Das Rettungswesen steht vor vielen Herausforderungen. Einer, der sie aus der Praxis kennt, ist Andreas Seidl. "Wir kriegen unsere Fahrzeuge alle besetzt", sagt er. Aber es ist ein ständiges Ringen um Personal, Dienstpläne und um ehrenamtliche Helfer. Seitdem der Wollbacher 2010 sein Abitur gemacht hat, arbeitet er beim Kreisverband des Roten Kreuzes im Rettungsdienst - zuerst als Zivildienstleistender, dann als Rettungsassistent, inzwischen als Notfallsanitäter. Ab 1. August kehrt er dem aktiven Rettungsdienst den Rücken. Als erster "Rescue-Manager" in Süddeutschland wechselt er ins Administrative und unterstützt dann als Referent direkt die Kreisgeschäftsführung.
"Der Markt ist hart umkämpft", weiß Seidl. Private Anbieter konkurrieren mit Wohlfahrtsverbänden nicht nur um Personal, sondern auch um die Preise, wer den Rettungsdienst zu den günstigeren Konditionen anbietet. Gleichzeitig soll in den nächsten Jahren die Digitalisierung weiter Einzug halten - etwa um den Notarzt telemedizinisch zum Einsatz zuzuschalten, so dass er von der Klinik aus in den Rettungswagen diktiert, wie der Patient versorgt werden muss.
Das zentralste Problem, vor dem das Rettungswesen steht, ist eines, mit dem alle Gesundheitsberufe zu kämpfen haben: zu viel Arbeit für zu wenig Personal. "Wir haben zunehmende Einsatzzahlen durch eine überalternde Bevölkerung", sagt er. Zudem werde bei vielen Dingen der Rettungsdienst alarmiert, bei denen eigentlich ein Anruf beim hausärztliche n Notdienst ausreichend wäre.
Eine Schwierigkeit bei der Personalgewinnung ist der Schichtdienst. 12-Stunden-Schichten sind im Rettungsdienst weit verbreitet. Lange Dienste mit einer zunehmenden Einsatzfrequenz fordern den Mitarbeitern mehr ab. Gleichzeitig ist die "Vereinbarkeit von einem Schichtdienst mit Familie ist schwierig", erklärt Seidl, der selbst verheiratet ist und zwei kleine Kinder hat. Er geht davon aus, dass das Rote Kreuz in Bayern künftig die Acht-Stunden-Schicht als Standard einführen wird, um attraktiver zu sein. Nachteil sei wiederum, dass mit dem Acht-Stunden-System mehr Personal gebraucht werde.
Nicht zuletzt ist der Rettungsdienst damit konfrontiert, ausreichend Ehrenamtliche zu finden, die die hauptberuflichen Rettungskräfte nebenher unterstützen. "Zum Beispiel bei Bränden und großen Unfällen sind wir dringend auf sie angewiesen, um die Fahrzeuge zu besetzen", betont der Notfallsanitäter.
Auf die Problem-Gemengelage hat der BRK Kreisverband Bad Kissingen nur bedingt Einfluss.
Hauptaufgabe für Bayerns ersten "Rescue-Manager" wird es sein, als Bindeglied zu fungieren zwischen der Geschäftsführung und dem Rettungswesen. "Das ist eine hochwertige Qualifikation, die wir da haben", lobt Kreisgeschäftsführerin Margit Schmaus. Bei Andreas Seidl handle es sich um ein Eigengewächs, der im Kollegenkreis sehr geschätzt werde. Das Kissinger BRK organisiere grundsätzlich die Führungsstruktur neu, um moderner, schneller und schlanker zu werden, erklärt sie. Seidl soll die Geschäftsführerin künftig entlasten und Projekte realisieren.
Der BRK Kreisverband beschäftigt derzeit 230 Mitarbeiter, davon sind 100 hauptamtlich im Rettungsdienst tätig. Unterstützt werden sie von knapp 30 ehrenamtlichen Mitarbeitern. Hinzu kommen ehrenamtliche Helfer in den Bereitschaften und Schnelleinsatzgruppen.
Aktuell fährt Seidl zwar noch Einsätze für die Wache Hammelburg, die Dach- und Fassadensanierung des Rot-Kreuz-Hauses Münnerstadt verantwortet er aber bereits. Der aktive Dienst wird ihm fehlen. "Wenn wir mit dem Notarzt an der Einsatzstelle gute Arbeit geleistet haben und später erfahren, dass der Patient überlebt hat, ist das ein schönes Gefühl", sagt er. Das macht den Rettungsdienst einzigartig.