
In der Stadtratssitzung am Mittwoch, 2. April, wurde entschieden: An mehreren Orten in Bad Kissingen ist – zumindest für die nächsten vier Jahre – das Mitführen und der Konsum von Alkohol und Cannabis untersagt . Das Verbot gilt, wenn Alkohol und Cannabis zum Konsum am jeweiligen Ort bestimmt sind, wie es in der Verordnung heißt.
Im Interview sagt Christian Pörtner, Chef der Bad Kissinger Polizei, wie er zu dem nun erlassenen Verbot steht.
Herr Pörtner, ist ein solches Verbot notwendig in Bad Kissingen?
Pörtner: Es gibt in der Stadt einige Orte, zum Beispiel im Eingangsbereich der Fußgängerzone (Umfeld des ehemaligen Kupsch), in Parks, im Umgriff des Landratsamts, beim ehemaligen Postamt, an denen sich bestimmte Gruppen versammeln und auch Alkohol konsumieren. Auch vor der Kirche ist das so und des Öfteren auch, wenn dort Gottesdienst gefeiert wird. Dann kommt es immer wieder zu Ruhestörungen, anderen Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, aber auch zu Auseinandersetzungen. Unrat wird zurückgelassen und Scherben von zerbrochenen Flaschen bleiben liegen.
Die Verordnung ist auch deshalb wichtig, weil wir in Bad Kissingen die besondere Situation haben, dass einige Flächen öffentlich sind, also städtisch, andere wiederum privat beziehungsweise staatlich. Letztere sind die Flächen im Staatsbad, etwa der Luitpoldpark. Die bisherige Grünanlagen- beziehungsweise Sondernutzungssatzung gilt nur für die städtischen Flächen. Nun haben wir mit der neuen Verordnung auch auf den Flächen der Staatsbad GmbH eine Regelung, die das thematisch in Bezug auf Alkohol und Cannabis sozusagen unter einen Hut bringt.
Können Sie auf die bisherige Konstellation etwas mehr eingehen?
Pörtner: Beispielhaft sei der Bereich nördlich beziehungsweise südlich der Ludwigsbrücke genannt. Während die Grünanlagensatzung im Rosengarten den Alkoholkonsum bereits regelt, ist auf der anderen Seite der Brücke im Luitpoldpark ein Regelungsvakuum, da die städtische Verordnung auf Flächen der Staatsbad GmbH nicht gilt. Eine GmbH ist nun mal eine privatrechtliche Rechtsform. Mit dieser Sicherheitssatzung kann dieses Ungleichgewicht geschlossen und unverständliche Unterscheidungen zwischen gleichartigen Flächen können ausgeräumt werden.
Hat Bad Kissingen ein Problem mit Alkohol und Cannabis?
Pörtner: Bad Kissingen, das betone ich immer wieder, ist ein sicherer Ort zum Leben. Wir haben keine Schwerkriminalität. Aber es gibt immer wieder Probleme an bestimmten Orten, vor allem, nachdem dort Alkohol konsumiert worden ist. Wir haben dazu ein sehr detailliertes Lagebild, das uns zeigt, dass es diese Probleme gibt. Im Gegensatz dazu wird es kein allgemeines Messerverbot geben, weil es hierzu eben kein entsprechendes Lagebild oder Auffälligkeiten gibt. Sollte sich das ändern, werden wir auch darüber diskutieren müssen.
Welche Rolle spielt die Verordnung für die Polizei?
Pörtner: Die erlassene Verordnung, die in Zusammenarbeit zwischen Stadt, Ordnungsamt und Polizei entwickelt wurde, bietet uns die Grundlage und das Handwerkszeug, solches Verhalten im Zusammenhang mit Alkohol und Cannabis zu sanktionieren und nicht nur Platzverweise auszusprechen. Aus polizeilicher Sicht ist es eine konsequente und notwendige Norm, die chirurgische Sanktionen ermöglicht, wo sie notwendig sind.
Die Situation in Bad Kissingen ist nicht dramatisch, aber es ist ein Thema.
Wer verursacht diese Probleme hauptsächlich?
Pörtner: Es sind vor allem uns bekannte Gruppen aus der Alkohol- und Drogenszene, die es auch in Bad Kissingen gibt, und deren Mitglieder immer mal wieder untereinander in Streit geraten. Menschen mit Migrationshintergrund sind dabei nicht schwerpunktmäßig involviert, obwohl einige immer wieder das Gegenteil behaupten.
Aus der Bevölkerung ist der Druck, hier aktiv zu werden, in der Vergangenheit größer geworden. Bei uns und auch bei der Stadtverwaltung melden sich immer wieder Bürger, die sich gestört fühlen durch Alkoholgelage und die daraus resultierenden Effekte. Bad Kissingen ist bei solchen Dingen sehr sensibel, was auch darauf zurückzuführen ist, dass viele Menschen von außerhalb, seien es Touristen oder Kurgäste, in der Stadt sind. Auch gibt es immer wieder Mitteilungen, dass im Umfeld dieser Hotspots Rauschgift konsumiert und mitunter gehandelt wird. Es kommt auch hier immer wieder mal zu Aufgriffen.
Zur Person: Christian Pörtner ist verheiratet und hat zwei Söhne. Er stammt aus Bad Kissingen. Seit Juli 2022 ist er Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Bad Kissingen.
Was bedeutet das Verbot für Menschen, die einfach draußen ein Gläschen Sekt oder ein Bier trinken möchten?
Pörtner: Zunächst muss festgehalten werden: Gastronomiebetriebe und Angebote, die in direktem Zusammenhang mit diesen stehen, zum Beispiel Weinführungen und ähnliches, sind ausgenommen. Bei der Kontrolle vor Ort, wenn Verstöße festgestellt werden, aber vor allem bei der Ahnungs- und Verfolgungsbehörde gibt es ein pflichtgemäßes Ermessen. Die festgestellten Einzelfälle werden dort entsprechend bewertet. Wenn es keine Hinweise darauf gab, dass es zu Problemen gekommen ist, dann wird das so an die Behörde kommuniziert.
Das frisch verheiratete Paar, das ein Glas Sekt im Park mit ihrer Hochzeitsgesellschaft trinken möchte, kann das weiter tun, wenn es zuvor unkompliziert eine Ausnahme bei der Stadt Bad Kissingen beantragt. Es geht darum, den Problemen, die mit übermäßigem Alkoholkonsum verbunden sind, Einhalt zu gebieten. Die Stadt Bad Kissingen wird für gastronomische Veranstaltungen und Konzepte, aber auch für sozialadäquate Einzelfälle und -bedarfe unkompliziert Ausnahmegenehmigungen erteilen. Im Übrigen ist, sollte man sich die Verbotszonen genau anschauen: Es ist ja nicht das gesamte Stadtgebiet betroffen.
Und wie soll das Verbot kontrolliert werden?
Pörtner: Die Polizei tut dies im Rahmen ihrer Arbeit und die Stadt wird einen kommunalen Ordnungsdienst einrichten. Wir werden vor allem in der Sommerzeit mit gezielten Kontrollen je nach Lageentwicklung darauf reagieren.
Wird das Problem damit vollständig gelöst?
Pörtner: Eine vollständige Lösung gibt es nicht. Die Gesellschaft muss ein bestimmtes Maß an Störung ertragen können. Das gilt auch für Störungen im Zusammenhang mit Alkohol oder Cannabis.
Die Menschen, die durch Alkoholkonsum Probleme bereiten, werden durch die Verordnung aus der Stadt gedrängt. Welche Möglichkeiten der Hilfe für sie gibt es?
Pörtner: Das geht über die Aufgabe der Polizei hinaus. Die Stadt und die Zivilgesellschaft müssen überlegen, was man diesen Menschen anbieten kann. Neben anderen Plätzen denke ich an eine verstärkte aufsuchende Sozialarbeit. Allerdings sind solche Angebote mit immensen Kosten verbunden. Es muss im Rahmen der Möglichkeiten auf Kommunikation, Sozialpädagogik, aber auch auf konsequente Maßnahmen der Arbeitsverwaltung gesetzt werden.
Die meisten Probleme gibt es offenbar aufgrund starken Alkoholkonsums. Warum wird auch Cannabis verboten?
Pörtner: Cannabis als neue „legale“ Droge ist in der Regel parallel zum Alkohol ein Suchtstoff, der an solchen Orten konsumiert wird und dadurch den „Herumlagern-Charakter“ an solchen Orten verstärkt. Der Gesetzgeber hat im Artikel 30 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes daher konsequent Alkohol und Cannabis aufgenommen. Außerdem wird diese Verordnung ohnehin Verbotsnormen überlagern. So sind aus Gründen der Nähe zu Spielplätzen, Schulen oder Orten, an denen sich Minderjährige aufhalten, der Cannabiskonsum bereits verboten. Durch diese speziellen Orte ist damit auch eine gewisse Rechtssicherheit gegeben.
