Nach über 100 Jahren war es an der Zeit, die historische Heilwasserzapfanlage in der Brunnenhalle grundlegend zu sanieren. Die imposante bronzene Zapfanlage erstrahlt nun in einem völlig neuen Glanz und bildet das Herzstück der Wandelhalle.
Wie aufwendig und zeitintensiv die Sanierung war, erläuterte Bernhard Büttner, Projektleiter am Staatlichen Bauamt (Schweinfurt), das für die Betreuung des Gebäudes zuständig ist. Es begann im Frühjahr 2014 mit einigen Undichtigkeiten. „Die Rohrleitungen tropften“, berichtet er.
Versuche, die Lecks zu beheben, erwiesen sich als erfolglos. „Eine umfassende Sanierung wurde notwendig.“ Und das Ziel war klar: Das bestehende historische Leitungssystem erhalten und den Heilwasserausschank langfristig gewährleisten.
Ein „technisches Kulturgut“
Es folgte eine enge Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege. Jens Wagner, Restaurator im Fachbereich Metall, betont die Besonderheit der Anlage: „Es gibt kaum noch solch eine historische Zapfanlage in Bädern. Die Kombination mit dem historischen Ambiente gibt es nur hier.“
Für Bernhard Büttner stellt sie ein „technisches Kulturgut“ dar, das Wahrzeichen der prächtigen Brunnenhalle. „Es sind die schönsten Rohre im ganzen Land, eine wahre Meisterleistung der Restauratoren.“
Zwei Leitungssysteme
Die Heilwasserzapfanlage besteht aus zwei Leitungssystemen, die links und rechts des großen Beckens verlaufen und mit jeweils einer Heilwasser- und einer Heizungsleitung. Insgesamt gibt es zwölf Zapfstellen, an sechs Zapfhähnen lässt sich vorgewärmtes Heilwasser entnehmen.
Insbesondere an den Wärmetauschern wurden Schäden festgestellt. Diese sind dafür verantwortlich, das Heilwasser unmittelbar vor der Entnahme zu erwärmen. Das mineralstoffreiche Heilwasser setzte der Kupferlegierung zu und führte im Laufe der Jahrzehnte im Inneren der Funktionsteile zu Korrosion.
Da keine modernen Wärmetauscher in die historische Anlage eingebaut werden sollten, wurden nach aufwendigen Untersuchungen und Legierungsanalysen Repliken angefertigt. Dabei war es wichtig, die Schwächen der historischen Konstruktion behutsam auszugleichen, ohne die originale Form zu verändern.
Meisterhaftes Kunsthandwerk
Bei der gesamten Sanierung galt die Vorgabe der Denkmalpflege, so viel wie möglich von der historischen Anlage zu erhalten und nur die schadhaften Teile, die nicht mehr repariert werden konnten, originalgetreu als Replik neu herzustellen.
„Die neu hergestellten Wärmetauscher sind kunsthandwerklich meisterhaft gefertigt“, stellt Restaurator Jens Wagner vom Landesamt für Denkmalpflege fest. Die Rekonstruktionen seinen hervorragend gelungen.
100 Jahre alte Zapfhähne
Neben den Schäden an den Wärmetauschern waren verschiedene Verschleißteile, Verschraubungen und Dichtungsrillen undicht. Der Zustand der Bronzerohre gilt insgesamt als gut. Auch die Armaturen funktionieren weiterhin einwandfrei „Alle Zapfhähne und Ablaufrohre konnten instandgesetzt und wiederverwendet werden“, erklärt Büttner.
Restaurierung in Etappen
Im Jahr 2018 begann die Fachfirma Haber und Brandner aus Regensburg, die auf Metallrestaurierungen spezialisiert ist, mit den Restaurierungsarbeiten. Um den laufenden Betrieb des Heilwasserausschanks nicht zu beeinträchtigen, wurden die beiden Ausgabelinien nacheinander erneuert. Im Jahr 2020 wurde die erste Ausgabelinie wieder nach Bad Kissingen gebracht, angeschlossen und eine gewisse Zeit lang getestet.
Mitte 2022 begann die Restaurierung der zweiten Ausgabelinie, die ähnliche Schäden aufwies. Neben der Rekonstruktion der Wärmetauscher und der Überarbeitung der Originalteile kam dort eine innovative Lösung zum Zug: Es wurden Leitungen aus lebensmittelechtem Kunststoff in die Messingrohre eingezogen. Dadurch soll der Verschleiß der Metallrohre verhindert werden.
Die Kunststoffleitungen können bei Bedarf einfach erneuert werden, ohne dass dafür die historische Verrohrung zerlegt werden muss. Die Außenflächen der Bronzerohre wurden auf Hochglanz poliert.
Auf 540.000 Euro belaufen sich die Gesamtkosten. Sie seien im Rahmen der Kostenschätzung geblieben, betonte Büttner.
Welche Heilwässer gibt es in Bad Kissingen?
Ob Trinkkur, Solebad oder Inhalation: Sieben mineralstoffreiche Heilquellen sprudeln in und um die Stadt Bad Kissingen und begründen bis heute ihren Ruf als Weltbad. Unterschiedliche Wirkweisen zeichnen die Heilwässer aus. Für eine Trinkkur werden in der Wandelhalle folgende Wässer durch Brunnenfrauen ausgegeben. Gesundheitslotsin Julia Schmitt erläutert die Brunnen, ihre Geschichte und Wirkweise:
- Der Max-Brunnen, auch als "Sauerbrunnen" bezeichnet, ist der älteste der sieben Heilbrunnen von Bad Kissingen (1520) und sprudelt im Kurgarten, wo das Wasser frei zugänglich ist. Es wird bei chronischen Nieren- und Harnwegsinfekten empfohlen.
- Der Pandurbrunnen wurde früher der "scharfe" oder Badbrunnen genannt. Er ist seit 1616 als Kurbrunnen bekannt. Das Heilwasser kann bei Magenproblemen und Schwierigkeiten mit der Galle unterstützend wirken.
- Die Rakoczy-Quelle wurde 1737 bei einer Saaleverlegung im alten Flussbett wiederentdeckt und für Kurzwecke als Brunnen erschlossen. Das Wasser wird bei Magen- und Darmproblemen empfohlen.
- Der Luitpoldsprudel wurde auf der Suche nach Kalisalzen von 1906 bis 1908 im nördlichen Saaletal erbohrt und fünf Jahre später dem Kurbetrieb übergeben. Bei Magenschleimhautentzündungen und Eisenmangel wird dem Wasser unterstützende Wirkung zugeschrieben.
- Das Kissinger Bitterwasser ist kein eigener Brunnen, sondern wird auf Basis des Rakoczy-Wassers unter Zusatz von Magnesium- und Natriumsulfat hergestellt. Seit 1856 wird er für Trinkkuren genutzt, vor allem bei Darmträgheit.
Die Wandelhalle gilt als die größte ihrer Art in Europa. Sie wurde zwischen 1910 und 1911 nach Plänen des Architekten Max Littmann errichtet. Mit ihren durch Säulenreihen in drei Längsschiffe geteilten Innenraum ist sie wie eine Basilika angelegt. Während des bewussten Trinkens der Heilwässer „wandelt“ man in der Halle mit Blick auf den Kurgarten.
Ausgeschenkt wird das Heilwasser von den Brunnenfrauen täglich von 7 bis 9 Uhr sowie werktags zusätzlich von 16 bis 18 Uhr.
Die Wässer des Pandurbrunnens, der Rakoczy-Quelle und den Luitpoldsprudel bekommt man auch außerhalb dieser Zeiten unter anderem an einer öffentlichen Entnahmestelle vor der Wandelhalle.
Je nach Indikation dauert eine Trinkkur zwischen vier und sechs Wochen. Idealerweise wird das Heilwasser zu festen Tageszeiten, am besten morgens und abends etwa 20 bis 30 Minuten vor den Mahlzeiten getrunken. Angewärmtes Wasser gilt als besonders magenfreundlich.