Sie nennen ihn "Chapel", den länglichen Raum hinter dem Speisesaal. Kapelle, doch ohne Kreuz und Altar. "Stimmt", sagt Pastor Markus Brandt. "Das werde ich unserem Zimmerer mal sagen. Der macht uns dann schon ein Kreuz." Seit September wohnen er und seine Frau Liz, eine Kanadierin, bereits in der Villa Mariental. Die ehemalige Kurpension haben sie umgetauft. Kanada Haus steht in großen Lettern auf einem Schild an der Straße.
Brandt stammt aus Hameln. Bis 2005 war er Pastor im Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP), danach zog die Familie nach Kanada. Dort leitete Brandt zwölf Jahre lang als Pastor eine Gemeinde in Kitchener nahe bei Toronto. Inzwischen sind die beiden Töchter erwachsen, die Brands gingen zurück nach Europa. Sie sind über das Missionsbüro der Pentecostal Assemblies of Canada angestellt. Die kanadische Pfingstkirche ist mit rund 250.000 Mitgliedern deutlich größer als die deutsche, erklärt Brandt. Für ihre Arbeit in Deutschland spenden Freunde und Bekannte regelmäßig.
Reisegruppen und Jugendcamps
Kulturelle Begegnung zwischen Kanada und Deutschland nennt Brandt als Anliegen des Hauses. Das könnten zum Beispiel Kids Language Camps sein, bei denen Kinder mit der englischen Sprache in Berührung kommen. Offiziell läuft der Gästebetrieb am kommenden Wochenende an. Dafür war die Gründung eines Vereins nötig. Vorsitzender ist Markus Brandt, sein Stellvertreter Daniel Detroy aus Gemünden. Die Finanzen verwaltet Jutta Dünnebier aus Hammelburg. Sie ist zugleich Pastorin der Freien Christengemeinde Saaletal, die ebenfalls zum BFP gehört.
Missionare, Brandt vermeidet das Wort. Er spricht lieber von "global Workers". "Da kommt das rote Tuch hoch. Wer will schon Mission?", fragt er. Mission sei eben auch, festzustellen, wo es Gegenden gebe, wo der Glaube brach liege und im Alltag fast ausgestorben sei. Er denkt da an Ostdeutschland. Und so möchte das Kanada Haus zum Beispiel Gemeindeneugründungen in den neuen Bundesländern unterstützen oder Partnerschaften zu Gemeinden in Kanada vermitteln. Geld solle eher nicht fließen. "Deutschland ist reicher als Kanada", sagt Brandt. "Das ist nichts, was wir anstreben."
Offen für Ökumene
Eine Sekte? "Das würde ich nicht sagen. Heute spricht man eher von neuen religiösen Bewegungen", sagt Ferdinand Rauch. Er ist Sekten- und Weltanschauungsbeauftragter des Bistums Fulda und Pfarrer in Poppenhausen. Pfingstkirchen seien häufig kleinere Gruppierungen, die in ihrer Ausrichtung stark auf ihren geistlichen Leiter zugeschnitten sein könnten. "Das ist typisch für Freikirchen ." Es komme immer darauf an, wie der einzelne Gemeindeleiter mit theologischen Fragen umgehe. "Einen Glauben, der Angst macht, sehe ich als problematisch an", sagt Rauch.
Welche Theologie die Brandts im Einzelnen vertreten, lässt sich nicht beim ersten Besuch herausfinden. "Im Detail unterscheiden wir uns, aber im Großen haben wir dieselbe Ausrichtung. Wir glauben an Jesus Christus ", sagt Markus Brandt und zeigt sich damit - anders als beispielsweise die Zeugen Jehovas - offen für die Ökumene .
Kurz erklärt: Was sind Pfingstkirchen?
Ursprung Die Pfingstbewegung ist eine christliche Bewegung, die Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA entstanden ist. Die Anhänger messen dem Wirken des Heiligen Geistes besondere Bedeutung bei. Deshalb nimmt der Name der Bewegung auf das Pfingstfest Bezug, mit dem Christen aller Konfessionen der Entsendung des Heiligen Geistes nach Christi Himmelfahrt gedenken.
Struktur Im Laufe der Zeit hat die Pfingstbewegung weltweit zahlreiche Glaubensgemeinschaften hervorgebracht, die zum Teil international zusammenarbeiten. In Deutschland haben sich die meisten Pfingstgemeinden im Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) zusammengeschlossen. Ihr Verband ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt.
Glaubenslehre Die tägliche Glaubenspraxis, die Betonung des Heiligen Geistes und missionarischer Eifer zeichnen die Glaubenslehre von Pfingstkirchen aus. Ihre Moralvorstellungen sind eher konservativ. Anhänger der Pfingstbewegung zählen zu den evangelikalen Christen , die beispielsweise in den USA eine erhebliche Rolle spielen.
Quellen: Wikipedia und www.bfp.de
829 Pfingstgemeinden gehören zum Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden in Deutschland.
56.275 Gläubige gehören dem Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden in Deutschland an.
30 Betten in Doppel- und Mehrbettzimmern stehen im Kanada Haus und einem weiteren Haus zur Verfügung.