
Die Pläne für einen großen Rewe-Supermarkt in der Oskar-von-Miller-Straße im Gewerbegebiet bergen immensen Zündstoff. Das wurde in der jüngsten Sitzung des Stadtrates deutlich. Im schlechtesten Fall könnte dem Rathaus ein Normenkontrollverfahren drohen, in dem der Bebauungsplan juristisch angefochten und gestoppt wird. So viel vornweg: Verwaltung und Stadtrat stehen mehrheitlich hinter dem Projekt, halten an der Planung fest und sind bereit, das Risiko einzugehen.
Einwand vom Bürger bei Öffentlichkeitsbeteiligung durch Anwalt

Auf dem Gelände der früheren Gärtnerei Zaak, gegenüber des neuen Postverteilzentrums, ist ein Lebensmittelvollsortimenter mit bis zu 2000 Quadratmetern Verkaufsfläche sowie 150 Quadratmetern Gastronomie geplant. Die Pläne, unter anderem auch wegen der kniffligen Verkehrssituation an der Einmündung zur B286, beschäftigen den Stadtrat bereits seit mehr als drei Jahren. Nun wurden die abschließenden Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung behandelt. „Der größte Punkt ist der Einwand eines Bürgers, vertreten durch eine Rechtsanwaltskanzlei“, erklärte die Leiterin des städtischen Bauamts Christine Schwind. Das Rathaus weist diese Einwände jedoch komplett zurück und hat sich für die eigene Argumentation ebenfalls anwaltliche Hilfe geholt.
"Evidente Rechtsfehler" in der Entwurfsplanung
Was sind die Hauptkritikpunkte des Gegners? Er ist Eigentümer eines Geländes, das an einen weiteren Lebensmittelvollsortimenter in der Stadt verpachtet ist. Er fordert, das Bauleitplanverfahren einzustellen. „Die Entwurfsplanung lässt evidente Rechtsfehler erkennen“, heißt es in der Stellungnahme. Es würden raumordnerische Grundsätze missachtet. Des Weiteren offenbare das Verträglichkeitsgutachten handwerkliche Mängel.
Im Verträglichkeitsgutachten wird untersucht, inwiefern andere Lebensmittel- und Einzelhändler in der Stadt und Umgebung, beeinflusst werden, etwa indem sie Kundschaft verlieren. Der Gegner wirft der Stadt zudem vor, dass die Planung gegen das städtische Einzelhandelskonzept verstößt und die Interessen anderer Handelsbetriebe in der Stadt „nicht angemessen berücksichtigt“.
Verwaltung argumentiert dagegen
Die Verwaltung argumentiert dagegen, dass das Verträglichkeitsgutachten hohe und anerkannte Standards erfülle. Im südlichen Stadtgebiet gibt es bislang noch keinen Vollsortimenter, der geplante Markt differenziere und ergänze das vorhandene Angebot und schließe eine Versorgungslücke im Süden. Weiter heißt es, die städtebaulichen Aspekte wurden bereits von der Regierung von Unterfranken bestätigt.
Die Planung steht aus Sicht der Verwaltung auch nicht in Widerspruch zum Einzelhandelskonzept von 2009, da dort die Sicherung und der Ausbau der Nahversorgung ein Ziel sind. Bad Kissingen ist inzwischen nicht mehr Mittel-, sondern Oberzentrum und hat damit eine höhere Versorgungsfunktion.
Die Stadtbevölkerung ist seit 2009 um 7,4 Prozent gewachsen und die Pro-Kopf-Ausgabeleistung um rund 39 Prozent gestiegen. Die Umverteilungsquoten, also das, was andere Geschäfte an Umsatz verlieren, bewegen sich zwischen zwei und neun Prozent und seien damit nicht städtebaulich relevant. Der neue Markt könne zudem die Kaufkraftbindung stärken und neue Nachfrageimpulse setzen, wovon wiederum andere Händler profitieren. Und zuletzt: Der geplante Markt beseitigt den unschönen Leerstand auf dem Zaak-Gelände.
Nicht alle Stadträte überzeugt
In der Diskussion machten Grüne und Linke nochmal deutlich, dass sie das Vorhaben ablehnen. Flächenversiegelung und die Verkehrssituation sind zwei Argumente und: „Das Vorhaben ist an dieser Stelle nicht sinnvoll“, sagte Grünen-Sprecher Richard Fix . Für die südlichen Stadtteile Reiterswiesen und Arnshausen gäbe es fußläufig nähere und geeignetere Standorte. Der frühere Oberbürgermeister Kay Blankenburg ( SPD ) stimmte wegen juristischer Bedenken gegen das Vorhaben: „Ich teile den großen Wunsch, dass dort etwas Vernünftiges entsteht, aber ich tue mir schwer, die Einwände einfach zu wegzuwägen. Ich kann nicht ausschließen, dass wir dort Probleme kriegen“, begründete er.
Unterm Strich stimmte der Stadtrat mit einer Mehrheit vor allem aus CSU , SPD und Freien Wählern dafür, die Planung abzuschließen. 18:9 Stimmen lautete das offizielle Abstimmverhalten, Gegenstimmen kamen von Grünen und Linken, Teilen der DBK sowie Blankenburg. Von amtlicher Seite gingen bei der Öffentlichkeitsbeteiligung zehn Hinweise ein, die aber keine relevanten Änderungen nach sich zogen.
Zum Projekt:
Im März 2024 beschloss der Stadtrat, die baurechtlichen Formalitäten für die Ansiedlung eines Lebensmittelvollsortimenters auf dem Grundstück der ehemaligen Gärtnerei Zaak in einzuleiten. Hierzu ist eine Änderung des Flächennutzungsplans sowie die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich. Dieser könnte später rechtlich angefochten werden.