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Landkreis Bad Kissingen
Pflege als Chance für Migranten
Vom Weinberg zur Pflegefachkraft: Ein Neuanfang in Deutschland. Absolventen der bfz-Berufsfachschule feiern ihren Abschluss in Bad Kissingen.
Abschlussfeier der Berufsfachschule für Pflegeberufe       -  Klassensprecherin Emily Rechler (von rechts) und ihre Mitschülerinnen Fiona Bytyqi und Jalika Zeier bedanken sich bei Lena Hofmann, Klassenlehrerin der Pflegefachhelfer.
Foto: Sigismund von Dobschütz | Klassensprecherin Emily Rechler (von rechts) und ihre Mitschülerinnen Fiona Bytyqi und Jalika Zeier bedanken sich bei Lena Hofmann, Klassenlehrerin der Pflegefachhelfer.
Sigismund v. Dobschütz
 |  aktualisiert: 11.09.2024 02:36 Uhr

Die Rumänin Beata Opra-Bódi und ihr syrischer Kollege Majed Alosman haben es geschafft: Gemeinsam mit 23 Mitschülerinnen und Mitschülern der einjährigen Ausbildung zum Pflegefachhelfer wurden sie zum Schuljahresende der Berufsfachschule für Pflege- und Altenhilfe an der Bad Kissinger Niederlassung der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) in einer Feierstunde ins Berufsleben entlassen.

Gleichzeitig erhielten auch 18 Schülerinnen und Schüler der generalistischen Pflegeausbildung zur Pflegefachkraft nach dreijähriger Schulung ihr Abschlusszeugnis. Zu den Absolventen beider Ausbildungswege gehörten wieder viele Migranten, die in der Pflege ihre Chance zum beruflichen Neuanfang in Deutschland sehen. 

Erst Deutschkurs, dann Ausbildung

Beata Opra-Bódi ist eine von ihnen, die nach ihrem Studienabschluss zur Grundschullehrerin vor vier Jahren aus Rumänien nach Oberthulba kam. Da ihre Ausbildung in Deutschland nicht anerkannt wird, arbeitete die heute 25-Jährige zunächst bei einem Hammelburger Winzer im Weinberg.

Da die harte Arbeit für die junge Frau „auf Dauer aber nicht das Richtige war“, wie sie im Gespräch mit dieser Zeitung eingestand, vermittelte sie der Winzer an das Pflegeheim Thulbatal in Oberthulba, wo sie zwei Jahre lang tagsüber als Reinigungskraft tätig war und in drei nachfolgenden Abendstunden am bfz in Bad Kissingen die erforderlichen Sprachkurse besuchte.

Von Grundschullehrerin zur Pflegefachhelferin in Deutschland

Nach erfolgreichem Abschluss des Deutschkurses B1, in dem mit den Migranten schriftlich und mündlich vor allem Situationen in Alltag und Berufsleben trainiert werden, entschied sie sich im Herbst vergangenen Jahres für eine einjährige Ausbildung zur Pflegefachhelferin mit entsprechendem Unterricht an der Bad Kissinger bfz-Berufsfachschule.

Während ihrer vorigen Tätigkeit als Reinigungskraft hatte sich die Rumänin mit der Arbeit des Pflegepersonals vertraut machen können. „Mir gefällt der Umgang mit Menschen, egal ob klein oder groß“, begründete die ausgebildete Grundschullehrerin ihre neue Berufswahl. Jetzt will sie erst einmal im Heim Thulbatal als Pflegefachhelferin weiterarbeiten.

Syrer Majed Alosman: Vom Polsterer zur Pflegefachkraft

Im Gegensatz zu Beata Opra-Bódi, die noch nicht nicht an eine Weiterbildung zur Pflegefachkraft denkt, hat sich der Syrer Majed Alosman genau dies nach seinem jetzigen Abschluss zum Pflegefachhelfer für die nächsten drei Jahre vorgenommen. Der 25-Jährige, der in seiner Heimat im Familienbetrieb als Polsterer gearbeitet hatte, kam erst vor drei Jahren nach Bad Kissingen.

Von Deutschland und der deutschen Sprache hatte er „null Ahnung“, wie er im Interview zugibt. Er absolvierte deshalb am bfz binnen 1,5 Jahren alle Sprachkurse – sogar bis zum Kurs B2, der Migranten befähigt, die wichtigsten Inhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen zu verstehen und sich in Fachdiskussionen spontan und fließend mündlich verständigen zu können.

Ohne Hilfe hätte es nicht so schnell geklappt

Nach Kursabschluss bat er seinen Landsmann Amer Al Hakawati um Hilfe, der seit wenigen Jahren als deutscher Staatsbürger am bfz als Koordinator für Sprachkurse verantwortlich ist. Dieser nutzte sein breit gefächertes Netzwerk, verschaffte Alosman binnen zwei Tagen einen Ausbildungsplatz zur Pflegefachkraft im Bad Kissinger Caritas-Haus St. Elisabeth sowie einen Platz an der bfz-Berufsfachschule für Pflegeberufe.

„Ohne Hilfe von Amer Al Hakawati hätte es nicht so schnell geklappt“, ist ihm Alosman dankbar. „Die Arbeit macht mir Spaß. Im Umgang mit Patienten und Kollegen habe ich viel über Deutschland gelernt.“ Ab September bildet er sich nun in den nächsten drei Jahren an der bfz-Berufsfachschule zur Pflegefachkraft weiter.

Mit Herz und Hingabe in der Pflege

Auf die in der Ausbildung zum Pflegefachhelfer in nur einem Jahr oder zur Pflegefachkraft in drei Jahren gemachten Berufserfahrungen ging in der Abschlussfeier Stephan Zeller ein, der Regionalleiter Main-Rhön der Beruflichen Fortbildungszentren (bfz) der Bayerischen Wirtschaft. „Sie haben gelernt, wie wichtig Empathie, Geduld und Verantwortungsbewusstsein in Ihrem Beruf sind.“

Die Absolventen hätten gezeigt, dass sie neben dem erforderlichen Wissen „auch über das Herz und die Hingabe verfügen, die es braucht, um in der Pflege tätig zu sein.“ Denn der Pflegeberuf sei mehr als nur ein Job. Er erfordere Mut, Mitgefühl und die Fähigkeit, in schwierigsten Momenten einen kühlen Kopf zu bewahren.

Auch Momente der Frustration

„Sie sind die Heldinnen und Helden des Alltags, die durch ihre Fürsorge und ihr Engagement das Wohl und die Gesundheit anderer Menschen sichern.“ Jeder Handgriff und jedes tröstende Wort würden zur Genesung und Wohlbefinden der anvertrauten Menschen beitragen.

Ein großes Kompliment machte auch Schulleiter Frank Weißenberger den Absolventen: „Sie haben Großartiges geleistet. Denn es war sicher nicht immer einfach, Schule, Praxis und Privates miteinander zu vereinen.“ Es habe Wechsel in der Klassenleitung und umfangreiche Lerninhalte gegeben, „die einen an den Rand der Verzweiflung treiben“.

Es gab Schwierigkeiten und sicher auch Momente der Frustration. „Aber Sie haben es geschafft“, beglückwünschte er die Absolventen. „Sie haben den Grundstein für einen bedeutungsvollen weiteren Lebensweg gewählt“, wandte sich Weißenberger an die Absolventen beider Ausbildungswege. „Denn Pflege wird auch in den nächsten Jahrzehnten mehr und mehr gefragt sein.“

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Foto: sigismund von dobschütz | Die Pflegefachhelfer Beata Opra-Bódi aus Rumänien und Majed Alosman aus Syrien mit (von links) Stephan Zeller (Regionalleiter Main-Rhön der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft), Peter Großmann ...
 
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