Die Verärgerung bei den Betroffenen war riesig: Quasi über Nacht und ohne dies vorab ausreichend an die Kunden zu kommunizieren, hatte die Commerzbank ihre Filiale in Bad Kissingen zum Jahreswechsel geschlossen. Kunden, die eigentlich ihren Berater aufsuchen und Bankgeschäfte erledigen wollten, standen ratlos und wütend vor der verschlossenen Schalterhalle. Ein Zettel an der Türe verwies sie auf die Automaten im SB-Bereich oder sich an die Filiale in Schweinfurt zu wenden.
SB-Bereich seit August geschlossen
Seit 17. August gibt es nicht einmal mehr den SB-Bereich. Die Geldautomaten und die Überweisungsterminals wurden abgebaut, der Commerzbank-Schriftzug über dem Eingang abmontiert. Die Bank ist seitdem nicht mehr zugänglich und einer der prominentesten Leerstände am Kissinger Marktplatz. Privatkunden der Commerzbank aus Bad Kissingen haben nun keine andere Wahl, als ihren Bankverkehr entweder online zu erledigen oder dafür ins rund 30 Kilometer entfernte Schweinfurt zu fahren.
Gespräche mit möglichem Nachmieter
Wie geht es mit dem Leerstand weiter? Laut Hausverwalter Wolfgang Wurster endet das Mietverhältnis mit der Commerzbank Ende Oktober. Einen neuen Mieter gebe es noch nicht. Allerdings seien Interessenten vorhanden, mit denen vielversprechende Gespräche laufen. „Noch ist nichts entschieden“, sagt Wurster. Die Verhandlungen seien in einem finalen Stadium, könnten sich aber noch etwas in die Länge ziehen. Zum potenziellen Nachmieter macht er unter Hinweis auf eine Verschwiegenheitspflicht keine Angaben. Kommt es zu einem Vertragsabschluss, werde man öffentlich informieren.
Größter Leerstand im Zentrum
Laut Ralf Ludewig, Vorsitzender vom Stadtmarketingverein Pro Bad Kissingen , handelt es sich bei der ehemaligen Commerzbank um den aktuell größten Leerstand in der Innenstadt. In zentraler Lage gebe es glücklicherweise aktuell kaum Brachen, der überwiegende Teil an Läden und Gastronomie ist besetzt. Leerstände finden sich eher an den Randlagen. „Die Stadt ist insgesamt gut versorgt mit Läden“, sagt er.
Gute Lage
Die Bad Kissinger Innenstadt sieht er wegen des hohen (Tages-)Gästeaufkommens als sehr guten Geschäftsstandort. Von der Lage her sei grundsätzlich ein Einzelhandelsbetrieb in der Commerzbank denkbar. „Es ist eine sehr gute Stelle, an der man sich alles vorstellen könnte“, meint Ludewig. Mit Blick auf das in der Stadt vorhandene Ladensortiment, sieht er Bedarf im Bereich Herrenbekleidung, Sport, Wandern und Outdoor, Schuhe oder im preislich gehobenen Bekleidungssektor.
Gleichzeitig gibt er zu Bedenken, dass das Commerzbank-Gebäude baulich keine idealen Voraussetzungen für einen Einzelhändler bietet: Die Eingangssituation mit der Treppe sei ungünstig, zudem verfüge das Gebäude über keine große Schaufensterfläche.
Hintergrund zur Filialschließung
In Bad Kissingen war die Commerzbank ab 1970 mit einer Filiale vertreten. Am Standort am Marktplatz war zuvor die Dresdner Bank untergebracht, 2010 hatte die Commerzbank die Filiale übernommen. 2022 hatte das Unternehmen angekündigt, 2023 sein Filialnetz anzupassen. Nur 400 Standorte deutschlandweit sollen erhalten bleiben. Im Januar hatte eine Sprecherin der Commerzbank die Kurzfristigkeit der Schließung in Bad Kissingen mit Personalproblemen begründet und sie bedauert.
Die deutschlandweite Schließung von Filialen hängt mit der Zunahme von Online-Banking zusammen. Mehr als 80 Prozent der Kundenkontakte finden über digitale Kanäle statt, so die Sprecherin im Januar gegenüber unserer Zeitung.
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