zurück
Bad Kissingen
50 oder 60? Streit ums Tempo auf dem Stadtring Bad Kissingen
Dort, wo neue Radwege an der Umgehungsstraße gebaut wurden oder noch werden, muss die Höchstgeschwindigkeit für Autos runter. Das sorgt für ordentlich Zoff.
Laut Gesetzgeber muss am Westring die Höchstgeschwindigkeit auf 50 Kilometer pro Stunde runter.       -  Laut Gesetzgeber muss am Westring die Höchstgeschwindigkeit auf 50 Kilometer pro Stunde runter.
Foto: Benedikt Borst/eyewave – stock.adobe/Montage: Dagmar Klumb | Laut Gesetzgeber muss am Westring die Höchstgeschwindigkeit auf 50 Kilometer pro Stunde runter.
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 26.11.2024 12:35 Uhr

Es ist eine Frage, die Tausende Autofahrer täglich betrifft: Müssen sie künftig auf dem Bad Kissinger Stadtring langsamer fahren? Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit soll in einigen Abschnitten um zehn Kilometer pro Stunde gesenkt werden, vom bisher erlaubten Tempo 60 auf Tempo 50. „Das ist ein Muss. Da haben wir keinen Ermessensspielraum. Wir müssen auf Tempo 50 herabsetzen“, fasst Oberbürgermeister Dirk Vogel ( SPD ) die Situation zusammen.

Sturm im Wasserglas

Die Frage stieß in der jüngsten Bauausschusssitzung auf erbitterten Widerstand. Ein Kompromiss war nicht möglich. Das Gremium blockierte alle von der Stadtverwaltung erarbeiteten Vorschläge und stellt sich damit sogar teilweise gegen die geltende Gesetzeslage. „Ein Sturm im Wasserglas“, kommentiert der OB nach mehr als einer Stunde Streit spürbar angefasst. Und: „Je länger wir hier diskutieren, umso weniger überzeugen sie mich!“ Worum geht es? Corinna Büttner, Leiterin des städtischen Ordnungsamtes, erläutert die Hintergründe.

In aller Kürze: Es geht um die Stellen, bei denen bei aktuellen Arbeiten entlang des Rings Radwege neu entstanden sind. Überall dort muss die Geschwindigkeit nach den Vorgaben des Bundes entweder auf Tempo 50 reduziert werden oder es braucht zusätzliche Schutzelemente wie etwa eine Betonmauer oder eine Schutzplanke, die den Radweg von der Straße trennen. Nur mit diesen Schutzelementen wäre weiterhin Tempo 60 erlaubt.

Tempo 50 am Westring ist ein Muss

Betroffen ist davon zunächst der komplette Westring, ab der Südbrücke bis zum Ortsausgang Garitz. „Mit dem Bau des Garitzer Kreisels und des Radwegs war klar, dass dann dort 50 gilt“, sagt Büttner.

Die Stadt will zudem im nächsten Jahr den Nordring sanieren, und zwar ab der Einmündung in die Kaserne bis zur Kreuzung mit der Salinenstraße. Auch dort wird ein straßenbegleitender Radweg gebaut, sprich: Hier wird ebenso Tempo 50 zur Pflicht. Darüber hinaus plant das Staatliche Bauamt den Neubau der Südbrücke in den nächsten Jahren. Dort würde nach dem Ende der Arbeiten nach jetzigem Planungsstand ebenfalls Tempo 50 gelten.

Sorge vor höherem Verkehr im Zentrum

Sowohl das Ordnungsamt der Stadt als auch Polizei und Staatliches Bauamt Schweinfurt halten es deshalb für sinnvoll, die Geschwindigkeitsregelung auf dem gesamten Ring zu überdenken. „Wir wollen ein einheitliches Konzept, das für Autofahrer intuitiv verständlich ist“, erklärt Büttner. Ein Flickwerk aus wechselnden Tempo-50- und Tempo-60-Abschnitten solle es nicht geben.

Das Ordnungsamt schlage deshalb vor, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf dem gesamten Stadtring auf 50 Kilometer pro Stunde zu begrenzen. Einzige Ausnahme: der vierspurige Streckenabschnitt am Ostring zwischen der Krankenhauskreuzung und der Wendelinuskreuzung. Dort sei Tempo 60 rechtlich zulässig und auch sinnvoll, begründet Büttner. Der Radweg dort benötige keine weiteren Schutzelemente.

Die Aussicht, dass Autos auf der Stadtumgehung künftig in weiten Teilen nur noch mit Tempo 50 fahren dürfen, löste unter den Stadträten eine lange und emotional geführte Diskussion aus. Hauptkritikpunkt: die Sorge, dass künftig mehr Verkehr durch die Innenstadt rollen wird anstatt außen herum – weil der Ring seine Attraktivität verliert und die Autofahrer auf die kürzere Strecke durchs Zentrum ausweichen. „Es braucht eine attraktive, flotte Umgehung als Anreiz, nicht durch die Innenstadt zu fahren“, fasste Oberbürgermeister Vogel die Bedenken zusammen.

Bauausschuss blockiert

Immer wieder haben die Stadträte ihre Bedenken geäußert, dass der Verkehr dann künftig durch die Stadt abkürzt. „Ich bin prinzipiell für den Radwege . Aber ich habe die Sorge, dass die Beschränkung dazu führt, dass die Innenstadt stärker mit Verkehr belastet ist“, sagte Richard Fix . Er forderte, dass die Ampelschaltung am Ring auf die neuen Geschwindigkeiten abgestimmt wird, damit der Verkehr dennoch gut fließt.

Schutzplanken nachrüsten

„Der Ring sollte attraktiv sein“, pflichtete Thomas Menz ( SPD ) bei. Er plädierte dafür, möglichst große Bereiche des Stadtrings bei Tempo 60 zu belassen und etwa baulich die Radwege so zu ertüchtigen, dass der Verkehr keine Einschränkungen hinzunehmen hat. Er nannte als Beispiel die Südbrücke. Bei der Planung für den Neubau solle das Staatliche Bauamt den Radweg entsprechend so mit Schutzelementen entwerfen, dass Autos weiter Tempo 60 fahren können.

„Der Ring muss gut laufen, ansonsten ist es für die Fahrer sinnvoller, durch die Stadt abzukürzen“, fand etwa auch Wolfgang Lutz (CSU). Auch er forderte, bei Neubauprojekten entsprechende Schutzmaßnahmen einzuplanen und die bestehenden Radwege nachzurüsten. Er kündigte an, dass die Christsozialen in dem Ausschuss gegen die Tempo-Reduzierung stimmen werden.

OB lehnt Schutzplanken ab

Alexander Koller, Fraktionssprecher der DBK, stimmte der Argumentation zu. Er bezweifelte, dass die Unfallgefahr auf dem Ring durch die Reduzierung um zehn Stundenkilometer sinken werde. Er gab zu bedenken, dass die Unfallgefahr für Fußgänger und Radfahrer dann stattdessen in der Innenstadt steigen werde.

Von mehreren Stadträten kam der Einwand, dass bei Tempo 50 auf dem Ring auf manchen Straßen innerhalb des Rings schneller oder ebenso schnell gefahren werden dürfte, wie auf der Umgehung. Zwar gilt innerhalb des Zentrums an den meisten Stellen eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Kilometern in der Stunde, aber eben nicht überall. In der Kapellenstraße und In der Au darf mit Tempo 50 gefahren werden, in der Salinenstraße ist sogar Tempo 60 gestattet. Beispielsweise Andreas Kaiser, Sprecher der Freien Wähler , forderte deshalb, dass dort die Geschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde beschränken werden müsse. „Das müssen wir in das Konzept mit einbeziehen, sonst machen wir uns lächerlich“, kritisierte er.

Keine Abstimmung

Oberbürgermeister Dirk Vogel ( SPD ) stellte sich entschieden dagegen, die Radwege mit Schutzmauern oder Planken zu versehen – die Elemente sähen hässlich aus und würden hohe Baukosten verursachen. „Schutzplanken lehne ich ab, nur damit die Autos da mit 60 anrauschen. Dafür haben wir kein Geld“, sagte er. Für den Vorschlag, in der Salinen- und Kapellenstraße das Tempo zu senken, zeigte er sich offen. Die Befürchtung, der Verkehr würde sich verlagern, teilte er nicht. Der Stadtring bleibe die schnellere und bequemere Lösung, so Vogel.

Über die Vorschläge, das Tempo auf dem Ring zu senken, wurde am Ende nicht einmal abgestimmt. Der Widerstand im Gremium war zu groß. Wie Ordnungsamtsleiterin Corinna Büttner erläutert, wird die Verwaltung nun ermitteln, welche Kosten auf die Stadt zukommen, wenn die Radwege wie gefordert mit Schutzplanken versehen werden. Zudem wird eine Prognose erstellt, ob der Verkehr sich bei Tempo 50 verlagern würde.

Absurde Regelung am Garitzer Kreisel

Ein Überblick über die aktuelle Geschwindigkeitsregelung am Garitzer Kreisel.       -  Ein Überblick über die aktuelle Geschwindigkeitsregelung am Garitzer Kreisel.
Foto: Dagmar Klumb | Ein Überblick über die aktuelle Geschwindigkeitsregelung am Garitzer Kreisel.

Am Garitzer Kreisel hätte eine Entscheidung des Gremiums die Lage verbessert. Dort ist die Geschwindigkeit aktuell chaotisch geregelt (siehe Grafik). Für Fahrer, die auf dem Westring von der Südbrücke kommen, gilt Tempo 60, in der Gegenrichtung Tempo 50. Fahrer, die aus der Heiligenfelder Allee, aus der Schönborn- und der Garitzer Straße in den Westring biegen, müssen sich dort ebenfalls an Tempo 50 halten. Das führt zu der absurden Situation, dass ortsauswärts sowohl Tempo 60 als aus Tempo 50 als Höchstgeschwindigkeit zugelassen ist.

Lesen Sie auch zum Kissinger Verkehr:

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Kissingen
Autofahrer
Baubehörden
Christlich Soziale Union Bayern Werneck
Freie Wähler
Fußgänger
Polizei
Radwege
Richard Fix
Ringe
SPD
Stadt Bad Kissingen
Stadtverwaltung Schweinfurt
Thomas Menz
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top