zurück
Bad Brückenau
Bad Brückenau: Stadtgespräch vor 25 Jahren
Wasserstoff gilt heute als große Chance der Energiewende. Schon vor 25 Jahren wollte Bad Brückenau Modellstadt der neuen Technologie werden. Daraus wurde nichts. Auch ein andere Projekt verschwand wieder in der Schublade.
Die Heizzentrale im Staatsbad: Mitte der 1990er Jahren gab es die Überlegung, hier Brennstoffzellen für die Herstellung von Wasserstoff zu installieren. Foto: Ulrike Müller       -  Die Heizzentrale im Staatsbad: Mitte der 1990er Jahren gab es die Überlegung, hier Brennstoffzellen für die Herstellung von Wasserstoff zu installieren. Foto: Ulrike Müller
| Die Heizzentrale im Staatsbad: Mitte der 1990er Jahren gab es die Überlegung, hier Brennstoffzellen für die Herstellung von Wasserstoff zu installieren. Foto: Ulrike Müller
Ulrike Müller
 |  aktualisiert: 17.08.2022 13:05 Uhr

Ein eigener Golfplatz . Dieses hehre Ziel diskutierten die Bad Brückenauer im November 1995. Alte Zeitungsartikel zeugen davon. Sogar eine konkrete Fläche war schon im Gespräch, oben, bei Breitenbach. Damals wollte die Stadt auch eine Wasserstoff-Anlage bauen und Modellstadt des Freistaats Bayern für die neue Technologie werden. "Es ist beides im Sande verlaufen", erinnert sich das damalige Stadtoberhaupt, Altbürgermeister Hans Rohrmüller.

Die Breitenbacher Trift - die Wiese liegt vom Buchrasen kommend am Wanderweg nach Breitenbach - sollte Golfern sportliche Herausforderungen bieten. Dem eigens gegründeten Golfclub standen Krone-Wirt Heinz Zapka und Dieter Pawelke, früher geschäftsführender Gesellschafter des Regena, vor. "Der damalige Direktor des Dorint-Hotels hatte sich auch dafür eingesetzt", ergänzt Rohrmüller. Sanatorien , Hotels und Kureinrichtungen hielten, so heißt es im Zeitungsbericht, einen Golfplatz "unbedingt erforderlich für die Attraktion des Bades und der Stadt ".

Aus Bad Brückenau kam der Wunsch, Oberleichtersbach hatte die Fläche. "Die ersten Fotos aus der Luft stammten von einem russischen Spionage-Satelliten", erzählt Edmund Wilhelm, damals Kurdirektor im Staatsbad. Nach der Wende hätten die Russen Luftaufnahmen verkauft. Die Bilder bildeten die Grundlage für die ersten Vorplanungen eines Golfplatz-Architekten. Selbst die Landwirte hatten schon zugestimmt, erinnert sich Wilhelm.

Doch es kam alles anders. Der Golfclub hatte für die Fläche sorgen sollen, das Dorint für einen Investor. "Es ist daran gescheitert, dass die Dorint AG damals in Insolvenz ging", berichtet der ehemalige Kurdirektor weiter. Der Bad Brückenauer Golfclub indes besteht bis heute - nur ohne Golfplatz - mit Wilhelm als Vorsitzendem seit mehr als 20 Jahren. Von den Plänen übrig geblieben ist nur die Driving Range im Staatsbad.

Die Anlage, die zwischen der Marienkirche und dem ehemaligen Sinntalhof liegt, war laut Zeitung eine Bedingung des Deutschen Golfverbands , damit der Bad Brückenauer Golfclub als Mitglied aufgenommen werden konnte. Die Staatliche Kurverwaltung pflegt das Areal und verleiht Ausrüstung an Golfer. Aktuell würden Golfkurse am Sonntagvormittag insbesondere von Patienten der Privatkliniken sehr gern angenommen, berichtet die heutige Kurdirektorin Andrea Schallenkammer .

Investitionssumme: 30 Millionen Mark

Wesentlich kostenintensiver war hingegen die Idee, im Staatsbad eine Wasserstoff-Anlage zu bauen. Investitionen in Höhe von 30 Millionen Mark, verteilt auf elf Jahre, standen im Raum. In Zusammenarbeit mit dem Raumfahrt-Zentrum der Daimler-Benz Aerospace sollte eine autonome Wasserstoff-Infrastruktur geschaffen werden. Vier Brennstoffzellen-Module hätten an der Fernheizzentrale im Staatsbad gestanden.

Sie wären zunächst mit Erdgas und später mit einem Biomasse-Reaktor betrieben worden und hätten langfristig das gesamte Staatsbad mit Wärme versorgt. Der Wasserstoff war auch für das Metallwerk, heute GKN Sinter Metals , gedacht, heißt es im Zeitungsartikel. Der damalige Bürgermeister hätte es gern gesehen, dass Bad Brückenau Modellstadt der "Offensive Wasserstoff Bayern" wird. "Die Studie war fertig", sagt Rohrmüller. "Es wäre eine tolle Sache geworden."

Gebaut wurde die Anlage allerdings nie. Ihm seien die Leute, die das Projekt damals hatten umsetzen wollen, suspekt gewesen, erklärt Rohrmüller. Der Freistaat Bayern habe kein Interesse gehabt, die Anlage zu erneuern, da sie noch in einem guten Zustand war, erinnert sich Wilhelm. So steht die Heizzentrale noch immer an ihrem Platz zwischen dem ehemaligen Abfüllbetrieb des Bad Brückenauer Wassers und dem Minigolf-Platz. 2004 wurde sie auf Holzhackschnitzelbetrieb umgestellt, weiß die Kurdirektorin zu berichten.

Zweiter Versuch scheitert ebenfalls

Einen zweiten Anlauf nahmen Kommunalpolitiker in Oberwildflecken. Sie wollten das Wasserstoffprojekt doch noch verwirklichen. "Wir hatten die Zusagen aus München, auch aus Berlin. Das waren keine Träumereien", sagt Altbürgermeister Walter Gutmann . Die Idee sei gewesen, wasserstoffreiches Gas aus biogenen Reststoffen herzustellen, schildert er. Doch das Projekt sei von einer Bürgerinitiative verhindert worden.

Gutmann hatte gehofft, dass weitere Unternehmen auf den Zug aufspringen und sich eine wirtschaftlich rege Zusammenarbeit am Fuße des Kreuzbergs entwickeln würde. So aber blieb es bei Träumen. Die Technologie geriet aus dem Fokus der Staatsregierung. Im September 2019 aber startete der Freistaat eine neue Initiative. Doch das "Wasserstoffbündnis Bayern" wird von Nürnberg aus koordiniert. Bad Brückenau oder gar Oberwildflecken spielen dabei keine Rolle mehr.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Brückenau
Andrea Schallenkammer
Daimler AG
GKN Sinter Metals
Golfclubs und Golfvereine
Golfplätze
Golfverbände
Kuranlagen und Kureinrichtungen
Kurdirektoren
Privatkliniken
Sanatorien
Städte
Walter Gutmann
Wasserstoff
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top