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Bad Brückenau
Bad Brückenau: Der treueste Müllsammler
Er kennt alle Mülleimer der Stadt. Jeden Morgen dreht Gebhard Betz seine Runde. Sein Chef braucht ihn - auch wenn er nicht so schnell wie andere ist.
'Der hier ist immer voll', sagt Gebhard Betz über den Papierkorb am Rathaus. Gewissenhaft wechselt er den Müllbeutel. Foto: Ulrike Müller       -  'Der hier ist immer voll', sagt Gebhard Betz über den Papierkorb am Rathaus. Gewissenhaft wechselt er den Müllbeutel. Foto: Ulrike Müller
| "Der hier ist immer voll", sagt Gebhard Betz über den Papierkorb am Rathaus. Gewissenhaft wechselt er den Müllbeutel. Foto: Ulrike Müller
Ulrike Müller
 |  aktualisiert: 19.08.2022 03:00 Uhr
Am Morgen war Glatteis. Gebhard Betz weiß das, weil er schon um 5 Uhr aufgestanden ist. Zwei Tassen Kaffee, ein Kollege holt ihn ab. Um 7 Uhr beginnt er seine erste Tour, um 9 Uhr die zweite. Gemächlich schiebt Betz den Wagen, in den er den Müll einsammelt, durch die Straßen. Schaufel, Besen und Müllbeutel hat er immer dabei. 6000 davon hat er dieses Jahr etwa verbraucht, schätzt sein Chef, Bauhof-Leiter Michael Krug. In jeden passen 20 Liter.

Gebhard Betz ist behindert. Als junger Mann schaffte er bei der Lebenshilfe in Hammelburg. Seit 25 Jahren arbeitet er beim Bauhof der Stadt Bad Brückenau. Er erzählt das beiläufig, auf dem Weg in Richtung Innenstadt. Genauso beiläufig wie vom Tod des Vaters. Ein Onkel kümmert sich um den 53-Jährigen, kocht und wäscht für ihn. Wenn Ferien sind, fahren ihn die Kollegen von Volkers in die Stadt, die Busse fahren nicht zur passenden Zeit. Gebhard Betz passt das gar nicht. "Da muss man doch was mach'!", schimpft er über den öffentlichen Nahverkehr.

Den Mann im knallorangenen Arbeitsanzug kennt in Bad Brückenauer fast jeder. Gebhard Betz grüßt. Er bedankt sich, wenn Passanten ihm einen schönen Tag wünschen. Vor allem aber stopft er Müllbeutel in seinen Wagen. "Der hier ist immer voll", sagt er, als er den Papierkorb am Rathaus kontrolliert. Donnerstags dreht er seine Runde im Kurpark, mittwochs oder"wie ich gerade Zeit habe" macht er den Berliner Platz sauber. Wenn er eine Pfandflasche findet, hebt er sie auf. "Die Zigaretten sind teuer geworden", brummt er.

In der Marktgasse ist alles in Ordnung. "Solange die Gesundheit mitspielt, mache ich den Job", erklärt er ein Stück weiter, an der Obermang. "Ich muss unter Leut' sein." Weiter geht's zum Schwaneneck. Hier passt Gebhard Betz besonders auf, wenn er die Straße überquert. In der Kissinger Straße erzählt er, wie ihm die Dorfgemeinschaft seine Wohnung renoviert hat. Einfach so, "weil die Leut' mich mög'". Sogar ein paar gebrauchte Möbel sammelten die Volkerser. Gebhard Betz wirft einen Blick in die Hunde-Station im Siebener Park. Dafür hat er blaue Tüten dabei. Heute braucht er keine.


Eine Plastiktüte voll mit Glasmüll

"Der Gebhard ist überall mit dabei, beim Sportverein, bei der Feuerwehr", sagt Heike Kötzner, Ortssprecherin in Volkers. Beim Stadtfest übernehme er jedes Jahr eine Nachtschicht. "Auf ihn kannst du dich hundertprozentig verlassen." Es schaue halt jeder ein wenig nach ihm, sagt Bauhof-Leiter Michael Krug. Seine Arbeit mache er zuverlässig. "Ich weiß gar nicht, ob man noch mal so jemanden kriegt", sagt Krug. Für ihn gehört es zu den Pflichten einer Stadt, sich um Menschen mit Behinderung zu kümmern.

Beim Wasserspielplatz findet Gebhard Betz eine Plastiktüte voll mit Glasmüll. Am Alten Rathaus zieht er eine Sektflasche aus einem Papierkorb. Silvester verbringt er mit seinen Kumpels, vielleicht wollen sie wegfahren. Er weiß es noch nicht. Das alte Jahr, das neue Jahr - dem Mann mit dem Müllwagen ist es gleich. "Nächste Woche gibt es wieder dieselbe Arbeit. Und im Sommer wird wieder das Gras gemäht." Wünscht er sich etwas? Nein. Und nach einer Pause: "Am Bahnhof, wenn Schulzeit ist, da sieht es aus. Ich verstehe nicht, warum die Polizei da nicht mehr Kontrollen macht." Er schüttelt den Kopf.

Auf dem Rückweg geht Gebhard Betz noch einmal durch die Fußgängerzone. Die Behälter auf seinem Wagen sind voll. "In Schweinfurt wollen sie nächstes Jahr Splitt streuen." Pause. "Die Lkw-Fahrer finden das nicht so gut." Pause. Das Salz komme aus Suhl und Meiningen, "die werden ihr Zeug doch gar nicht mehr los, wenn Splitt eingeführt wird." An der Sparkasse grüßt ein Bekannter. "Und wer soll den Splitt dann aufkehren?", fragt Gebhard Betz. Dann geht er zurück zum Bauhof.
 
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