Deutschland wird digital - langsam, aber sicher. Ein weiterer Schritt in diese Richtung soll die elektronische Akte in der Justiz sein. Bis 2026 muss sie überall in Deutschland eingesetzt werden.
Bad Kissingen soll im ersten Halbjahr 2023 dran sein. Hinter der eAkte verbirgt sich ein großer Schritt für die Gerichte, den sie aber schon in kleinen Schritten angegangen sind: Die Papierakten sollen verschwinden, alles wird auf dem Computer stattfinden. Bisher werden bereits Schriftsätze in elektronischer Form ausgetauscht, anstatt postalisch versandt werden zu müssen. Die Hauptarbeit findet jedoch noch auf dem Papier statt.
Elektronische Akte hat viele Vorteile
Lothar Schmitt, Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg und damit auch für das Amtsgericht in Bad Kissingen zuständig, kann eigene Erfahrungen und die aus der Pilotphase in Coburg teilen. Er sieht "Riesenvorteile in der elektronischen Akte ".
Zum einen ist das Arbeiten überall und zu jeder Zeit möglich - im Dienstzimmer, von zu Hause, unterwegs. Das ging vorher nicht: "Irgendjemand hat die Papierakte und bearbeitet sie: die Geschäftsstelle, der Richter, oder sie ist in der Wachtmeisterei, weil da noch etwas gemacht werden muss." Und wenn sie da liegt, müssen alle anderen warten. "Bei der elektronischen Akte kann man von allen Seiten arbeiten. Das trägt sehr zur Beschleunigung bei."
Einsparung von Papier
Außerdem von Vorteil: Es muss nicht mehr so viel auf Papier gedruckt und vor allem gelagert werden. Viele Gerichte müssten derzeit noch teuer Archivflächen anmieten. Teuer deshalb, weil die Akten nicht in einen beliebigen feuchten Keller gelegt werden könnten. "Auf die Sicherheit haben wir ein großes Augenmerk, die ist sehr wichtig", so Schmitt.
Er ist sich sicher, dass die aufgebauten Hürden ausreichen: "Bisher ist noch niemand ins Justiznetz eingedrungen." Bisher ist im Netz auch von den üblichen Verdächtigen, also dem Datenschutzbeauftragten Ulrich Kelber oder der Hackervereinigung Chaos Computer Club (CCC), keine Warnung zu vernehmen.
Der Mensch muss im Zentrum stehen
Schmitt nennt einen Punkt, der ihm sehr am Herzen zu liegen scheint: "Bei aller Digitalisierung ist wichtig: Der Mensch muss nach wie vor im Zentrum des Verfahrens stehen. Ich möchte keine Entscheidungen aus der Künstlichen Intelligenz (KI). Selbst in einfachen Verfahren." Der Mensch müsse immer entscheiden.
Und in den wichtigen Verfahren müsse auch der Mensch im Sitzungssaal sein. Hier sieht er neben der KI die zunehmende Kommunikation über Video. Denn in der Coronaphase haben immer mehr Gerichte Microsoft Teams, ein Programm zur Videotelefonie, in ihrer Arbeit genutzt.
Joachim Meßler, der neue leitende Direktor am Amtsgericht Bad Kissingen , schaut in die nahe Zukunft: In einem Jahr wird hier die elektronische Akte Einzug halten. Er weiß: "Jede Änderung bringt eine gewissen Unsicherheit mit."
Am Amtsgericht seien zum einen die jungen Leute, die die Entwicklung vor allem spannend finden. "Leute, die schon viele Jahre mit Akten arbeiten, für die wird das eine Umstellung. Aber das wird schon werden, wir arbeiten ja schon länger mit dem Computer." Er berichtet: "Ich musste mich auch daran gewöhnen, aber wenn man sich mal darauf eingelassen hat, ist es sehr hilfreich."
Der Einführung der eAkte ging eine mehrjährige Pilotierung voraus, in der die Gerichte bis heute etwa 75.000 Verfahren rein elektronisch führten.