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Bad Kissingen
Stadtwerke Bad Kissingen im Umbruch: Das ist die neue Geschäftsführung
Fehlende Bilanzen, Verluste, Kundenkritik und auf Eis gelegte Pläne für Hallenbad und Glasfasernetz: Anja Binder und Ralf Merkl sollen als neue Führungsspitze den kriselnden Versorger zurück in die Spur bringen.
Ralf Merkl und Anja Binder sind seit Oktober die neuen Geschäftsführer bei den Stadtwerken Bad Kissingen.       -  Ralf Merkl und Anja Binder sind seit Oktober die neuen Geschäftsführer bei den Stadtwerken Bad Kissingen.
Foto: Benedikt Borst | Ralf Merkl und Anja Binder sind seit Oktober die neuen Geschäftsführer bei den Stadtwerken Bad Kissingen.
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 21.01.2025 16:21 Uhr

Raus aus der Krise, zurück in die Erfolgsspur. Vor dieser großen Aufgabe steht die neue Doppelspitze der Stadtwerke Bad Kissingen . Anja Binder (49) und Ralf Merkl (36) leiten seit erstem Oktober die Geschicke des städtischen Tochterunternehmens mit seinen rund 100 Mitarbeitern. Der bisherige Geschäftsführer Manfred Zimmer ist nach mehr als 20 Jahren nicht mehr in Verantwortung. „Es sind gewaltige Aufgaben, die vor uns liegen“, sagt Merkl. Die Stadtwerke stehen vor einem Umbruch, findet Binder. Sie sagt: „Wir müssen das Unternehmen an alle künftigen Aufgaben anpassen. Bei allen Wünschen, die wir haben, ist klar, dass wir nicht alles aus eigenen Mitteln erreichen werden.“

Angespannte finanzielle Situation

Binder spielt damit auf die aktuell angespannte wirtschaftliche Situation der Stadtwerke an. Erst die Pandemie und dann die Energiekrise haben dem Versorger finanziell zugesetzt und auch dazu geführt, dass sich viele Projekte verzögerten oder auf Eis gelegt wurden. So lagen etwa die Bilanzen für die Jahre 2021 und 2022 bis zuletzt noch nicht vor, der Hallenbadneubau lässt sich gegenwärtig nicht finanzieren, ebenso wenig wie der Glasfaserausbau in der Stadt. Kritik von Bürgerinnen und Bürgern gab es zudem an der schleppenden Umsetzung der staatlichen Energiepreisbremsen sowie allgemein an zu hohen Preisen. Als Reaktion zumindest darauf hatten die Stadtwerke im Sommer neue, günstigere Strom- und Gastarife an den Markt gebracht – mit Erfolg. „8800 Kunden haben sich für diese Produkte entschieden. Das freut uns sehr“, berichtet Merkl.

Strom und Gas werden günstiger

Zu den für die Stadt wichtigen Infrastrukturprojekten Hallenbad und Glasfaserausbau kann die neue Geschäftsführung noch keinen neuen Sachstand vermelden. Es werde nach wie vor geprüft, wie sie realisiert werden können.

Erneut gute Nachrichten gibt es allerdings für Strom- und Gaskunden: „Die Preise werden wir zum Jahreswechsel deutlich senken“, kündigt Binder an. Strom und Gas sind nach Rekordpreisen zu Jahresbeginn zum Sommer hin wieder günstiger geworden, der Energiemarkt habe sich konsolidiert. Dies gebe man an die Kunden weiter. „Es hat sich beruhigt, wenn gleich auch auf hohem Niveau“, erklärt sie.

Energie bleibt teuer

Binder erwartet jedoch nicht, dass Strom- und Gaspreise in absehbarer Zeit wieder so günstig werden, wie sie es vor Beginn des Ukrainekriegs waren. Schon jetzt sei durch den Nah-Ost-Konflikt eine Reaktion am Energiemarkt spürbar und auch Preisbestandteile wie zum Beispiel Netzentgelte oder staatliche Umlagen werden in Zukunft eher teurer werden. Diese Umlagen müssen die Stadtwerke direkt an die Kunden weitergeben. Unterm Strich bedeutet das für Kunden: Energie bleibt teuer. Und dennoch: „Wir haben für 2024 vorausschauend Energie beschafft in der Phase der Entspannung. Das macht es uns möglich, die Preise zu senken“, erläutert sie weiter.

Geschäftsmodell aus einer alten Welt

Vor Ausbruch der Pandemie haben die Stadtwerke jahrelang erfolgreich gewirtschaftet. Von der Strom-, Wasser- und Gasversorgung im Stadtgebiet und der Region über den Stadtbusverkehr, den Betrieb von Parkhäusern, E-Tankstellen, Erdgastankstellen bis zum Gästemotor Kisssalis-Therme. „Wir stellen für die Bürger die komplette Infrastruktur zur Verfügung“, betont Binder.

Was die Stadtwerke gegenwärtig erleben ist ein Umbruch. Das Geschäftsmodell, das bisher auf fossilen Energieträgern basiert, funktioniert immer weniger. „Das kommt aus einer alten Welt. Die Aufgaben wandeln sich“, meint die Geschäftsführerin . Das Erreichen von Klimaneutralität, das Umsetzen der Energie- und Verkehrswende, das Unternehmen weiter digitalisieren sind die großen Themenfelder, die die beiden Neuen bearbeiten müssen, damit die Stadtwerke auch in Zukunft die Infrastruktur für die Stadt bieten können.

Das Grundproblem dabei, diese Aufgaben zu bewältigen: „Das ist sehr kostenintensiv. Wir müssen viel investieren“, sagt Merkl. Die Explosion bei den Baukosten, gleichzeitig gestiegene Zinsen sowie die Verluste aus der Energiekrise , engen den Spielraum für die Stadtwerke ein. „Wir machen als neue Geschäftsführung einen Strategiecheck, wo der Fokus liegt“, sagt Merkl.

Von Therme bis Stromnetz und Kundenkritik: Was die Stadtwerke umtreibt

Die Energiewende ist für die Stadtwerke Herausforderung und Chance zugleich. „Das ist für uns ein interessantes Thema“, sagt Geschäftsführer Ralf Merkl. Zum einen müssen die städtischen Strom- und Gasnetze umgebaut werden.

Das Stromnetz beispielsweise muss höhere Leistungen aushalten, im Gasnetz ist eine Überlegung dort auch grün produzierten Wasserstoff einzuspeisen.

Ausbau Erneuerbarer Energien

Grundsätzlich wollen die Stadtwerke auch selbst verstärkt Erneuerbare Energien produzieren und damit Geld verdienen. Aktuell sucht der Versorger nach geeigneten Standorten für Fotovoltaik- und Windkraftanlagen. Bis zur Realisierung wird es allerdings noch dauern. „Es braucht noch Zeit, bis erste Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen vorliegen“, erklärt Geschäftsführerin Anja Binder. Auch ist noch zu entscheiden, ob die Stadtwerke es aus eigener Kraft stemmen können, den Bau solcher Anlagen zu stemmen, oder ob es Partner braucht wie das geplante Regionalwerk oder Bürgerenergiegenossenschaften.

Bei Strom- und Gasvertrieb, will die neue Geschäftsführung den Fokus stärker auf die Region legen. Der Out-of-Area-Vertrieb werde bereinigt. „Wir wollen der Partner der Region sein“, sagt Binder. Welche Themen haben die neuen Stadtwerke-Chefs noch auf dem Schirm?

Investitionen in die Kisssalis-Therme

Der Fachkräftemangel ist bei dem Versorger ebenfalls ein großes Thema. Hier sieht Merkl noch Luft nach oben, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.

An der Kisssalis-Therme sollen die Parkplätze erweitert werden, ansonsten liege der Fokus darauf, in den Bestand zu investieren, um die Therme modern und attraktiv zu halten. Um künftig schneller auf Kundenkritik zu reagieren, wollen die Stadtwerke ihre Kundenberater technisch stärker unterstützen und dort, wo es möglich ist, automatisierte Lösungen einsetzen.

Die neue Stadtwerke-Doppelspitze

Anja Binder ist 49 Jahre alt, in Hammelburg geboren und aufgewachsen. 1993 hat sie ihr Abitur in Bad Kissingen gemacht, anschließend studierte sie bis 1998 Volkswirtschaftslehre in Erlangen. Nach dem Studium arbeitete Binder in Schweinfurt bei IBM im Controlling bis 2005. 2006 kam sie zu den Stadtwerken nach Hammelburg, wo sie zunächst im Controlling anfing, 2008 die kaufmännische Leitung übernahm und von 2017 bis 2022 Geschäftsführerin war. Zuletzt war sie Prokuristin bei den Stadtwerken Schweinfurt.

Ralf Merkl ist 36 Jahre alt und gebürtiger Bad Kissinger. 2006 legte er das Abitur am Jack-Steinberger-Gymnasium ab und studierte im Anschluss an der Universität Erlangen Wirtschaftsingenieurwesen. Nach einem Jahr in der Unternehmensberatung kehrte er an die Uni zurück und promovierte in Erlangen im Bereich Energietechnik. Seit 2021 arbeitet er bei den Stadtwerken Bad Kissingen , zunächst als Leiter des Bereichs Unternehmensentwicklung, seit Oktober 2023 mit Binder gemeinsam als Geschäftsführer .

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