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Bad Brückenau
Bad Brückenau: Erlebnisse in Mexiko
Jürgen Neubauer ist Autor und Übersetzer. Seit 2004 lebt er in Mexiko. Ein Gespräch über sein neues Buch und die Magie des Landes abseits der Schlagzeilen.
Erinnerungen an früher: Jürgen Neubauer steht  mit seiner Frau Lourdes De Villa am Siebener. Gegenüber des Parks betrieb Neubauers Großvater Ludwig Wolf einst eine Pension mit einer Kneipe. Foto: Ulrike Müller       -  Erinnerungen an früher: Jürgen Neubauer steht  mit seiner Frau Lourdes De Villa am Siebener. Gegenüber des Parks betrieb Neubauers Großvater Ludwig Wolf einst eine Pension mit einer Kneipe. Foto: Ulrike Müller
| Erinnerungen an früher: Jürgen Neubauer steht mit seiner Frau Lourdes De Villa am Siebener. Gegenüber des Parks betrieb Neubauers Großvater Ludwig Wolf einst eine Pension mit einer Kneipe. Foto: Ulrike Müller
Ulrike Müller
 |  aktualisiert: 18.08.2022 18:05 Uhr

Jürgen Neubauer stammt aus Bad Brückenau . Nach Stationen in England und den USA lebt der freiberufliche Übersetzer und Autor nun schon seit 14 Jahren in Mexiko. Sein neues Buch beschäftigt sich mit dem ländlichen Mexiko. Am 1. September liest Neubauer in der Galerie Form und Farbe daraus vor.

Herr Neubauer, Sie leben seit 14 Jahren in Mexiko und waren davor unter anderem in London und den USA zuhause. Ist Bad Brückenau da immer noch Heimat ? Heimat ist so ein belasteter Begriff. Aber wenn ich an Heimat denke, habe ich auch Bilder aus Bad Brückenau im Kopf. Bäume, Waldstücke, Wiesen ... Einer meiner Lieblingsorte hier ist die Pilsteralm. Irgendwann hört Heimat auf, ein konkreter Ort zu sein. Es wird vielmehr ein innerer Ort. Für mich ist Heimat eine ganze Reihe von Landschaften, die in meinem Leben eine Rolle gespielt haben.

Was hat Sie eigentlich nach Mexiko verschlagen? Die Liebe. Aber ich hatte schon immer so einen Wandertrieb. Früher oder später wäre ich wohl gegangen, wenn ich auch nicht weiß, wohin.

In Ihrem Buch "In Mexiko" beschreiben Sie eine mexikanische Kleinstadt. Sie sagten einmal, sie sei ungefähr so wie Bad Brückenau , aber doch ganz anders. Wie haben Sie das gemeint? Ich glaube, in einer Kleinstadt zu leben, ist überall auf der Welt ähnlich. Malinalco, ein kleiner Ort in den Bergen, in dem ich mehrere Jahre mit meiner Frau gelebt habe, ist für mich wie ein Brennglas. Jeder kennt jeden und man stößt schnell darauf, wie das Zusammenleben der Menschen funktioniert. Durch diese Erfahrung habe ich Mexiko als Land viel besser verstehen gelernt.

Das Land abseits der Schlagzeilen? Genau. Zum Beispiel dreht sich alles um die Kirchenfeste . Da geht es meistens um Heilige, aber das hat nicht nur einen religiösen Aspekt. Es sind Feste der Gemeinschaft, die das Dorf zusammenhalten. Gemeinschaft und Solidarität sind dort total lebendig. Diese Werte sind in unserer kapitalistischen Gesellschaft ja eher bedroht. In Deutschland kenne wir ja eher die Ich-Kultur, die Selfie-Kultur.

Kritisieren Sie das? Ich habe das Gefühl, dass wir uns mit unserem konstanten Dauerkonsum, diesem Geltungskonsum und der Selbstdarstellung am Ende kaputt machen. Malinalco ist der Gegenentwurf.

Aber die Menschen dort sind arm, oder? Materiell vielleicht. Aber was ist Armut? Dort herrscht ein spiritueller Reichtum, den ich nirgends sonst kennengelernt habe. Eine Magie , die sich schwer beschreiben lässt. Die Menschen haben eine besondere Fähigkeit, glücklich zu sein. Hier in Deutschland spüre ich eine nagende Unzufriedenheit.

Was hat es mit dieser Magie auf sich? In Malinalco hat zum Beispiel ein Schamane neben uns gewohnt. Prähispanische Kulte werden weiterhin praktiziert, und alle glauben an diese Magie . In Liebesdingen geht man zur Heilerin, oder wenn man arbeitslos ist auch. Mich fasziniert dieses Magische. Als Außenstehender kann man das allerdings nur beobachten, man wird nie Teil davon sein.

Was ist mit dem Land der Drogenkartelle, der Gewalt und der massenhaften Auswanderung in die USA? Dieses Mexiko möchte ich gerade nicht zeigen. Man kann nicht leugnen, dass im Land viel Gewalt herrscht. Aber das bestimmt das Leben nicht so, wie man es in der deutschen Presse wahrnimmt.

Teile Ihres Erlöses aus dem Buchverkauf und Vorträgen spenden Sie einer Gemeindestiftung in Malinalco. Was tut diese Organisation? Die Fundación Comunitaria de Malinalco setzt sich seit Jahren für Bildung und Umweltschutz ein. Seitdem es vor knapp einem Jahr ein Erdbeben in der Region gab, hat sich die Stiftung verstärkt für den Wiederaufbau eingesetzt. Es gibt immer noch Familien, die kein Dach über dem Kopf haben.

Das Gespräch führte Ulrike Müller.

Biografie Jürgen Neubauer wurde im Jahr 1967 in Bad Brückenau geboren. Nach dem Studium der Anglistik und Germanistik in Marburg und Richmond arbeitete er als Buchhändler in London, war Dozent in Pennsylvania und Sachbuchlektor in Frankfurt. Vor 14 Jahren zog er nach Mexiko, wo er als freiberuflicher Übersetzer arbeitet. Als Autor hat er bisher drei eigene Bücher geschrieben: "Máximo Líder", "Mexiko. Ein Länderporträt" sowie "In Mexiko: Reise in ein magisches Land".

Lesung Am Samstag, 1. September, liest Jürgen Neubauer aus seinem Buch "In Mexiko" in der Galerie Form und Farbe. Los geht es um 19.30 Uhr in der Bahnhofstraße 19 in Bad Brückenau .

 
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