhalter die Solebäder in den eigenen Häusern auf.

Historisches Gebäude trifft auf Null-Energie-Standard

Weil die königlichen Badeanstalten direkt über Soleleitungen versorgt wurden, wurde das Solereservoir überflüssig und diente danach nur als Lagerfläche. "Es ist ein Zeugnis von Bad Kissingens alter Kurgeschichte", so Müller.

Der obere Gebäudeteil, der die Tanks beheimatet hat, wird künftig nicht bewohnt. Dafür ist die Geschosshöhe zu niedrig. Die Müllers planen dort Haustechnik unterzubringen, eine Wärmepumpe etwa. Mit einer Photovoltaik-Anlage im Hofbereich und entsprechender Dämmung wollen sie rechnerisch einen Null-Energie-Standard erreichen.

"So werden Moderne und historische Bausubstanz auf eine natürliche Art und Weise miteinander verbunden und nutzbar gemacht. Nur wenn Denkmäler bewohnt oder genutzt werden, kann man sie pflegen und vor dem Verrotten bewahren", sagt Simone Müller.

 
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