
Michael Krammer ist 48 Jahre alt und seit 13 Jahren in Motten und später auch Bad Brückenau Pfarrer. Seine Pfarrstelle in der Rhön verlässt er mit gemischten Gefühlen.
Pfarrer Krammer, wie ist Ihre Gemütslage kurz vor dem Weggang aus der Rhön?
Michael Krammer : Ich gehe mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Gestern erst war die Beendigung des Wallfahrtsjahres auf dem Maria Ehrenberg. Das ist mir schon schwer gefallen. Diese Zeit ist nun Geschichte.
Im Dezember übernehmen Sie die Pfarreiengemeinschaft "Heiliger Sebastian" in Eßleben bei Werneck. Eine Aufgabe, auf die Sie sich freuen?
Ja, in der Tat. Ich habe zwar nicht mehr so ein großes Team, aber auch nicht mehr so viel Verantwortung, weil ich ja kein Dekan mehr bin. In Motten war es so, dass die Kirche der Träger der Kindergärten ist. Da musste ich Einstellungsgespräche führen und viel Bürokratie bewältigen. In Eßleben ist die Caritas auch in Kindergärten aktiv, Träger sind allerdings Vereine. Da kann ich die Zeit, die ich hier in die Verwaltung gesteckt habe, in die Kinder investieren.
Es schien, als hätten Sie schon eine Weile innerlich Abschied genommen. Täuscht dieser Eindruck?
Als vor zwei, drei Jahren die Pfarrstelle in Dettelbach frei wurde, da habe ich schon mit einem Wechsel geliebäugelt. Richtig konkret wurde es aber letztes Jahr, als ich mir eine Gürtelrose am Bein zugezogen hatte. So etwas kommt ja nicht von allein. Da habe ich viel nachgedacht und auch das Gespräch mit Vertrauten gesucht.
Mit welchem Ergebnis?
Mir wurde sehr deutlich: Das passt nicht mehr für mich. Ich habe gemerkt, so wie ich es mache, mache ich es falsch. Ich habe mich auch selbst überfordert. Es heißt, eine Predigt ist so gut wie das, was sie bewirkt. Ich habe meine Lehre viel zu hoch gesteckt, war viel zu theoretisch. Da fehlte das Fleisch und es war oftmals zu unkonkret. Ich bin zu forsch herangegangen und habe die Leute stehen gelassen.
Sie spielen auf die Schwierigkeiten beim Zusammenwachsen der Pfarreiengemeinschaft Sankt Georg - Maria Ehrenberg an.
Genau. Ich habe mich verrannt in die Idee, ich müsse die Gemeinden auf die Zukunft vorbereiten. Die Personalstruktur der Kirche wird nicht so bleiben. Ich habe versucht, für diese Zukunft zu werben, aber es ist mir nicht gelungen. Da ist viel Energie und Herzblut hineingeflossen. Damals dachte ich: Vielleicht ist es an der Zeit, das jetzt abzugeben. Die Zukunft muss ein anderer gestalten.
Wo liegt denn das Problem?
Da ist ein großes Stück Lokalpatriotismus. Jeder hat die Erwartung: Wenn etwas Wichtiges ist, soll das auch bei mir in der Kirche sein - sei es an Weihnachten, zu Silvester oder bei der Erstkommunion. Mittlerweile kann ich das verstehen, aber ich sehe eben auch, dass das kaum mehr leistbar ist.
Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?
Meinem Nachfolger wünsche ich, dass er gut durchdacht an die Sache herangeht. Dass er die Fähigkeit besitzt, sowohl das Team als auch die Gemeinde mitzunehmen. Und dass er nicht den Fehler macht zu sagen: Ich bin der Pfarrer und ich sage, wo es lang geht.
Und was wünschen Sie den Gemeinden?
Das wünsche ich eigentlich jeder Gemeinde: Dass wir uns von anderen Kirchen- und Gemeindemodellen inspirieren lassen. Es gibt Orte auf der Welt, da kommt der Pfarrer zweimal im Jahr und die Christen treffen sich trotzdem jeden Sonntag. Ich wünsche mir auch, dass wir uns wieder von Gott berühren lassen. Wir müssen wegkommen von der Konzentration auf Struktur und Verwaltung und endlich lernen, über den Glauben sprechen.
Das Gespräch führte Ulrike Müller.
Werdegang Michael Krammer studierte in Würzburg und Mainz Theologie. Im Jahr 2000 wurde er zum Priester geweiht. Als Kaplan wirkte er in Kleinostheim, Bad Kissingen, Amorbach, Kitzingen und Sulzfeld am Main. 2005 wurde er Pfarrer von Kothen und Motten. Aus diesen Gemeinden wurde 2010 die Pfarreiengemeinschaft "Maria Ehrenberg Kothen". 2010 wurde er Dekanatsbeauftragter für Ökumene , interreligiösen Dialog und Weltanschauungsfragen im Dekanat Hammelburg. 2012 wurde er zum Dekan ernannt. Im selben Jahr übernahm er die Aufgabe als Pfarradministrator in Bad Brückenau und 2013 die Leitung der Pfarreiengemeinschaft "Sankt Georg - Bad Brückenau ". Im Jahr 2016 führte er die Pfarreien in Motten und Bad Brückenau zu einer Pfarreiengemeinschaft zusammen. Zum 1. Dezember übernimmt Krammer die Pfarreiengemeinschaft "Heiliger Sebastian, Eßleben".
Verabschiedung Am Sonntag, 11. November, wird Michael Krammer verabschiedet. Der Gottesdienst beginnt um 10.30 Uhr in der Stadtpfarrkirche von Bad Brückenau . Der Bad Brückenauer Kirchenchor sowie der Mottener Gesangverein Liederkranz gestalten die Feier. Anschließend gibt es einen Empfang im Pfarrheim mit der Möglichkeit der persönlichen Verabschiedung.