Als Covid-19 in der Öffentlichkeit noch gar nicht richtig ernst genommen wurde, arbeitete die Capio Franz von Prümmer-Klinik Anfang Februar schon an einem Corona-Konzept. Am 12. März gab es den ersten Verdachtsfall. Seitdem übernimmt das Krankenhaus Corona-Tests und die Behandlung von Erkrankten in der Region.
Im Interview sprechen Dr. Hans-Joachim Müller, Ärztlicher Direktor , und Verwaltungsdirektor Axel Busch über die zurückliegenden Monate, die wirtschaftliche Situation und die Zukunft der Klinik nach dem Verkauf des Krankenhauses .
Saale-Zeitung: Seit dem Beginn der Pandemie blieben viele Betten für mögliche Corona-Patienten frei. Behandelt wurden aber nur vereinzelt Menschen. Was bedeutet die geringe Auslastung über Monate für das Krankenhaus wirtschaftlich?
Welches?
Müller: Ich glaube nicht, dass die Menschen weniger krank sind. Es werden zum Beispiel 30 Prozent weniger Herzkatheter gelegt, heißt es in der Fachpresse. Nun kann man darüber diskutieren, ob jede Operation wirklich nötig ist. Aber viele Menschen sitzen aus Angst, sich mit dem Coronavirus anzustecken, ihre Beschwerden zuhause aus. Das hinterlässt natürlich Schäden an ihrer Gesundheit.
Wie sieht es wirtschaftlich aus: Rechnen Sie mit einem Defizit?
Müller: Ich kenne kein Krankenhaus aus meinem Umfeld, das aktuell nicht deutlich defizitär ist. Die kleinen Krankenhäuser hoffen alle, dass die Politik aus dieser Krise gelernt hat. Wir haben in Deutschland noch eine vernünftige Reserve. In Norditalien war das zum Beispiel nicht der Fall. Es gibt Bestrebungen, das Gesundheitssystem in Deutschland noch effektiver zu gestalten. Da geht es vor allem um Kosteneinsparungen. Dagegen sprechen wir uns ganz massiv aus.
Was bedeutet das für die Mitarbeiter?
War der Lockdown des gesamten Landes aus Ihrer persönlichen Sicht richtig, Dr. Müller?
Aktuell zieht es die Menschen wieder in die Ferne. Viele sehnen sich nach Normalität. Ist das zu früh?
In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass das Bad Brückenauer Krankenhaus zusammen mit drei anderen Kliniken der Capio-Gruppe zum 1. Oktober verkauft werden soll. Erst im Jahr 2018 übernahm der französische Krankenhaus-Konzern Ramsay Santé die Capio-Gruppe und damit auch die Prümmer-Klinik. Was bedeutet das für die Mitarbeiter?
Der neue Eigentümer hat angekündigt, das Krankenhaus neu auszurichten. Nicht kostendeckende Leistungen sollen gestrichen werden. Bedeutet das das Aus für die Notaufnahme?
Sehen Sie die Zukunft des Klinikstandorts Bad Brückenau als gesichert an?
Das Gespräch führte Ulrike Müller.
Gesprächspartner
Axel Busch ist seit April Verwaltungsdirektor der Capio Franz von Prümmer-Klinik. Der Diplom-Kaufmann war bis September 2019 für verschiedene Tochter- und Enkelgesellschaften eines Krankenhauses der Schwerpunktversorgung tätig. So arbeitet er in leitender Funktion für eine Reha-Klinik , eine Fachklinik für dermatologische Berufserkrankungen, ein Medizinisches Versorgungszentrum sowie ein ambulantes OP-Zentrum.
Dr. Hans-Joachim Müller ist Ärztlicher Direktor der Capio Franz von Prümmer-Klinik. Im Oktober 2018 übernahm er die Abteilung Innere Medizin . Als Internist bringt er unter anderem Erfahrungen als Nephrologe (Nierenheilkundler) mit - ein Aspekt, der im Nierenheilbad Brückenau von besonderer Bedeutung ist. Von 2002 bis 2016 war Müller leitender Oberarzt der Nephrologie am Klinikum Fulda. Danach arbeitete er im KfH-Nierenzentrum in Heringen bei Bad Hersfeld.
297 Corona-Tests hat das Bad Brückenauer Krankenhaus seit Beginn der Pandemie durchgeführt. Davon fielen 23 positiv aus.
4 Patienten mit Covid-19 sind in der Prümmer-Klinik behandelt worden. Davon wurden drei zügig in andere Häuser verlegt.