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Bad Brückenau
Bad Brückenau: Der Schatz schlummert noch
Als erstem Kurort in Bayern gelang es Bad Brückenau, das Heilwasser des Georgi-Sprudels von den Krankenkassen als ambulante Trinkkur anerkennen zu lassen. Nur die Vermarktung des Alleinstellungsmerkmals läuft eher schleppend an.
Das Heilwasser des Georgi-Sprudels kommt aus 554 Metern Tiefe. Es weist mit 915 Milligramm pro Liter einen extrem hohen Kalziumwert auf. Foto: Julia Raab       -  Das Heilwasser des Georgi-Sprudels kommt aus 554 Metern Tiefe. Es weist mit 915 Milligramm pro Liter einen extrem hohen Kalziumwert auf. Foto: Julia Raab
| Das Heilwasser des Georgi-Sprudels kommt aus 554 Metern Tiefe. Es weist mit 915 Milligramm pro Liter einen extrem hohen Kalziumwert auf. Foto: Julia Raab
Ulrike Müller
 |  aktualisiert: 17.08.2022 22:30 Uhr

Im Juli feierte die Bürgermeisterin die konkrete Aussicht darauf, eine Behandlung mit dem Heilwasser des Georgi-Sprudels als kassenärztliche Leistung abrechnen lassen zu können. Es ist ein Meilenstein für die Stadt - und die erste offiziell anerkannte ambulante Trinkkur in Bayern. Doch ein schlüssiges Vermarktungskonzept liegt bis jetzt noch nicht vor, obwohl das neue Angebot ab Januar im Leistungskatalog der Krankenkassen gelistet ist.

"Wir haben die Rahmenbedingungen geschaffen und die Grundarbeit geleistet", sagt Leo Romeis, Fachgebietsleiter für Infrastruktur, Tourismus und Finanzen bei der Stadtverwaltung. Karin Bauer, Leiterin der Tourist-Info, habe erst den Ausgang der Verhandlungen mit den Krankenkassen abwarten wollen. Bis Jahresende ist sie noch im Amt. "Natürlich haben wir uns im Vorfeld Gedanken gemacht", betont sie.

Auf zwei Wegen möchte die Tourist-Info demnach für die neue Trinkkur werben. Dr. Rainer Matejka, Facharzt in der Malteser Klinik von Weckbecker, hat einen Aufsatz über die Wirkungsweise des Georgi-Sprudels geschrieben. Die Tourist-Info hofft, dass über eine Veröffentlichung in Fachzeitschriften so Ärzte von dem Georgi-Sprudel erfahren und ihre Patienten nach Bad Brückenau schicken.

Zudem solle das Angebot in die Werbung der Stadt wie beispielsweise im Gastgeberverzeichnis, der Heilquellenbroschüre und weiteren Publikationen einfließen, teilt Kathrin Romeis-Merten mit. Ab Januar wird sie die Tourist-Info leiten und damit auch die Vermarktung der Heilquellen verantworten. In dieser Woche werde dafür spezielles Bildmaterial von einer Fotografin angefertigt. "Die Außenwirkung für die Bürger läuft schon", sagt Romeis und verweist auf diverse Presseberichte sowie Facebook .

Konkrete Ideen zur Nutzung der Quellen

Angefangen hatte alles mit dem Heilquellen-Gutachten von Prof. Christoph Gutenbrunner von der Medizinischen Hochschule Hannover. Er untersuchte sowohl Georgi-Sprudel als auch Siebener und stellte beiden Heilquellen einen hervorragenden Wirksamkeitsnachweis aus. Die Ergebnisse stießen im Herbst 2015 auf große Resonanz - nicht zuletzt bei Badeärzten und Kliniken.

In einem Folgeprozess im Jahr darauf entwickelte Gutenbrunner in Zusammenarbeit mit der Tourist-Info und städtischen Partnern konkrete Ideen, wie die Heilquellen besser genutzt und bekannter gemacht werden könnten. Gutenbrunner hatte auch angeregt, den Versuch zu wagen, das Heilwasser des Georgi-Sprudels von den Krankenkassen anerkennen zu lassen. Er zeigte auch mögliche Kooperationen beispielsweise mit dem Krankenhaus, der Klinik von Weckbecker oder den beiden Physiotherapiepraxen mit Kurzulassung auf.

Viel Vorarbeit hat die Tourist-Info zwischenzeitlich geleistet: Eine Broschüre über alle sieben Heilquellen der Stadt wurde gedruckt; die Sommerhalle in der Georgi-Halle ist ansprechender gestaltet worden; Romeis-Merthen absolvierte die Weiterbildung "Gütesiegel für vorbildliche Gesundheitsförderung am Kurort" - eine Voraussetzung für die neue Trinkkur; die Stadt legte unter anderem mit den Venentagen und Seminaren zu Achtsamkeit konkrete Angebote vor, die teilweise aber überhaupt nicht nachgefragt werden.

"Es ist grundsätzlich schwer, Gesundheit an Selbstzahler zu verkaufen", zieht Bauer eine Bilanz. Die neue Trinkkur schafft diese Herausforderung auch nicht ganz aus dem Weg, schließlich handelt es sich lediglich um eine Zuzahlung der Krankenkassen . Auch der Zustand des Georgi-Sprudels an sich ist weiterhin unklar. Eine Folgeuntersuchung soll Anfang des kommenden Jahres klären, wie groß der Sanierungsbedarf der Quellanlage ausfällt.

Kostenfreie Wasserausgabe überdenken

Eine weitere Frage betrifft die kostenfreie Zugänglichkeit des Heilwassers im Quellhäuschen an der Georgi-Halle. Die Verabreichung des Heilwassers im Rahmen einer von den Kassen mitfinanzierten Trinkkur sieht eine Abgabe des Wassers in einem abgegrenzten Raum vor. Das ist mit der Praxis Szczesniak der Fall. Die Aufgabe des öffentlichen Quellpavillons habe die Stadt den Krankenkassen nicht versprochen, macht die Bürgermeisterin klar.

Dennoch steht schon länger im Raum, die Bürger in irgendeiner Form für das Wasser bezahlen zu lassen, so wie das im Staatsbad mit der so genannten Heilquellenkarte schon seit geraumer Zeit der Fall ist. Spätestens wenn der nächste Stadtrat sich um die Sanierung der Georgi-Halle Gedanken mache, "wird die Stadt darüber ganz ernsthaft nachdenken müssen", sagt Meyerdierks. Die Leiterin der Tourist-Info formuliert es deutlicher: "Mir persönlich geht es um die Wertigkeit", sagt sie. Wenn etwas Geld koste, gewinne es automatisch an Wert.

Die Stadtväter, sagt der Kämmerer zum Abschluss des Gesprächs noch, hätten sich in den 1970er Jahren bewusst dafür entschieden, die Stadt auf Gesundheitsthemen hin auszurichten. "Es sind Industriebetriebe deshalb nicht gekommen", erinnert er sich. Nach der Gesundheitsreform in den 1990er Jahren, die zahlreiche klassische Kurorte in Deutschland nachhaltig ausgebremste, sei dieser Schwerpunkt jedoch in Vergessenheit geraten. "Den Weg müsste man konsequent fortführen", sagt er.

Erst in den vergangenen Jahren habe sich die Stadt wieder verstärkt auf ihr Potenzial im Bereich Gesundheit und Erholung besonnen, schildert Romeis die Entwicklung. "Gesundheit ist unser Wirtschaftsfaktor", betont die Bürgermeisterin und nennt die Verhinderung eines Nationsparks Rhön einen "Fehler". Und so schließt sich der Kreis zum Georgi-Sprudel: Laut Meyerdierks habe sich der aktuelle Stadtrat in der Haushaltsberatung 2015 ebenfalls ganz bewusst für die gesundheitliche Ausrichtung entschieden - und das Heilquellengutachten auf den Weg gebracht.

So wirkt das Heilwasser des Georgi-Sprudels:

Indikationen Wegen seines hohen Gehalts an Kalzium (915 Milligramm pro Liter) und Magnesium (170 mg/l) wird das Heilwasser des Georgi-Sprudels bei Osteoporose und Erkrankungen des Nervensystems angewandt. Auch bei Harnwegsinfektionen oder funktionellen Störungen der Gallenwege un terstützt es die Behandlung, ebenfalls bei Adipositas. Es reguliert die Darmtätigkeit, besonders bei Verstopfung. Auch bei Leiden in den Wechseljahren und Diabetes mellitus hilft der Georgi-Sprudel. Wegen des hohen Gehalts an Fluorid (1,51 mg/l) beugt es Karies vor. Der hohe Gehalt an Kohlenstoffdioxid (2389 mg/l) unterstützt bei äußerlicher An wendung die Wundheilung .

Anwendung Zur Kalzium- und Magnesiumaufnahme sollten täglich 0,5 bis 1,5 Liter getrunknen werden, bei Harnwegserkrankungen zwei Liter. Zur Behandlung von Verdauungsproblemen werden 0,2 bis 0,5 Liter empfohlen - am besten schluckweise zu den Hauptmahlzeiten. Spaziergänge im Kurpark oder Wassertreten im Kneipp-Becken hinter der Georgi-Halle verstärken die Wir kung.

554 Meter ist der Georgi-Sprudel tief. Ab 300 Metern verengt sich das Rohr auf sechs Zentimeter Durchmesser.

112 Jahre ist der Georgi-Sprudel alt. Die Heilquelle wurde im Jahr 1907 gebohrt und 1969 erneuert.

0,2/0,3 Liter pro Sekunde schüttet der Georgi-Sprudel normalerweise. Das Wasser kommt von selbst nach oben.

 
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