Bisher gibt es nur Vorschläge aus einer Expertenkommission, bis Ende April will das Gesundheitsministerium einen Basisvorschlag für die Krankenhausreform vorlegen. Grund der Reform sei, dass viele Krankenhäuser sich in einer Abwärtsspirale befinden. Sie hätten zu wenig Personal, zu wenige Fälle und gerieten zunehmend in eine finanzielle Schieflage.
Doch was steckt bisher hinter dem vielzitierten Begriff? Und: Wie wirkt sich das auf das Bad Kissinger Helios-Krankenhaus aus?
Für abschließende Bewertung noch zu früh
Der Pressesprecher des Krankenhauses, Markus Höppner, stellt zu Beginn klar: Für eine abschließende Bewertung sei es noch zu früh. Konkrete Auswirkungen auf die Helios Kliniken in Bad Kissingen und Hammelburg durch die Krankenhausreform ließen sich noch nicht benennen.
Erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens, bei der Gestaltung auf Länderebene und in der Umsetzung werde sich zeigen, was die Reform im Detail bewirke. Jedoch begrüße das Unternehmen, dass künftig insbesondere Qualität ein entscheidendes Kriterium für gute Versorgung sein soll.
1. Einteilung in Stufen
Die Kliniken sollen in drei Stufen („Levels“) eingeteilt werden:
- Level 3: Maximalversorger und Universitätskliniken ,
- Level 2: Regel- und Schwerpunktversorger
- Level 1: Grundversorger
- Level 1n: Stellen die Notfallversorgung sicher
- Level 1i: Einrichtungen, die vor allem Akutpflegebetten anbieten und auch pflegerisch geleitet werden können. Sie sollen helfen, die strikte Trennung von stationär und ambulant getrennter Gesundheitsversorgung überwinden.
Welches Level die Kliniken in Bad Kissingen und Hammelburg bekämen, kann Höppner noch nicht sagen, „da die Einstufung von 128 Leistungsgruppen abhängig ist, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht näher definiert sind.“
Der Sozialverband VdK verspricht sich von der Neuordnung viel: Sie könnte die Grundversorgung in ländlichen Gebieten sichern. Die Einstufung von Krankenhäusern mit einer ambulanten und stationären Grundversorgung würde zudem älteren Menschen helfen. Beispielsweise könnten so Menschen bei einem mittelschweren Infekt zur Beobachtung aufgenommen werden.
2. Fallpauschalen um Versorgungspauschalen ergänzt
Die Betriebskosten der Krankenhäuser sind derzeit auf Fallpauschalen (also Fallzahlen) basierend finanziert. Neu ist: Neben der Vergütung nach Fallpauschalen (60 Prozent) sollen zukünftig für das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik feste Beträge (40 Prozent) fließen.
Für die Notfallversorgung, Intensivmedizin, Neonatologie und Geburtshilfe sollen sogar 60 Prozent über Vorhaltepauschalen abgerechnet werden. Kliniken der Level 1i sollen nur über Tages- und nicht über Fallpauschalen finanziert werden.
Ergänzung der Fallpauschalen
Dazu sagt Höppner, dies bedeute weder die Abschaffung noch Überwindung des Fallpauschalensystems, sondern es ergänze die Fallpauschalen um eine leistungsunabhängige Vorhaltefinanzierung.
Dem VdK geht der Vorschlag nicht weit genug: „Das Gesundheitsministerium sollte noch radikaler sein. Das Wohl der Menschen muss im Mittelpunkt aller Behandlungen im Krankenhaus stehen“, fordert VdK-Präsidentin Verena Bentele .
3. Gesteigerte Ambulantisierung
Bestimmte Untersuchungen sollen künftig auch ohne Übernachtung möglich und von den Krankenhäusern abzurechnen sein. Das soll tagsüber mehr Kapazitäten beim knappen Pflegepersonal schaffen, wenn Nachtschichten nicht mehr besetzt werden müssen.
Diese Veränderung begrüßt das Helios Krankenhaus. Der Vdk-Verband bestätigt jedoch, dass vermehrt Patientinnen und Patienten nach Hause geschickt werden könnten, um Personal zu sparen.
„Gleichzeitig kann ein Wegfall der Übernachtungen eine Chance für Patientinnen und Patienten sein, die lieber zuhause anstatt in einer Klinik genesen. In diesem Fall müssten sie nicht allein aus Abrechnungsgründen eine Nacht im Krankenhaus bleiben.“
4. Spezialisierung innerhalb der Kliniken durch Leistungsgruppen
Spezielle Behandlungen soll es in nur noch in erfahrenen, spezialisierten Zentren geben – die Idee von sogenannten „Leistungsgruppen“. Statt einer allgemeinen Fachabteilung Innere Medizin, könnte es beispielsweise eine Spezialisierung auf Nieren-, Herz- oder Magen-Darm-Behandlungen geben.
Heißt aber auch: Etwa dürften onkologische Therapien nur in zertifizierten onkologischen Zentren vorgenommen werden.
Bestätigen Helios' Initiativen zur Clusterbildung
Die Vorschläge zu den Leistungsgruppen bestätigten die im Helios-Krankenhaus bereits angestoßenen Initiativen zur Clusterbildung. „In Kompetenzzentren bündelt Helios heute schon die Expertise auf verschiedenen Fachgebieten, um so die besten Behandlungserfolge zu erzielen“, berichtet der Pressesprecher.
Auch der VdK befürwortet diese Aufteilung. Angesprochen auf die Gefahr, für bestimmte Behandlungen längere Wege auf sich nehmen zu müssen, heißt es: „Die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Krebspatienten ist in einem onkologischen Zentrum beispielsweise höher als in einem örtlichen Krankenhaus. Deshalb nehmen bereits heute viele Patientinnen und Patienten weite Wege auf sich, um in spezialisierten Zentren behandelt zu werden“.
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Gemeindekrankenhaus und Krebszentrum könnte die Anfahrtswege reduzieren.
Sabine Dittmar: "Mammutprojekt von Bund und Ländern"
Sabine Dittmar (SPD), Wahlkreisabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, ordnet die Hintergründe der Reform ein: Die Ampel-Koalition wolle den Weg für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung ebnen. „Dies ist ein gemeinsames Mammutprojekt von Bund und Ländern.“ Klar sei allen, dass eine Strukturreform dringend notwendig ist. Klar sei aber auch, dass die Krankenhausplanung weiterhin Ländersache bleibt.
Der Basisvorschlag, der Ende April stehen soll, werde konkrete Umsetzungsparameter enthalten, die den Ländern eine Folgenabschätzung der Reform ermöglichen. „Erst wenn diese vorliegen, kann seriös abgeschätzt werden, was die Reform für die einzelnen Regionen und Krankenhäuser bedeutet.“
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