Es war eine überwältigende Resonanz, die die Podiumsdiskussion mit den Kandidaten der Bürgermeisterwahl 2020 bekommen hat. Die Georgi-Halle war am Donnerstagabend schon weit vor Beginn der Veranstaltung bis auf den letzten Platz gefüllt. Sogar hinten und an den Seiten standen die Menschen dicht gedrängt. Selbst Kinder waren unter den Gästen, genauso wie die Jugendlichen des Bad Brückenauer Jugendraums. Insgesamt waren es wohl zwischen 450 und 500 Besucher.
Das Publikum strahlte eine große Offenheit sowie positives Interesse aus. Die drei Bewerber selbst blieben durchgehend sachlich und fair. Gleich am Anfang lockte Susanne Will, Redaktionsleiterin der Saale-Zeitung, die Kandidaten aus der Reserve. Sie hatte verschiedene Bücher ausgelegt, von denen jeder eines aussuchen sollte, das ihm spontan zusagte. Während Jochen Vogel ( CSU ) beherzt zur Bibel griff - "Da stehen viele tolle Dinge drin [...], die heute mehr denn je Gültigkeit haben" -, wählte Dirk Stumpe (PWG) ein Buch über den Dalai Lama .
Jugend bringt sich ein
"Der entscheidende Schlüssel zum Glück ist, mit dem zufrieden zu sein, was man im Augenblick hat", sei eine der Erkenntnisse des Dalai Lama , die ihn inspirieren würden, sagte er. SPD-Kandidat und Bibliotheksleiter Jan Marberg hatte sich für einen Band über die Satirezeitschrift "Titanic" entschieden. Für gut gemachte Satire brauche es vor allem Kreativität , sagte Marberg. Das schätze er sehr.
Im Vorfeld hatten 15 Bürger ihre Fragen bei der Redaktion gestellt. Auch die Jugendlichen um Gemeindejugendpflegerin Ulrike Abersfelder beteiligten sich. Die Themen reichten von der Bedeutung der Therme Sinnflut , die alle drei unterstrichen, über die Gestaltung des Bahnhofsgeländes bis zur Situation in der Innenstadt. Dabei vertraten die Kandidaten ihre bekannten Positionen: Marberg und Vogel befürworten das Medzentrum an der dafür vorgesehenen Stelle im Kurpark. Stumpe ist dagegen.
Immer wieder klangen inhaltliche Unterschiede an. Stumpe hält die Ausweisung eines neuen Gewerbegebiets, das er im Ortsteil Volkers sieht, für möglich. Er möchte zudem die "Zauberhöhle" (ehemaliger Ratskeller) zur Begegnungsstätte für Jung und Alt ausbauen. Der Eigentümer würde das Haus der Stadt quasi schenken. Marberg hat die Absicht, ein Mehrgenerationenhaus mit Café, Bibliothek und Jugendraum in der Innenstadt zu schaffen. Vogel nannte kein neues Projekt. Er wies darauf hin, dass bei einer schlechteren Konjunktur der finanzielle Spielraum der Stadt schnell zusammenschrumpfen könne.
Unterschiede bei der Rhönallianz
Was die Fußgängerzone angeht, so denken Stumpe und Marberg über konzeptionelle Veränderungen nach. Allein auf den Einzelhandel zu setzen, sei in Zeiten des Onlinehandels nicht realistisch, lautete ihr Tenor. Jochen Vogel dagegen hält am Einzelhandel als wichtigen Standortfaktor in der Innenstadt fest. Es gebe viele Menschen, die die Beratung in einem Geschäft durchaus schätzen würden.
Was die Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden angeht, so setzen auch hier alle drei unterschiedliche Schwerpunkte. Während Vogel eine gemeinsame Klärschlammentsorgung als wichtigstes Projekt der Rhönallianz ansieht, befürwortet Marberg in erster Linie ein interkommunales Gewerbegebiet. Stumpe dagegen hält den Ausbau des Tourismus in der Region für das zentrale Thema.
Umfrage zeigt erstes Stimmungsbild
Die Jugendlichen erkundigten sich, ob die Kandidaten ihnen neue und größere Räume in Aussicht stellen würden - was alle drei auch bejahten. Dass die jungen Leute gerne den Spielplatz, "der uns seit der 3. Klasse versprochen wird", endlich in Beschlag nehmen würden, quittierte die Zuhörer mit wohlwollendem Lachen. Warum da noch nichts passiert sei, brachte den langjährigen Stadtrat Stumpe zwischenzeitlich in Erklärungsnot. Einem Jugendrat zeigten sich alle drei Kandidaten sehr offen gegenüber.
Die Podiumsdiskussion war auch im Internet zu sehen. Ein Livestream auf Facebook ließ die Zuschauer zuhause am Geschehen teilhaben. Das Video erreichte bis zum frühen Freitagnachmittag etwa 5300 Nutzer und wurde mehr als 3170 Mal angeklickt. Parallel zur Videoaufnahme gab es die Möglichkeit, die Frage zu beantworten, welcher Kandidaten am meisten überzeuge. Noch während der Veranstaltung gaben 27 Leute ihre Stimme ab. Danach waren es noch einmal 34.
Auch wenn diese Umfrage nicht repräsentativ ist, gibt sie einen ersten Eindruck. Demnach war CSU-Mann Jochen Vogel für 36 Prozent der überzeugendste Kandidat (22 Stimmen). Dicht hinter ihm liegt mit 34 Prozent Dirk Stumpe von der PWG (21 Stimmen). Lediglich 30 Prozent (18 Stimmen) holte SPD-Kandidat Jan Marberg. Sowohl Marberg als auch Vogel richteten während der Debatte einen Appell an die Bürger: "Bitte gehen Sie wählen!" Bei der Wahl vor vier Jahren hatten nämlich nur 46,18 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.
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