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Bad Brückenau
Bad Brückenau macht den großen Schnitt
Wegen des großen Sanierungsstaus müssen sich Verwaltung und Kommunalpolitik umorientieren. Ein Masterplan soll her. Dabei kommen selbst Projekte auf den Prüfstand, die relativ weit vorangeschritten sind, darunter die Erneuerung der Therme Sinnflut.
Nicht nur der Mörtel auf dem Dach des Alten Rathauses bröckelt, sondern viele Teile der Bad Brückenauer städtischen Infrastruktur. Jetzt müssen eine Umorientierung und ein Gesamtkonzept her.       -  Nicht nur der Mörtel auf dem Dach des Alten Rathauses bröckelt, sondern viele Teile der Bad Brückenauer städtischen Infrastruktur. Jetzt müssen eine Umorientierung und ein Gesamtkonzept her.
Foto: Thorsten Grament | Nicht nur der Mörtel auf dem Dach des Alten Rathauses bröckelt, sondern viele Teile der Bad Brückenauer städtischen Infrastruktur. Jetzt müssen eine Umorientierung und ein Gesamtkonzept her.
Steffen Standke, Julia Raab
 |  aktualisiert: 05.11.2022 02:43 Uhr

Thorsten Graments Liste ist lang. Über 180 "Maßnahmen" hat der Mitarbeiter des städtischen Büros Bauleistungen in einem Jahr gesammelt. Viele gehören besser heute als morgen erledigt, sind Pflichtaufgaben der Stadt, wie die Sanierung des Alten Rathauses oder der Erhalt von Brücken. Etwas weniger Punkte sind "freiwillige Aufgaben", die aber eine Stadt ausmachen, wie die rundzuerneuernde Therme Sinnflut . Alles sofort abzuarbeiten ist schon finanziell utopisch. Ein Masterplan muss her.

Der bauliche Zustand vieler städtischer Immobilien ist bedauerlich. Als Beispiel mag das Alte Rathaus dienen. Grament hat das Dach mit der Feuerwehr-Drehleiter befahren. Er entdeckte lose Ziegel, weil der Mörtel sich mit der Zeit pulverisiert hat. Nicht nur einzelne Ziegel, das ganze Dach droht herunterzurutschen - weswegen der Bereich um den denkmalgeschützten Bau seit Monaten mit Zäunen weiträumig abgesperrt ist. Denn auch der Putz bröckelt, ist an einigen Stellen heruntergefallen. Im Innern wütet der Schwarzschimmel.

Keine Prioritäten vorgegeben

Solcherlei "Baustellen" zwingen die Verwaltung und Bürgermeister Jochen Vogel ( CSU ) zum Umdenken. Und zwar grundlegend. "Wir haben in allen Bereichen erheblichen Handlungsbedarf", sagt das Stadtoberhaupt. Sein Schluss: "Wir müssen ein Gesamtkonzept erstellen für die nächsten 15 bis 20 Jahre."

Grundlage dessen soll Thorsten Graments Übersicht mit seinen rot eingefärbten Pflichtaufgaben und weiß hinterlegten freiwilligen Maßnahmen sein. Am 8. Oktober präsentierte der Hochbauarchitekt sie dem Stadtrat in einer nichtöffentlichen Klausurtagung.

Wobei er darauf verzichtete, den Räten irgendwelche Vorschläge für eine Priorisierung zu unterbreiten. Es geht nicht einzig darum, eine Liste mit Bauwerken nach Mängelzustand und Dringlichkeit abzuarbeiten. Auch deren derzeitige oder auch mögliche künftige Nutzung stellt Jochen Vogel zur Diskussion. "Wir müssen frei denken: Wo sollen zum Beispiel das Rathaus und die Bibliothek hin, wo die Jugendarbeit stattfinden."

Das alles wolle man innerhalb des nächsten Dreivierteljahres erarbeiten und in einen Masterplan fassen. An diesem "übergeordneten städtebaulichen Entwicklungskonzept" (Grament) wolle man sich entlanghangeln - wohlwissend, dass immer Überraschungen drohen.

Jochen Vogel sagt auch, dass Projekte erneut auf dem Prüfstand stehen, die recht weit schienen, ausdiskutiert waren. Der geplante Mehrgenerationenspielplatz an der August-Kömpel-Musikschule zum Beispiel. Er sollte dieses oder spätestens nächstes Jahr gebaut werden, hätte 250.000 bis 300.000 Euro gekostet. Eine finanzielle Belastung für die in den Zwängen der Stabilisierungshilfe stehende Stadt, auch wenn bis zu 220.000 Euro staatliche Förderung in Aussicht standen.

"Die wichtigen und dringenden Dinge kommen zuerst, dann die schönen", sagt der Bürgermeister nun. Häufig ginge es schlicht um die Sicherheit. Auch die "Heilige Kuh" Teilneubau und Sanierung der Sinnflut scheint nicht jenseits jeglichen Zweifels zu sein. Laut Grament wird bis Ende des Jahres die "Leistungsphase 3", die Entwurfsplanung mit detaillierter Kostenberechnung" angegangen. Dann könne man das Projekt neu bewerten, aber auch mit konkreteren Zahlen bei der Regierung von Unterfranken als Förderstelle vorstellig werden.

Bei ihrem großen Vorhaben wollen Vogel und Grament Stadträte und Öffentlichkeit mitnehmen, sich aber auch Hilfe von außerhalb holen. "Die Planungsleistung wird ausgeschrieben", sagt Letzterer. Wie das definiert sei und welches Gebiet das umfasse, werde Thema der nächsten Klausurtagung sein.

Umstrukturierung angestoßen

Intern wurden nach Angaben beider die Weichen für die große Aufgabe gestellt. So werden aus drei Stellen im Büro Bauleistungen vier. Das habe auch der Kommunale Prüfungsverband, der derzeit die Verwaltungsstruktur untersuche, empfohlen. Zusätzlich werde Bauhofleiter Michael Krug stärker eingebunden.

Bisher war die Kämmerei dem Büro Bauleistungen übergeordnet. Künftig sollen beide Ressorts gleichberechtigt ihre Interessen vertreten - im Sinne der besten Lösung. Ab 3. November ist die Kämmerei neu besetzt mit Markus Popp. Auch will Vogel stärker auf dem Kreditmarkt tätig werden, was eine Abkehr von der Stabilisierungshilfe bedeuten würde.

Den Stadtrat, bei dem es laut Vogel in der Klausur "individuelle Bauchschmerzen" wegen der Neuausrichtung gab, ruft der Bürgermeister zu Zusammenhalt und Durchhaltevermögen auf.

Natürlich soll in den nächsten Monaten kein völliger Stillstand herrschen in der Stadt. Aber die Bad Brückenauer müssen sich laut Grament auf Zwischenlösungen einstellen - wie die Behelfstreppe am Neuen Rathaus.

Am Alten Rathaus sollen übrigens bald die Bauzäune weichen. Ein Gerüst wird gestellt, einerseits für Ausbesserungsarbeiten, andererseits, um herabfallende Ziegel abzufangen. Die Ausschreibung dafür geht demnächst raus.

 
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