
Seit dem 23. August ist Jörg Uhlmann aus Greven im Münsterland in Bad Brückenau zu Gast. Vor seiner Pensionierung arbeitete er als Schulpfarrer an einem Berufskolleg und in der Lehrerfortbildung. Bis zum 12. September wird er im Raum Bad Brückenau als Kurseelsorger die Gemeinde unterstützen.
Herr Uhlmann, herzlich willkommen in Bad Brückenau. Sie engagieren sich bereits seit einiger Zeit als Kur- und Urlauberseelsorger. Wie kam es eigentlich dazu?
Jörg Uhlmann: Seit meiner Pensionierung vor neun Jahren bin ich als Urlauberseelsorger unterwegs. Meistens im Rahmen der Evangelischen Kirche in Deutschland ( EKD ). Meine ersten Stellen waren in Italien, auf Ischia zum Beispiel, und die allererste Stelle war in Venedig. Dort habe ich diese Aufgabe als spannende Herausforderung kennengelernt. Man trifft dort Menschen aus den verschiedensten Ländern, denen man sonst nie begegnet wäre. In Venedig gibt es eine kleine protestantische Kirche, die für Touristen unter anderem interessant ist, weil sich in ihr ein Gemälde von Martin Luther befindet, das von Lukas Cranach gemalt wurde. Meine Aufgabe war es, mit den Kirchenbesuchern zu sprechen. Zu den Besuchern gehörten viele Deutsche, aber auch Italiener, Amerikaner, Franzosen und andere. Trotz der unterschiedlichen Sprachen konnte man in einen Dialog treten. Diese Erfahrungen haben mich dazu motiviert, weiterhin in der Urlauberseelsorge tätig zu sein.Als evangelischer Pfarrer in Italien, dem wahrscheinlich katholischsten Land Europas. Das war bestimmt auch ungewöhnlich.
Ja, was viele nicht wissen, ist, dass es in Italien eine italienisch-deutsche Kirche, die Chiesa Evangelica Lutherana, gibt. Diese Kirche hat circa 15.000 Mitglieder in ganz Italien, aber diese sind ziemlich engagiert, auch was die Sozialarbeit angeht. Die EKD hat eine enge Partnerschaft mit dieser italienischen evangelischen Kirche. Als Urlauberseelsorger sind wir vor allem für die deutschen Touristen zuständig, aber unsere Veranstaltungen werden auch von dort lebenden Deutschen besucht.Neben Italien gab es für uns Einsätze in Baden bei Wien und noch vor kurzem waren wir auf der Insel Fanø in Dänemark. Jeder Einsatzort hat seine spezielle Prägung. Im Rahmen der Bayerischen Landeskirche waren wir bisher in Zwiesel und in Füssen. Hier ist eine enge Zusammenarbeit mit den örtlichen Kirchengemeinden vorgesehen, und wir bekommen einen breiten Einblick in die gemeindliche Vielfalt.
Was kann man sich denn ungefähr unter der Arbeit eines Kurseelsorgers in Bad Brückenau vorstellen?
Ich halte natürlich Gottesdienste in der Christuskirche und der Friedenskirche, bin im Kurstift tätig und Ansprechpartner der Kurseelsorge im Staatsbad. Darüber hinaus gestalte ich zum Beispiel am Samstag um 14.30 Uhr das Seniorencafé an der Friedenskirche. Da ich häufig humorige Gedichte vortrage, bin ich für diese Aufgabe angefragt worden. Ich habe gerne zugesagt und werde neben den Gedichtvorträgen auch Instrumente einsetzen, die ich alle nicht spielen kann (lacht). Ähnliches mache ich öfter im privaten Rahmen, aber ab und zu auch in meiner Heimatkirchengemeinde in Greven im Münsterland. Wichtig ist mir dabei, Menschen zu begegnen und ihnen Freude zu bereiten. Das Thema meines Beitrages beim Seniorencafé lautet übrigens „Sinniges und Unsinniges“.Sie sind ja in Begleitung Ihrer Frau hier.
Ja, sie macht da überall mit. Sie übernimmt Teile des Gottesdienstes oder gestaltet zum Beispiel eine Veranstaltung im Kurstift. Wir sind ein gutes Team, das sich ergänzt und die gemeinsame Arbeit reflektiert.Ist das in etwa das „typische“ oder beinahe schon „berühmte“ Modell der evangelischen Pfarrersfrau?
Auf gar keinen Fall! Das alte Modell von Pfarrherr und Pfarrfrau ist ein altes Klischee. Die Partnerinnen von Pfarrern haben eigene Berufe und definieren sich nicht über den Beruf ihres Mannes. Das trifft im Übrigen auch für Partner von Pfarrerinnen zu.
Sie sind als Kurseelsorger schon ordentlich herumgekommen. Haben Sie Spaß am Reisen?
Sicher, aber auf der anderen Seite bin ich auch Kritiker von weiten Reisen um des Reisens willen. Zum Beispiel als Seelsorger auf Kreuzfahrtschiffen könnte ich nicht arbeiten, da ich diese Art des Reisens aus ökologischen Gründen ablehne. Auf der anderen Seite sollte Kirche hingehen, wo die Menschen sind, und ihnen dort spirituelle Begleitung anbieten.
Zu Ihren Hobbys zählt ja auch die Fotografie. Was machen Sie da am meisten?
Ganz verschieden. Ich mache es schon mal, dass ich ganz bewusst durch eine Stadt gehe und dann überlege, was sind jetzt Schwarz-Weiß-Motive? Bei Schwarz-Weiß-Fotografie ist das ein anderer Blick, als wenn ich Farbfotografie mache. Ich fotografiere zum Beispiel gerne Menschen. Beispielsweise auf dem Titelblatt des neuesten Bad Brückenauer Gemeindebriefs ist eines meiner Fotos abgedruckt, das zwei Musikerinnen in Paris zeigt.