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Bad Kissingen
Warum in Bad Kissingen mehr Jugendhilfe nötig ist
Die Zahlen sprechen für sich: Seit Einführung der Jugendsozialarbeit an der Anton-Kliegl-Mittelschule steigen die Fallzahlen um 64 Prozent. Die Schule fordert deshalb eine zusätzliche Stelle.
Mit ihren Nöten können sich Kinder und Jugendliche an die Jugendsozialarbeit ihrer Schule wenden.       -  Mit ihren Nöten können sich Kinder und Jugendliche an die Jugendsozialarbeit ihrer Schule wenden.
Foto: SymbolRebecca Reith | Mit ihren Nöten können sich Kinder und Jugendliche an die Jugendsozialarbeit ihrer Schule wenden.
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 02.10.2024 02:46 Uhr

Seit September 2016 besteht an der Anton-Kliegl-Mittelschule (AKMS) eine Vollzeitstelle für die Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS). Partner des Landkreises ist die Gesellschaft zur Förderung beruflicher und sozialer Integration (gfi GmbH, Schweinfurt), die seitdem das benötigte Personal stellt.

Jetzt hat die Mittelschule beim Landratsamt ein Mehrbedarf gemeldet. In seiner Sitzung am Mittwoch beschloss daraufhin der Stadtrat , die Aufstockung um eine halbe JaS-Stelle ab Januar 2025 zu unterstützen. Voraussetzung ist, dass der Landkreis eine Förderung durch den Freistaat erhält, die bereits bestehende Vereinbarung mit dem Landratsamt anpasst und die benötigten Finanzmittel in den städtischen Haushalt 2025 einstellt. 

28 Prozent der Schüler mit Migrationshintergrund

Als niedrigschwelliges Angebot der Jugendhilfe haben Schülerinnen und Schüler der Kliegl-Mittelschule ebenso wie deren Eltern und Lehrkräfte die Möglichkeit, sich beim JaS-Personal umfassend und schnell Hilfe zu holen. An der Schule, deren Schülerzahl durch Migranten und Flüchtlinge in den vergangenen sechs Jahren um 100 Kinder gestiegen ist, nehmen die damit in Zusammenhang stehenden und im Tagesbetrieb erkennbaren Problemfelder zu.

So sind seit Einführung der Jugendsozialarbeit die Fallzahlen an der Mittelschule um 64 Prozent gestiegen. Von den betroffenen Kindern haben 28 Prozent einen Migrationshintergrund. Häufige Ursachen für die Inanspruchnahme der JaS-Hilfe sind verbale und psychische Konflikte mit Mitschülern ebenso wie familiäre Probleme, aber auch Schwierigkeiten in der Schule wegen mangelnder Konzentrationsfähigkeit, autoaggressives Verhalten, Probleme im Aufbau und Halten sozialer Kontakte bis hin zu Suizid-Androhungen.

Erneut Förderung für Jugendsozialarbeit ab 2024

Durch die Arbeit der JaS oder Weiterleitung an Jugendhilfeeinrichtungen und -dienste konnten immerhin knapp 64 Prozent aller Fälle bisher als beendet erklärt werden. Im ersten Jahr 2016 hatte die Quote nur bei knapp über 36 Prozent gelegen.

Nachdem der Landkreis im Jahr 2023 keine Förderung beim Freistaat beantragen konnte, da keine Haushaltsmittel für die JaS zur Verfügung standen, können heuer im Rahmen einer vierten Ausbaustufe wieder Anträge gestellt werden. Der Landkreis würde für die Zeit ab Beginn des neuen Schuljahres (September) erneut eine Förderung beantragen, um eine zusätzliche Fachkraft über die bfi zu finden.

Zusätzliche Fachkraft für Jugendsozialarbeit an Mittelschule

Die Finanzierung würde – wie bisher in einer Vereinbarung geregelt – abgewickelt werden. Demnach unterstützt der Freistaat eine Vollzeitstelle mit 16 360 Euro und eine halbe Stelle entsprechend mit 8 180 Euro. Der Landkreis übernimmt dann mindestens denselben Betrag oder die Hälfte des Restbetrags.

Das Personal wird angelehnt an den Öffentlichen Dienst (S11) je nach individueller Berufserfahrung eingestuft. Hinzu kommen die Sachkosten (Verwaltungspauschale, Büromaterial) und andere Kosten (Supervision, Fortbildung). Dem entsprechend würden sich bei 1,5 Vollzeitstellen Gesamtkosten von 93 400 Euro ergeben, die aufgeteilt werden in die staatliche Förderung in Höhe von 24 540 Euro sowie jeweils 34 430 Euro für Landkreis und Stadt Bad Kissingen .

Jugendsozialarbeit ist Aufgabe der Kommunen

„Eine Besetzung der zusätzlichen halben JaS-Stelle ab 1. Januar 2025 erscheint sinnvoll“, hieß es abschließend in der Beschlussvorlage für den Stadtrat , doch sei deren Einstellung letztlich auch von der Bewerberlage abhängig.

In der anschließenden Diskussion wurde aus dem Ratsgremium mehrfach angemerkt, dass dies doch eigentlich eine Aufgabe des Staates und nicht der Kommune sei. Doch der Oberbürgermeister verwies auf die Rechtslage, wonach der Schulbetrieb nun mal Aufgabe der Kommune ist.

Das sagen die Stadträte

Nach Stadtrat Andreas Kaiser ( Freie Wähler ) solle zumindest der Förderanteil des Freistaats höher sein. Sein SPD-Kollege Bernd Czelustek , Rektor der Henneberg-Grundschule, unterstützte den Antrag der Stadtverwaltung: „Das ist sehr gut angelegtes Geld.“ Auch seine Fraktionskollegin Christina Scheit, Vorsitzende des Elternbeirats an der Kliegl-Mittelschule, meinte: „Jede Hilfe ist wirklich wertvoll.“

Stadträtin Martina Greubel (DBK) schlug vor, seitens der Stadt diesen JaS-Mitarbeitern, „die oftmals für die Kinder und Jugendlichen der Fels in der Brandung sind“, eine Jahreskarte für das Terrassenschwimmbad, den Wildpark Klaushof oder für die Stadtbibliothek zu spendieren.

Besondere Behandlung der Jugendhilfemitarbeiter? 

Doch sowohl Oberbürgermeister Dirk Vogel ( SPD ) als auch sein Amtsvorgänger und heutiger SPD-Stadtrat Kay Blankenburg hielten ihr entgegen, dies widerspreche dem Gleichheitsprinzip. Vogel: „Wenn wir hier anfangen, könnten wir dies auch jedem hier in der Verwaltung geben.“ Auch Greubels Ergänzung, wonach JaS-Mitarbeiter besonderen Situationen ausgesetzt seien, indem Kinder ihnen Probleme aus Gewalt- und Missbrauchserfahrung anvertrauen, änderte nichts. So meinte Blankenburg, für solche extremen Lebenslagen seien dann doch die Jugendhilfe und das Jugendamt zuständig.

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