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Bad Kissingen
Bad Kissingen: Rentner verkauft Ziegen und lässt sie von Käufer schächten - Prozess
Ein Rentner hat wegen mehrfachen Verstoßes gegen das Tierschutz- sowie das Lebensmittelgesetz einen Strafbefehl erhalten und sah das nicht ein. Er ließ es auf ein Gerichtsverfahren ankommen und nahm erst im letzten Moment seinen Einspruch zurück.
Rentner lässt vier seiner Ziegen nach islamischem Ritus schächten       -  Der Angeklagte hat vier seiner Ziegen zum Kauf angeboten und, so die Überzeugung des Gerichts, gebilligt, dass  diese gleich auf dem Hof geschlachtet werden dürfen. Die Tiere wurden vom Kunden nach islamischem Ritus ohne Betäubung zur vollständigen Ausblutung geschächtet. Symbolfoto
Foto: Symbolbild: Carmen Jaspersen/dpa | Der Angeklagte hat vier seiner Ziegen zum Kauf angeboten und, so die Überzeugung des Gerichts, gebilligt, dass diese gleich auf dem Hof geschlachtet werden dürfen.
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 17.08.2022 08:15 Uhr

Eigentlich hätte sich ein Rentner aus Bad Kissingen den zusätzlichen Ärger als Angeklagter vor Gericht sparen können. Doch er hielt sich für absolut unschuldig, weshalb er gegen den ihm erteilten Strafbefehl zur Zahlung einer Gesamtstrafe von 3300 Euro wegen mehrfachen Verstoßes gegen das Tierschutz- sowie das Lebensmittelgesetz durch seinen Anwalt Einspruch erhoben hatte. Nach fast einstündiger Verhandlung konnte er dann doch noch überzeugt werden, seinen Einspruch zurückzunehmen.

Der 65-Jährige war gleich mehrerer Straftaten beschuldigt worden. Er hatte im vergangenen Jahr auf seinem Hof 14 Ziegen und Schafe gehalten, ohne deren Haltung angemeldet und die Tiere gekennzeichnet zu haben. Damit hatte er gegen die Viehverkehrsordnung verstoßen.

Illegal Tiere gehalten: Rentner verkauft Ziegen und schlachtet sie ohne Betäubung

Über seinen Sohn hatte er seine Ziegen im Internet zum Kauf angeboten. Vier Ziegen wurden an einen Kunden verkauft mit der Billigung, diese gleich auf dem Hof schlachten zu dürfen. Die Tiere wurden vom Kunden nach islamischem Ritus ohne Betäubung zur vollständigen Ausblutung geschächtet. Damit hatte sich der Tierhalter der Beihilfe zur vierfachen quälerischen Tiermisshandlung und des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz schuldig gemacht.

Die vier Ziegen wurden vor Ort gehäutet und ausgenommen, drei Ziegen an Ort und Stelle zerlegt. Die Abfälle wurden nicht ordnungsgemäß entsorgt, so dass auch kein gesetzlich vorgeschriebener Entsorgungsnachweis vorgelegt werden konnte, womit gegen ein Tiernebengesetz verstoßen wurde.

Schließlich wurde keine ordnungsgemäße Fleischbeschau durchgeführt. Das Fleisch der Tiere hatte der Käufer, der für seine Tat in einem getrennten Verfahren belangt worden war, für den Verzehr anlässlich des islamischen Zuckerfestes (Fest des Fastenbrechens nach dem Ramadan) gedacht. Ein Tier wollte der Kunde mit seiner eigenen Familie verzehren, das Fleisch der anderen Ziegen wollte er an mehrere Bekannte weitergeben. Damit hatte sich der angeklagte Tierhalter nach geltendem Lebensmittelgesetz der Beihilfe zum "Inverkehrbringen von zum Verzehr nicht geeigneter Lebensmittel" strafbar gemacht.

Illegale Tierhaltung: Rentner gibt sich unschuldig

Der Angeklagte schien sich all der Straftaten nicht bewusst zu sein. Er verwies auf seinen Krankheitszustand, auf einen Nachbarschaftsstreit, weshalb er alle Ziegen verkaufen wollte, und auf die Tatsache, dass er selbst damit nichts zu schaffen habe, da er bei der Schlachtung nicht dabei gewesen sei.  Doch er widersprach sich durch seine Aussage, er sei jeden Tag - "ohne eine Ausnahme!" - einmal morgens und einmal abends bei den Tieren gewesen. "Und dann wollen sie nichts davon mitbekommen haben?" zog die Richterin seine Unwissenheit in Zweifel. Und hielt ihm vor: "Als Tierhalter sind Sie gesetzlich für alles verantwortlich."

Der Verteidiger, der den Einspruch gegen den Strafbefehl nicht für den Vorwurf der unangemeldeten Tierhaltung, sondern nur für die Punkte 2 bis 4 geltend machte, bestand auf der Aussage seines Mandanten, dieser habe von allem nichts gewusst, nichts genehmigt oder gebilligt. "Wo ist denn da die rechtliche Grundlage?" "Die ergibt sich aus dem Tierrecht und all seinen Nebengesetzen", kam prompt die Antwort der Richterin.

Nach weiteren, teils impulsiven und unbedachten Äußerungen des verärgerten Seniors zog die Richterin die "Reißleine" und machte den Anwalt darauf aufmerksam, welche Folgen sich aus der Fortführung der Verhandlung ergeben würden: "Wenn wir dieses Verfahren weiter durchziehen, dann wird es für ihren Mandanten teurer und der Sohn bekommt ein eigenes Verfahren." Sie drängte dem Anwalt eine Unterbrechung mit der Möglichkeit zum Gespräch mit seinem Mandanten förmlich auf, die dieser dann auch in Anspruch nahm.

Prozess wegen Tierquälerei: Mann aus Bad Kissingen zieht Einspruch zurück

Nach zehn Minuten der Beratung informierte er das Gericht, sein Mandant nehme den Einspruch zurück. Damit war die Verhandlung abgeschlossen, ohne dass die etwa zehn geladenen Zeugen - darunter der Sohn, andere Angehörige sowie Mitarbeiter des staatlichen Veterinäramtes - noch befragt zu werden brauchten.

 
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  • R. A.
    Für derartige unbelehrbare Zeitzgenossen gibts nur ein probates Mittel. Alles auf den Geldbeutel und alle Kosten aufbrummen. Dem verteidigenden Anwalt darf man getrost Geldgeilheit vorwerfen, denn er ist Jurist und hätte die Ausweglosigkeit und den nutzlosen Verbrauch an Ressourcen erkennen müssen. Da muss man den Kunden auch vor sich selbst schützen. Sind meine Kunden uneinsichtig, ziehe ich es vor, den Auftrag nicht auszuführen. Bei Anwälten sieht das zuweilen so aus, dass sie ihren Mandanten gerade zu ausweiden. Wenn sie es so wollen, klar, sonst macht es ein Anderer.
    Uneinsichtigkeit ist auch eine Art von Dummheit.
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