
Langsam werden die Nächte wieder länger. Nicht aber für die rund 350.000 Betroffenen in Deutschland (Quelle: Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie), die an Morbus Bechterew leiden. Denn die entzündlich-rheumatische Erkrankung führt dazu, dass besonders in der Nacht tiefsitzenden Rückenschmerzen den Schlaf rauben. Bei Christina Schneider aus Bad Brückenau wurde die Krankheit im 18. Lebensjahr festgestellt.
Schneider hat die Bad Brückenauer Regionalgruppe für Morbus Bechterew vor 37 Jahren im Jahr 1987 gemeinsam mit elf weiteren Betroffenen ins Leben gerufen. Von 2014 bis vor drei Jahren übernahm Schneider sogar den Vorsitz des bayerischen Landesverbandes, den sie aber aus gesundheitlichen Gründen abgeben musste. Aktuell ist sie noch Vorsitzende der Regionalgruppe und Ansprechpartnerin im Frauennetzwerk im Bundesverband der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew.
Immunsystem richtet sich gegen eigenen Körper
Schneiders Wirbelsäule ist bereits versteift. Wenn sie flach auf dem Rücken liegt, dann berührt ihr Kopf nicht mehr den Boden. „Das muss man sich vorstellen wie ein alter Ast, der fest ist“, beschreibt Schneider ihre Wirbelsäule. Eine gesunde Wirbelsäule kann sich – um im Bild zu bleiben – wie eine junge Weide in alle Richtungen bewegen.
Bei dieser chronischen Krankheit richtet sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper und zerstört das Knochengewebe insbesondere an der Wirbelsäule. Die Folge: Langfristige Versteifung und Verformung der Wirbelsäule, die mit starken Schmerzen einhergehen sowie Entzündungen von Sehnenansätzen, Schleimbeuteln und Kleingelenken.
Bei Frauen dauert der Prozess länger
„Bei jedem ist das eine ganz individuelle Krankheitsentwicklung“, fasst die 65-Jährige zusammen. Durch die zunehmende Versteifung ist auch der Grad der Osteoporose schwer zu messen. Die Gefahr ist groß, dass die Wirbelsäule selbst bei kleineren Stürzen an unterschiedlichen Stellen brechen kann, eben wie ein alter Ast. Die Bandscheiben als Puffer gibt es nicht mehr.
Während Männer schneller an der Wirbelsäule versteifen, dauert der Prozess bei Frauen oftmals langsamer und betrifft zudem andere Körperregionen. Schneider hat als Frauenbeauftragte im Bundesverband viele Erfahrungen über den Krankheitsverlauf bei Frauen gesammelt. „Nach meinem Eindruck verlangsamen bei Frauen Schwangerschaften und die damit verbundenen Hormone den Verlauf“.
Morbus Bechterew tritt in Schüben auf
Genetisch kann die Krankheit schon vor Ausbruch erkannt werden, zudem ist sie vererblich. Gymnastik, ein gesunder Lebensstil und gezielte Bewegung kann den Verlauf verlangsamen. Dennoch: „Man kann nie sagen, was einen Schub auslöst“, sagt Schneider aus eigener Erfahrung. Ein Schub, also die aufflammende Entzündung, die meist zu einer Verschlechterung führt, könne unter anderem durch übermäßigen Stress, ob psychisch oder körperlich ausgelöst werden.
Medikamentös behandelt werden die Schmerzen mit Rheumamitteln. Auch sogenannte TNF-Alpha-Blocker können die Krankheitsaktivität reduzieren. Damit wird das Immunsystem daran gehindert, den eigenen Körper anzugreifen. „Eine Heilung der Krankheit ist bis zum heutigen Tag nicht sichtbar, auch wenn in dem Bereich viel geforscht wird“, weiß Schneider. Grundsätzlich gilt, je früher die Krankheit entdeckt wird, desto eher kann behandelt werden. Am Ende einer langjährigen Scherzbehandlung bietet nur noch Morphium Abhilfe. Dieses Stadium hat Schneider bereits erreicht.
Großer Zusammenhalt bei Betroffenen von Morbus Bechterew
Die Bad Brückenauer Regionalgruppe, die dem Landesverband unterstellt ist, bietet für die rund 68 Mitglieder aus der Region regelmäßiges Funktionstraining an. Die behandelnden Ärzte stellen das Rezept dafür für zwölf oder 24 Monate aus. „Für viele von uns ist die Gymnastik und die Begegnung mit anderen Betroffenen sehr wichtig“, bestätigt Gerda Däfner, stellvertretende Vorsitzende der Bad Brückenauer Regionalgruppe. Neben den Trainingsgruppen, die sich in der TV-Halle treffen, bieten die ehrenamtlich Tätigen auch Seniorennachmittage oder Ausflüge an.
„Der Zusammenhalt ist sehr groß, die Mitglieder kommen, solange sie laufen können“, sagen die beiden Frauen. Nur einen Wermutstropfen gibt es derzeit: „Leider können wir keine Wassergymnastik anbieten, dafür fehlen uns aktuell das Wasser und die Therapeuten“. Übrigens: Eine direkte Abgrenzung zur regionalen Rheumaliga gibt es nicht. Die Ärzte und Therapeuten empfehlen entweder die Rheumaliga oder die Bechterew-Gruppe, je nach Krankheitsbild.
Kontaktmöglichkeit:
DVMB Gruppe Bad Brückenau
Christina Schneider, Telefonnummer 0171/9348045
Gerda Däfner, Telefonnummer 06665/309
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