
Es war vermutlich nur eine Frage der Zeit: Mitte Dezember stellte das Bad Brückenauer Hescuro Krankenhaus die ambulante Versorgung von Arbeitsunfällen, die sogenannte BG-Ambulanz, ein. Vor über zwei Jahren schloss bereits die Notfallambulanz der kleinen, ländlichen Klinik. Damals wurde eine Petition gegen die Schließung ins Leben gerufen und es fand eine breite öffentliche Diskussion darüber statt.
Für die 11-jährige Schülerin Anna und ihre Mutter Lisa (Namen geändert) kam diese Nachricht trotzdem sehr überraschend. Nur einige Tage zuvor, Anfang Dezember, war Lisa im Schulzentrum Bad Brückenau gestürzt und musste aufgrund von Schmerzen im Fuß von einem Durchgangsarzt behandelt werden.
Was ist ein Durchgangsarzt? Nach einem Arbeits-/Wege oder Schulunfall ist aus versicherungstechnischen Gründen die freie Arztwahl eingeschränkt. Deshalb müssen Verletzte unbedingt einen von der Berufsgenossenschaft zugelassenen Durchgangsarzt oder eine Durchgangsärztin aufsuchen. Dabei handelt es sich meistens um Fachärztinnen und -ärzte für Unfallchirurgie. Sie entscheiden, ob eine allgemeine Heilbehandlung durchgeführt werden kann oder ob eine besondere Heilbehandlung erforderlich ist. Quelle: www.bghw.de
Weiterbehandlung in Bad Brückenau nicht möglich
Nach der Erstbehandlung in der Bad Brückenauer Ambulanz wollten Mutter und Tochter zur Besprechung der bildgebenden Untersuchungsergebnisse wieder hin. Da die Erstbehandlung von einem Durchgangsarzt durchgeführt wurde, muss eine Weiterbehandlung aus versicherungstechnischen Gründen auch bei einem solchen erfolgen.
"Plötzlich wurde uns gesagt, dass wir uns einen andere Ambulanz suchen müssen", ist Mutter Lisa verärgert. Insbesondere darüber, dass die Terminvereinbarung bei einem anderen D-Arzt in diesem Falle viele Telefonate, viele Absagen und viel Zeit in Anspruch genommen hatte. Erst in der zweiten Januarwoche erhielt die Schülerin einen Termin in Fulda.
Durchgangsarzt ist ausgeschieden
Mutter Lisa bedauert die Schließung der BG-Ambulanz in Bad Brückenau, insbesondere, weil "der Weg sehr kurz war und es keine unnötige Verzögerung der Behandlung gab". Das schätzten auch viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Arbeitsunfällen aus der Umgebung.
Der Geschäftsführer der Hescuro Klinik, Alexander Zugsbradl, bestätigt die Schließung der BG-Ambulanz Mitte Dezember. "Die ambulante Versorgung von Arbeitsunfallverletzungen in der Hescuro Klinik Bad Brückenau kann gemäß den Anforderungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) nicht mehr durchgeführt werden, da der bisherige Durchgangsarzt aus der Klinik ausgeschieden ist", heißt es in einem Statement. Eine Neubesetzung der Stelle sei darüber hinaus nicht geplant.

Spezialisierung als altersmedizinisches Zentrum
In einem Interview Mitte 2024 deutete er bereits an, was mit vielen kleineren Krankenhäusern geschieht : Die Idee, medizinische Leistungen zu konzentrieren und zu zentralisieren, findet der Geschäftsführer gut. Nicht mehr jedes Krankenhaus solle alles leisten; es gehe um größere Spezialisierung. Das sei eine Chance für das Haus in Bad Brückenau.
Nun also ein weiterer Schritt in dieser Richtung: "Die Hescuro Klinik Bad Brückenau baut die Versorgung der Bevölkerung als altersmedizinisches Zentrum auch im neuen Jahr 2025 weiter aus", so Zugsbradl. Dazu gehöre sowohl die akutstationäre als auch die rehabilitative Behandlung geriatrischer Patienten.
Wandlung der Krankenhäuser politisch gewollt
Ergänzt werde dieses Angebot durch das medizinische Versorgungszentrum, in dem neben der Neurologie, der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin sowie der hausärztlichen Versorgung auch ambulante Operationen über die chirurgische MVZ-Praxis weiterhin angeboten und durchgeführt werden könnten.
Die Wandlung kommt nicht von ungefähr: "Die stationäre Notaufnahme sowie die D-Ärztliche Versorgung werden, so wie es die Gesundheitsreform von Professor Lauterbach vorsieht, weiter zentralisiert und nicht mehr von uns in Bad Brückenau angeboten."
Weiter Weg zur BG-Ambulanz
Für die Region allerdings bedeutet das: Nicht nur im Notfall müssen Patienten in weitergelegene Krankhäuser fahren, sondern auch im Falle von Arbeitsunfällen ist die Versorgung eingeschränkt. Dafür müssen Patienten ab sofort die BG-Ambulanz in Bad Kissingen, Fulda oder Bad Neustadt aufsuchen.