
Es sind schon viele Argumente zum Thema auf dem Tisch, etliche Wortmeldungen hat es gegeben. Tenor: Die große Mehrheit im Stadtrat befürwortet das geplante Alkohol- und Cannabisverbot. Es sind immer wieder dieselben Detailfragen, die, in abgewandelter Form, von Rätinnen und Räten gestellt werden.
Dann hat Anton Schick, zweiter Bürgermeister und DBK-Stadtrat, genug. Er stellt den Antrag zum Beenden der Debatte. „Sind alle dafür?“, fragt Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD). So gut wie alle: 20 grüne Kärtchen werden gehoben, nur drei rote. Bei der Abstimmung über das Verbot: gleiches Ergebnis. Damit kann die neue „Verordnung der Stadt Bad Kissingen über das Verbot des Konsums sowie des Mitführens von alkoholischen Getränken und Cannabisprodukten“ kommen. Beide Verordnungen treten am 18. April in Kraft.
Die Sicht der Stadt zum Alkohol- und Cannabisverbot
Bevor es zu der Entscheidung kommt, sagt Vogel: „Zu bestimmten Zeiten ist die Ordnung nicht so, wie sie sein sollte. Die Erneuerung vieler Plätze in der Stadt sollte nicht einladen zu übermäßigem Alkoholkonsum.“ Die Verordnung soll „Ordnung zu jeder Zeit“ ermöglichen. Es gebe dazu auch Hinweise der Polizei zu Ordnungswidrigkeiten und Belästigungen, sagt später die Leiterin des Ordnungsamts, Corina Büttner.
Bad Kissingen – und besonders die Kuranlagen – seien, so Vogel, nicht zum Alkoholtrinken oder Kiffen da. Im Gegenteil: Dort soll Ruhe herrschen, die Menschen sollen sich erholen. Auch in der Innenstadt gibt es aus Sicht der Stadtverwaltung, der Polizei, des Ordnungsamts und nach Meldungen von Bürgerinnen und Bürgern zu viel Lärm, Müll, Belästigungen aller Art und sogar Vandalismus aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums. Deshalb soll die Verordnung auch dort in bestimmten Bereichen gelten.
Vogel: „Wir wollen nicht überreagieren, aber agieren.“ Es gebe eine Fehlentwicklung in Bad Kissingen, der die Stadt entgegenwirken möchte. Schließlich, und das wird immer wieder als Argument für das Verbot geäußert, sei „eine sichere und saubere Stadt ein Aushängeschild“ und man müsse etwas für das subjektive Sicherheitsgefühl tun.
Notwendig werde die Verordnung auch, weil die Behörden in den Kuranlagen, die privatrechtlich verwaltet werden, keine Handhabe haben, gegen Probleme vorzugehen, so Büttner. „Das kritisiert die Polizei, weil die Regelung nicht ausreicht, um Störungen zu verhindern.“
Die Verordnungen
Konkret sieht die Verordnung vor, dass in Luitpoldpark, Kurgarten, Europawiese und an der Ludwigsbrücke das Cannabisverbot immer gelten soll, während das Mitführen und der Konsum von Alkohol auf die Zeit von Ende März bis Ende Oktober, 18 bis 6 Uhr, verboten wird. Eine Formulierung, die nicht allen Räten gefällt.
Im Innenstadtbereich erstreckt sich das Verbot beider Rauschmittel aufs ganze Jahr.
Bei Zuwiderhandlungen droht ein Bußgeld von bis zu 1000 Euro.
Die Diskussion im Stadtrat
Es fallen Schlagworte wie „die Freien Wähler sind der Verordnung zugetan“ (Andreas Kaiser), „einen Versuch ist es wert“ (Christina Scheit, SPD) oder „die CSU-Fraktion steht hinter der Verordnung“ (Steffen Hörtler). Die große Mehrheit im Rat will das Verbot.
Alexander Koller (DBK) möchte wissen, ob die Bereiche der Verordnung ausgeweitet werden können, falls Trinkgelage an andere Orte verlegt werden. Antwort der Stadt: Das Gebiet ist erweiterbar.
Kontrollen durch Polizei und Ordnungsdienst
Die Stadt will einen Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) einrichten, der das Verbot kontrolliert. Außerdem werden laut Vogel Polizei und Sicherheitswacht verstärkt darauf achten. Hilfsangebote für Menschen, die dem Alkohol zu sehr zugetan sind und für Probleme sorgen, sollen „unterstützt“ werden.
Vogel: „Wir wollen uns anschauen, wo man entsprechende Räume schaffen kann. Es ist eine Aufgabe, über die man sich Gedanken macht.“ Er verweist auf den Runden Tisch Sicherheit, an dem unter anderem auch die Vertreter von Kidro (Drogenhilfe, Red.) teilnehmen.
Genusstrinken möglich?
Die Frage nach dem Umgang mit Genusstrinken, etwa ein Gläschen Sekt im Park oder Weinführungen, wird ebenfalls gestellt. Dazu soll es Ausnahmeregelungen geben und einen Ermessensspielraum bei Kontrollen.
Hinweise auf das neue Verbot
Martina Greubel (DBK) und andere wollen wissen: Wie soll auf das Verbot hingewiesen werden? Eine konkrete Antwort darauf hat die Verwaltung nicht, sieht aber, dass dies sinnvoll sein könnte. Vogel: „Wir schauen, wie wir das umsetzen.“ Piktogramme sind laut Büttner denkbar.
Alkohol versus Cannabis
Warum in den Parks Alkohol nur zu bestimmten Jahreszeiten, Cannabis aber immer verboten sei, möchten Larissa Renninger und Richard Fix (Grüne/BfU/ÖDP) wissen.
Dirk Vogels Antwort überzeugt sie nicht, denn beide stimmen, so wie Stadtrat Klaus Werner (ebenfalls Grüne/BfU/ÖDP), gegen die Verordnung. Vogel: „Alkohol führt zu Enthemmung und entlädt sich in lautem Verhalten, Müll oder Aggressivität. Das wollen wir nicht.“ Ob er aus eigener Erfahrung spricht oder nicht, lässt Vogel offen. Aber: Bei Alkohol heiße es doch immer wieder, gerade wenn Jüngere dabei sind, „trink das doch mal mit“. Das wolle er als Vater nicht.
Und Cannabis? Vogels Einschätzung: „Cannabis gehört einfach nicht zum Bild der Stadt, ich möchte nicht, dass es sich ausweitet. Das Milieu, in dem Cannabis konsumiert wird, zieht Heranwachsende an, wir wollen es unattraktiv machen. Ich meine das fürsorglich und würde es gerne kleinhalten.“
Zu Sinn und Zweck der Verordnung
Bevor Anton Schick seinen Antrag zum Ende der Debatte einreicht, ergreift SPD-Stadtrat Kay Blankenburg das Wort. „Es soll keine Diskussion Alkohol gegen Cannabis werden, beide Stoffe wirken berauschend“, sagt er. Und: „Nicht jeder wird erwischt. Aber Sinn und Zweck ist, dass die Polizei eine Handhabe hat.“ Blankenburg weiter: Das Verbot sei nötig, weil die Stadt mit ihrem Stadtbild und den Kuranlagen ihr „Geld verdient“. Er setzt bei der Umsetzung auf das „Fingerspitzengefühl der Polizei“.
Die Verordnung ist auf vier Jahre befristet. Die einhellige Meinung: Verbessert sich die Situation, kann sie wieder außer Kraft gesetzt werden.
