Jedes Jahr am letzten Wochenende im Juli herrscht in Bad Kissingen Ausnahmezustand: Drei Tage lang kommen 70.000 bis 80.000 Besucher zum Rakoczy-Fest und verwandeln die Innenstadt in eine große Partymeile. Mit dem Fest feiert die Stadt sich, seine Vergangenheit als Weltbad, die berühmten Gäste, die früher zur Kur hier waren und die Wiederentdeckung der Rakoczy-Quelle, die für den Ruf als Badeort so wichtig ist.
Blumenkorso ein Jahr vorher
Die 87-jährige Ursula Lochner verbindet ganz besondere Erinnerungen mit dem großen Stadtfest. „Ich bin von hier. Rakoczy gehört immer dazu“, sagt die gebürtige Bad Kissingerin. Sie erinnert sich an die erste Brunnenkönigin (heute heißt die Figur Quellenkönigin) Herta Fuchs und deren schönes Kleid. Sie erinnert sich, dass es bereits ein Jahr vor dem ersten Rakockzy-Fest einen Blumenkorso durch die Stadt gegeben hat – quasi als Vorläufer des historischen Umzuges.
Uniform statt Kleid
Beim ersten Rakoczy-Fest 1950 und in den drei Jahren danach war sie dann als Darstellerin beim Festzug dabei – jedoch nicht als Adelige in einem schicken Kleid, sondern als Pandur, ein ungarischer Soldat im Gefolge von Fürst Rákóczi. Es war untypisch für die damalige Zeit, als Frau in die Rolle eines Soldaten zu schlüpfen. Das habe ihr jedoch nichts ausgemacht, belächelt haben die Männer sie dafür nicht.
So trug sie statt eines Kleides wie andere Frauen eine Soldatenuniform mit langem Umhang sowie schwerer, schwarzer Pelzmütze und ließ sich einen Schnauzbart schminken. „Ich bin mehr oder weniger am Tattersall aufgewachsen“, erzählt Lochner. Damals wurde der Tattersall noch als Reithalle genutzt und sie verbrachte so gut wie jede freie Minute bei den Pferden. „Die haben mich immer interessiert“, sagt sie.
Hoch zu Ross, statt auf einem Wagen
Anders als heute waren die Panduren zu der Zeit hoch zu Ross beim Festzug unterwegs und nicht zu Fuß. Wegen ihrer Leidenschaft für Pferde war es für die damals 15-Jährige keine Frage, dass sie als Soldat mitritt.
„Der Festzug hat sich natürlich sehr gewandelt“, findet die Seniorin. Während heute viel mehr Kutschen und Fußgruppen teilnehmen, gab es früher deutlich mehr Berittene. Das ganze Umland half dabei mit, den Festzug mit den benötigten Tieren auszustatten. „Alle aus den umliegenden Dörfern, die Pferde hatten, haben sie für das Rakoczy-Fest zur Verfügung gestellt. Aus den Tieren ist der Zug entstanden“, erzählt sie. Auch Fürst Rákóczi jubelte in den 1950ern der Menge noch nicht von einem Wagen aus zu, sondern ritt die Straßen entlang.
Festzug im Wandel
Ihre Erinnerungen an die ersten Rakoczy-Feste hat Locher auf schwarz-weißen Fotografien in einem Fotoalbum festgehalten. Als Marketenderin war sie in einem Jahr dabei, in einem anderen fuhr sie in einem Biedermeier-Gewand in der Postkutsche mit, später gab sie nochmals einen Pandur.
Dass der Festzug sich gewandelt hat, findet sie gut. „Früher hatte man aus wenig viel gemacht, heute kann man aus dem Vollen schöpfen“, meint sie. Die historischen Persönlichkeiten, die Kutschen und Wagen, die Fußgruppen und Kapellen, schaut sie sich heute noch gern an. Das gehört für sie einfach zum letzten Juli-Wochenende dazu.
Rakoczy-Fest 2023: Die Programmhöhepunkte
Freitag, 28. Juli: Der Festbetrieb wird am Abend offiziell auf dem Marktplatz eröffnet. Erste Höhepunkte sind die Reiterquadrille im Kurpark ab 20 Uhr sowie „Die Saale brennt“ beim Rosengarten ab 21.45 Uhr.
Samstag, 29. Juli: Um 18.30 Uhr beginnt die Vorstellung der historischen Persönlichkeiten im Rosengarten, um 19.30 Uhr startet der Festball im Regentenbau mit Gläserpolonaise durch den Kurgarten (ca. 20.40 Uhr).
Sonntag, 30. Juli: Der historische Festzug startet um 14.30 Uhr in der Au. Direkt im Anschluss findet ab 16 Uhr die Autogrammstunde mit den Historischen im Kurgarten statt. Ab 20 Uhr gibt es die Kurgartenbeleuchtung mit einem Konzert des Jugendmusikkorps. Das Abschlussfeuerwerk ist um 22.15 Uhr geplant.
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