Seit dem Ende des 18 Jahrhunderts, also seit mehr als 220 Jahren, gibt es die Post in Bad Kissingen. In dieser langen Geschichte war sie schon in vielen Gebäuden untergebracht, im Bahnhof zum Beispiel und im Alten Rathaus. Seit 86 Jahren hat sie ihren Sitz zentral in der Münchner Straße. Doch die Tage in dem markanten weißen Postamt scheinen gezählt. Wie die Deutsche Post auf Anfrage bestätigt, sucht das Unternehmen in Bad Kissingen nach einer neuen Bleibe. "Wir wollen aufgrund der räumlichen Begebenheiten aus dem Gebäude raus", teilt der für Unterfranken zuständige Pressesprecher Alexander Böhm mit.
Mehr Pakete, höherer Platzbedarf
Die Entscheidung sei aufgrund des hohen Paketaufkommens notwendig. Weil der Onlinehandel in Deutschland seit Jahren wächst, steigt auch die Zahl der Pakete kontinuierlich an. In der Münchner Straße zum Beispiel werden derzeit in einer durchschnittlichen Woche 140 000 Briefe sowie 13 000 Pakete versendet. Das Paketaufkommen nehme jährlich um drei bis vier Prozent zu. Pakete benötigen mehr Lagervolumen als Briefe. Das Postamt ist dadurch an seine Kapazitätsgrenze gelangt. "Es ist ein altes, verschachteltes Gebäude, das aus allen Nähten platzt. Im Arbeitsalltag ist es dort sehr ungünstig", berichtet der Unternehmenssprecher. Aber auch im Posthof ist es inzwischen viel zu eng geworden. "Wir müssen die Fahrzeuge in zwei Wellen beladen. Das ist sehr beschwerlich", sagt er.
Die Post ist in dem ehemals staatlichen Postamt selbst nur Mieter. Nach Auskunft von Böhm hat der Konzern das Gebäude vor elf Jahren veräußert und anschließend einen Rückmietungs-Vertrag geschlossen. Derzeit werden unterschiedliche Optionen für einen neuen Standort in Bad Kissingen geprüft, also ob beispielsweise ein Neubau in Frage kommt oder ob sich ein leerstehendes Objekt eignet. Wichtige Kriterien sind Ebenerdigkeit und ausreichend große Innen- und Außenflächen. Eine Entscheidung sei allerdings noch nicht getroffen. "Da ist noch nichts spruchreif", sagt Böhm. Der bestehende Mietvertrag für die Münchner Straße sei nach wie vor gültig. Insofern bestehe auch keine Eile, bis zu einem bestimmten Stichtag eine Lösung parat zu haben. Eine Entscheidung solle dennoch "in naher Zukunft" getroffen werden.
Schlachthof als Option?
Ein Objekt, das den logistischen Ansprüchen gerecht werden könnte, ist der ehemalige städtische Schlachthof in der Würzburger Straße. Seit 16 Jahren steht der im Volksmund als Ochsenkathedrale bekannte Industriebau leer. Verschiedene Versuche, ihn wiederzubeleben, scheiterten. Aktuell nutzt der Servicebetrieb der Stadt das sanierungsbedürftige, denkmalgeschützte Gebäude als Lager.
Im Konsolidierungsplan nennt die Verwaltung den Schlachthof als eine Immobilie, von der sie sich gern trennen würde. Aus dem Stadtrat heißt es, es gebe konkrete Interessenten und die Bereitschaft, eine erhebliche Summe zu investieren. Ob die Post Interesse bekundet hat, dazu war nichts offizielles zu erfahren. Aus dem Rathaus hieß es, man kommentiere das Thema nicht. Auch die Post wollte sich nicht konkret zu Objekten äußern.